nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG München (Entscheidung vom 01.10.2002; Aktenzeichen S 29 EG 183/02) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 1. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Landeserziehungsgeld (LErzg) für den 25. mit 30. Lebensmonat (04.07.1995 mit 03.01.1996) ihrer Tochter S. streitig.
I.
Die am 1968 geborene Klägerin, eine verheiratete türkische Staatsangehörige, welche seit 24.01.1992 im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung war, ist die Mutter des am 1993 in M. geborenen Kindes. Sie lebt seither mit diesem und ihrem Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt, betreut und erzieht das Kind und übt daneben keine Erwerbstätigkeit aus. Sie ist bei der AOK Bayern familienversichert. Durch Bescheide der Familienkasse beim Amt für Versorgung und Familienförderung München I vom 04.08.1993 und 13.01.1994 erhielt sie für den 1. mit 12. Lebensmonat Bundeserziehungsgeld (BErzg) in Höhe von DM 600,00 monatlich, durch weiteren Bescheid vom 29.06.1994 für den 13. mit 24. Lebensmonat in Höhe von je DM 495,00.
Der am 06.02.2002 gestellte Antrag auf Bewilligung von LErzg wurde durch Bescheid vom 22.05.2002 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, aufgrund der Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 04.05.1999, C 262/96, könnten Ansprüche auf Leistungen für Zeiträume vor Erlass dieses Urteils nicht geltend gemacht werden. Der Leistungszeitraum für das am 04.07.1993 geborene Kind hätte spätestens am 03.01.1996 geendet, so dass LErzg nicht gewährt werden könne. Der hiergegen erhobene Rechtsbe- helf blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.07.2002).
II.
Das angerufene Sozialgericht (SG) München wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 01.10.2002 im Wesentlichen mit der Begründung ab, zwar könnten nach dem Urteil des EuGH vom 04.05.1999 neben Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union und eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auch türkische Staatsangehörige LErzg erhalten, wenn sie in den persönlichen Anwendungsbereich des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates (ARB Nr. 3/80) vom 19.09.1980 fallen. Jedoch könne die Klägerin daraus keine Rechte herleiten. Denn der EuGH habe Ansprüche auf Leistungen für die Zeit nach dem Erlass seiner Entscheidung vom 04.05.1999 beschränkt und eine Ausnahme hierfür nur zugelassen, wenn vor diesem Zeitpunkt bereits eine Klage erhoben oder ein gleichwertiger Rechtsbehelf eingelegt worden sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
III.
Mit der rechtzeitig zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung wendet die Klägerin ein, die landesrechtliche Vorschrift des Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.5 des Bayer. Landeserziehungsgeldgesetzes (BayLErzGG) verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des Art.3 des Beschlusses des Assoziationsrates Nr. 3/80, welches unmittelbar auf alle Geburten nach dem 01.07. 1989 Anwendung finde. Ungeachtet dessen sei türkischen Antragstellern in der Regel bei persönlichen Vorsprachen mündlich bedeutet worden, aufgrund der Staatsangehörigkeit bestehe kein Anspruch auf LErzg. Es mache daher keinen Sinn, einen Antrag zu stellen. Somit sei der Klägerin die Möglichkeit genommen worden, einen Antrag zu stellen und gegen einen etwaigen Bescheid vorzugehen. Zumindest hätte eine Aufklärung dahingehend erfolgen müssen, dass bereits mehrere Verfahren unter anderem vor dem EuGH anhängig gewesen seien. Im Übrigen sei die zeitliche Beschränkung im Urteil des EuGH vom 04.05.1999 nicht gerechtfertigt.
Demgegenüber verweist der Beklagte darauf, dass der EuGH in der S.-Entscheidung vom 04.05.1999 unter Berücksichtigung sonst eintretender erheblicher Auswirkungen eine Bewilligung für Anspruchszeiträume vor dem 04.05.1999 ausgeschlossen habe. Vor diesem Zeitpunkt habe Ungewissheit darüber bestanden, ob Art.3 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 3/80 unmittelbar, das heißt ohne weitere Umsetzungsakte von nationalen Gerichten angewandt werden könne. Bei der Sachlage habe ein konkreter Anlass nicht bestanden, einen vom BayLErzGG ausdrücklich ausgeschlossenen Personenkreis auf Möglichkeiten zur prophylaktischen Rechtswahrung hinzuweisen. Im Übrigen habe der Formblattantrag für BErzg, der bei den verschiedensten Leistungsträgern erhältlich sei, auch einen Antrag für das LErzg enthalten. Die Annahme eines solchen Antrages sei zu keiner Zeit von der Versorgungsverwaltung abgelehnt worden. Nach dem Sachverhalt seien auch die Voraussetzungen für die vom EuGH eingeräumten Ausnahmen vom Rückwirkungsverbot nicht...