Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. abstrakte Förderungsfähigkeit. behinderter Mensch. Bezug von Ausbildungsgeld nach § 104 SGB 3 aF. Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftskosten. Einkommensberücksichtigung. kein Abzug des Erwerbstätigenfreibetrages. Fiktive Bedarfsberechnung
Orientierungssatz
1. Nach § 7 Abs 5 SGB 2 sind auch in Ausbildung befindliche behinderte Menschen, die Ausbildungsgeld nach § 104 SGB 3 aF bzw § 122 SGB 3 nF beziehen, vom Leistungsausschluss nach dem SGB 2 erfasst, wenn die Ausbildung dem Grunde nach förderfähig ist.
2. Da die Regelung über den Zuschuss zu den ungedeckten angemessene Unterkunftskosten gem § 22 Abs 7 SGB 2 aF bzw § 27 Abs 3 SGB 2 eine echte Rückausnahme vom Leistungsausschluss gem § 7 Abs 5 SGB 2 darstellt, ist dieser Leistungsausschluss Voraussetzung für den Anspruch auf einen Unterkunftskostenzuschuss.
3. Das Ausbildungsgeld gem § 104 SGB 3 aF bzw § 122 SGB 3 nF ist wie die Berufsausbildungsbeihilfe nach § 11 SGB 2 in voller Höhe als Einkommen zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung des BSG zur Berufsausbildungsbeihilfe, der sich der Senat anschließt (Anschluss an BSG vom 22.3.2010 - B 4 AS 69/09 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 32), gilt entsprechend für das Ausbildungsgeld, da dieses eine vergleichbare Sozialleistung darstellt. Auch ein Abzug des Erwerbstätigenfreibetrages gem § 11 Abs 2 S 1 Nr 6 SGB 2 aF bzw § 11b Abs 1 Nr 6 SGB 2 nF vom Ausbildungsgeld kommt nicht in Betracht.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 5, 6 Nr. 2, § 11b Abs. 1 Nr. 6, § 27 Abs. 1 S. 2, Abs. 3; SGB III a.F. § 104
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 03.06.2013 wird aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 17.02.2011 und 30.08.2011 sowie der Widerspruchsbescheid vom 15.06.2011 abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Kläger für die Zeit vom 01.03.2011 bis zum 23.08.2012 zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1991 geborene Kläger ist schwerbehindert. Er absolvierte vom 24.08.2009 bis zum 23.08.2012 eine berufliche Ausbildung als Malerfachwerker bei der Diakonie H. - Berufsbildungswerk gGmbH in B-Stadt. In diesem Zeitraum bezog er Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 97 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i. V. m. §§ 33 und 44 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) von der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit B-Stadt. Die Leistungen setzten sich zusammen aus Ausbildungsgeld in Höhe von monatlich 310,00 € für die Zeit vom 24.08.2009 bis zum 23.02.2010, Lehrgangskosten sowie Reisekosten, beides für die Zeit vom 24.08.2009 bis zum 23.08.2012 (Bescheid vom 30.07.2009), Ausbildungsgeld für die Zeit vom 01.06.2010 bis zum 30.10.2010 in Höhe von 487,00 € und für die Zeit vom 1.07.2010 bis zum 23.02.2011 monatlich 559,00 € (Bescheid vom 16.06.2010). Für die Zeit vom 24.02.2011 bis zum 23.08.2012 wurde das Ausbildungsgeld nach Angabe des Klägers auf monatlich 572,00 € erhöht. Eine Ausbildungsvergütung erhielt der Kläger daneben nicht. Darüber hinaus erhielt der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Kindergeld in Höhe von monatlich 184,00 €.
Seit dem 01.07.2010 zahlte der Kläger für die von ihm bewohnte Mietwohnung unter der Anschrift B. in B-Stadt eine monatliche Gesamtmiete von 305,00 €, welche sich zusammensetzte aus einer monatlichen Grundmiete von 210,00 €, monatlichen kalten Nebenkosten von 45,00 € sowie monatlichen Heizkosten von 50,00 €. Beheizt wurde die Wohnung mit Gas (Sammelheizung). Die Warmwasserkosten sind in den Heizkosten enthalten.
In der Zeit vom 01.06.2010 bis zum 28.02.2011 erhielt der Kläger neben den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erbracht werden.
Mit Schreiben seines Betreuers vom 15.02.2011 stellte der Kläger einen Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab dem 01.03.2011. Mit Bescheid vom 17.02.2011 (Widerspruchsbescheid vom 15.06.2011) lehnte das beklagte Jobcenter die Leistung ab und begründete dies damit, dass Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen der §§ 60 bis 62 SGB III förderungsfähig sei, gemäß § 7 Abs. 5 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hätten. Dies schließe auch Mehrbedarfe gemäß § 21 SGB II ein.
Hiergegen hat der Kläger am 12.07.2011 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Ausgangsbescheid vom 17.02.2011 der damaligen Rechtslage entsprochen habe. Jedoch sei zumindest der Widerspruchsbescheid vom 15.06.2011 rechtsfehlerhaft, weil der Kläger zwar keinen Anspruch auf Mehrbedarf, jedoch auf Leistungen gemäß § 27 Abs. 3...