Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Rente wegen Erwerbsminderung im Rahmen der Alterssicherung für Landwirte. Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsminderung bei einer Arthrose an den Händen
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung
Orientierungssatz
1. Allein eine Arthrose an den Handgelenken, aus der sich Bewegungseinschränkungen der Hände ergeben, begründet für sich genommen noch keine Erwerbsminderung, solange Kraftminderungen an den Händen nicht gegeben sind und die Hände trotz der Einschränkungen für alltägliche Verrichtungen verwendet werden können.
2. Einzelfall zur Beurteilung der Erwerbsminderung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen (hier: Erwerbsminderung verneint).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 5. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Gesetz über die Alterssicherung für Landwirte (ALG).
Der im März 1952 geborene Kläger, gelernter Landwirt, war hauptberuflich seit April 1971 30 Jahre für eine Baufirma im Tiefbau und Kabelbau vor allem als Baggerführer/Maschinist rentenversicherungspflichtig tätig. Seit 2003 geht er keiner regelmäßigen Berufstätigkeit mehr nach. Im Nebenerwerb betrieb er eine Landwirtschaft, die er allerdings 1985 verpachtete. Für ihn ist seit November 1998 ein Grad der Behinderung von 50, seit Januar 2006 von 60 festgestellt. Ab 1. Oktober 2005 bezog der Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von der DRV Bayern Süd, seit 1. Juli 2012 erhält er aufgrund des Bescheids vom 4. Mai 2012 von dort Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Nachdem ein erster, bis zum Bayerischen Landessozialgericht (Az. L 6 LW 22/09) weiterverfolgter Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vom 6. Juni 2006 erfolglos geblieben war (Rücknahme der Berufung mit Schriftsatz vom 23. Juli 2010), stellte der Kläger den hier streitgegenständlichen Rentenantrag vom 21. Juni 2012. Seine rechte Gesichtshälfte sei taub und er sei rechts gehörlos.
Die Beklagte zog diverse Befundberichte bei und beauftragte den Internisten, Arbeits- und Sozialmediziner Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dr. W. diagnostizierte unter dem 9. Oktober 2012 beim Kläger wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Abnutzungserscheinungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule, eine rezidivierende Schwindelsymptomatik, zervikogen bedingt, eine Refluxkrankheit, einen nutrutiv-toxischen Leberschaden sowie Taubheit rechts. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch 6 Stunden täglich und mehr leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, ständige Überkopfarbeiten und besondere Anforderungen an das Hörvermögen verrichten. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag mit angefochtenem Bescheid vom 23. Oktober 2012 ab.
Hiergegen erhob der Kläger unter Vorlage seines Schwerbehindertenausweises sowie erneuter Übersendung bereits vorliegender Befundberichte Widerspruch. Er beziehe Altersrente für schwerbehinderte Menschen und könne nicht mehr als 3 Stunden täglich Arbeiten verrichten. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2012 zurückgewiesen. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert.
Hiergegen hat der Kläger unter Wiederholung seiner Ausführungen Klage zum SG unter dem Az. S 5 LW 1/13 erhoben. Das SG hat nach Beiziehung diverser Befundberichte zunächst von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen Gutachtens von Dr. P.. Dieser hat am 4. Dezember 2013 eine medikamentös behandelte arterielle Hypertonie, eine Taubheit rechts, wirbelsäulenabhängige Beschwerden mit Nervenwurzelreizerscheinungen im Bereich der LWS, eine eingeschränkte Belastbarkeit beider Hände durch Zustand nach Dupuytrenscher Operation rechts und Kontraktur links, eine Refluxkrankheit der Speiseröhre sowie einen nutrutiv-toxischen Leberparenchymschaden festgestellt. Leichte körperliche Tätigkeiten könne der Kläger noch 6 Stunden und mehr täglich verrichten. Zu vermeiden seien körperliche Zwangshaltungen, besondere Beanspruchungen des Gehörs, Schicht- und Akkordarbeiten, sowie besondere Beanspruchungen an die Feinmotorik und die Kraft der Hände.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - hat das SG ein orthopädisches Gutachten von Dr. S. eingeholt. Dieser hat am 16. März 2014 folgende Diagnosen genannt: Cervicobrachialsyndrom C4 bis C6 beidseits bei Foramenstenose und Fehlstatik der HWS mit Hyperlordose ohne Prolaps, ohne Spinalsstenose, ohne sensomotorische Ausfälle und mit Bewegungseinschränkung der HWS, eine Handgelenksarthrose beidseits mit endgradiger Bewegungseinschränkung, eine beginnende Daumengrundgelenksarthrose rechts mehr als links ohne wesentliche Funktionseinschränkung, eine Chondromalazie patellae beidseits ohne wesentliche Retropatellararthrose oder Gonar...