Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegegeld. Pflegestufe. Grundpflege. Zeitlicher Aufwand

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Katalog der gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen nach § 14 Abs. 4 SGB XI ist abschließend. Andere Verrichtungen bleiben bei der Bestimmung der Pflegestufe außer Betracht.

 

Normenkette

SGB XI § 14 Abs. 4, § 15 Abs. 43 Nr. 1, § 37 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I.

Der 1934 geborene Kläger beantragte am 2. Januar 2006 Leistungen der Pflegeversicherung. Im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 22. Februar 2006 nach Hausbesuch vom 16. Februar 2006 wird ausgeführt, bei Zustand nach mehrfachem Apoplex, beinbetonter Parese links und Epilepsie betrage der Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege 29 Minuten pro Tag (Körperpflege 16 Minuten, Ernährung 6 Minuten, Mobilität 7 Minuten), für hauswirtschaftliche Versorgung 45 Minuten pro Tag.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte eine erneute Stellungnahme des MDK vom 17. Mai 2006 nach Aktenlage ein, in der das Gutachten bestätigt wurde. Überwiegend fielen lediglich Teilhilfen an. Toilettengänge, Nahrungsaufnahme und Mobilität seien noch selbstständig möglich. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2006 zurück.

Mit der hiergegen gerichteten Klage zum Sozialgericht Würzburg machte der Kläger geltend, die Parese sowie sein Körpergewicht von 85 kg seien als erschwerende Faktoren zu berücksichtigen. Ferner müsse er in seinem Haus Treppen überwinden; auch hierfür sei Hilfe notwendig. Er übersandte ein Pflegetagebuch vom 28. Februar 2007. Das Sozialgericht holte einen Befundbericht des Allgemeinarztes Dr. P. ein, zog die Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales bei und beauftragte den Allgemeinarzt Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Im Gutachten vom 25. April 2007 wird ausgeführt, der erforderliche Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege betrage 37 Minuten (Körperpflege: 18 Minuten; Ernährung: 0 Minuten; Mobilität: 19 Minuten), für hauswirtschaftliche Versorgung 45 Minuten.

Mit Urteil vom 30. Juli 2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es folgte dabei weitgehend dem Gutachten des Dr. H.. Selbst wenn der wöchentliche Transport zum Baden zu der Wohnung der Ehefrau nach F. als Hilfebedarf unter der Katalogverrichtung "Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung" anzurechnen sei, erreiche der Hilfebedarf nicht die für die Pflegestufe I erforderliche Höhe, da lediglich weitere drei Minuten anzusetzen wären. Auch die Annahme eines zusätzlichen Hilfebedarfs im Bereich der Ernährung von vier Minuten führe nicht zum Vorliegen der Voraussetzungen. Hilfe beim Rasieren mit einem Elektrorasierer sei ebenso wenig zuzubilligen wie weitere Zeiten für das Treppensteigen.

Hiergegen richtete sich die am 27. September 2007 eingegangene Berufung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2006 zu verurteilen, ihm ab 2. Januar 2006 Leistungen nach Pflegestufe I in Form von Pflegegeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch unbegründet.

Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 S. 1 bis 3 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) Pflegegeld erhalten, wenn sie die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung durch eine Pflegeperson (§ 19 S. 1 SGB XI) in geeigneter Weise sowie dem Umfang des Pflegegeldes entsprechend selbst sicherstellen und mindestens die Pflegestufe I vorliegt.

Maßgebend für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den einzelnen Pflegestufen ist der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, die in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführt sind. Der Katalog der Verrichtungen stellt eine abschließende Regelung dar (BSGE 82, 27), die sich am üblichen Tagesablauf eines gesunden bzw. nicht behinderten Menschen orientiert (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 3).

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI muss dazu der Zeitaufwand für die erforderlichen Hilfeleistungen der Grundpflege täglich mehr als 45 Minuten (Grundpflegebedarf), für solche der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung zusammen mindestens 90 Minuten (Gesamtpflegebedarf) betragen. Un...

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