nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegestufe II. Täglicher Pflegebedarf. Hilfebedarf
Leitsatz (redaktionell)
1. Wie hoch der tägliche Pflegebedarf ist, ist durch medizinische Sachverständigengutachten unter Berücksichtigung aktueller Befundunterlagen der behandelnden Ärzte zu klären.
2. Das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung stellt keinen wöchentlichen Pflegebedarf und damit keine anzuerkennenden Pflegezeiten dar, wenn wegen des Gesundheitszustands der klagenden Person Hausbesuche des Arztes erforderlich sind und das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung wegen der vorliegenden Gebrechen nicht möglich ist.
Normenkette
SGB XI § 15 Abs. 3 Nr. 2, § 14 Abs. 4 Nrn. 1-3
Verfahrensgang
SG München (Entscheidung vom 17.02.2004; Aktenzeichen S 19 P 116/03) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.02.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Leistungen der Pflegestufe II ab Dezember 2002 streitig.
Der 1940 geborene Kläger, bei dem bei Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B" nach dem Schwerbehindertengesetz ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt ist, leidet an einem schweren degenerativen Wirbelsäulen-Syndrom mit ausgeprägter Schmerzsymptomatik, einer Polyarthrose, Polyneuropathie, einer Funktionseinschränkung der Hände bei Epikondylitis und einem Zustand nach 4/5-Magenresektion. Daneben besteht der Verdacht auf eine cerebrale Schädigung und Fibromyalgie. Seit November 1999 bezieht er Leistungen der Pflegestufe I. Am 10.12.2002 beantragte er wegen Verschlechterung seines Gesundheitszustands die Höherstufung in die Pflegestufe II. Hierzu holte die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in Bayern (MDK) ein. Im Gutachten vom 24.01. 2003, welches nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im häuslichen Bereich erstellt wurde, wurde ein Pflegebedarf von 89 Minuten pro Tag (Körperpflege 48 Minuten, Ernährung 12 Minuten, Mobilität 29 Minuten) und ein Zeitbedarf in der Hauswirtschaft von 70 Minuten festgestellt, mithin ein Gesamtzeitbedarf von 159 Minuten pro Tag.
Mit Bescheid vom 28.01.2003 lehnte die Beklagte eine Höherstufung ab.
Mit dem Widerspruch machte der Kläger für die Grundpflege täglich 166,5 Minuten und für den hauswirtschaftlichen Bereich täglich 202,5 Minuten geltend.
Hierzu holte die Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme des MDK nach Aktenlage ein. Von diesem wurde unter dem 20.02.2003 ausgeführt, die vom Kläger geltend gemachte medikamentöse Versorgung und die geltend gemachte "schlechte" Stimmungslage hätten keine Auswirkungen auf die Grundpflege. Was den Bereich der Körperpflege betreffe, so sei dieser mit 28 Minuten ausreichend gewürdigt. Es sei davon auszugehen, dass sich der Kläger mit dem im Gutachten vom 24.01.2003 empfohlenen Badewannensitzbrett teilweise selbständig waschen könne. Somit werde aus einer honorierten vollen Übernahme beim Duschen in der Badewanne, eine teilweise Übernahme mit einer entsprechenden Reduzierung der Pflegezeit angenommen. Zur "mundgerechten Zubereitung" gehöre allein die letzte Maßnahme vor der Nahrungsaufnahme, z.B. das Verkleinern in mundgerechte Bissen. Geschirr und Esswaren auf den Tisch bringen und das Abräumen, sowie Brot herrichten und belegen seien Leistungen der Hauswirtschaft. Dies gelte auch für das Richten des Tees mit Milch und Zucker. Die Bereitstellung der Medikamente sei der Behandlungspflege zuzuordnen. Im Bereich der Mobilität sei der notwendige Pflegeaufwand ausreichend gewürdigt. Ein regelmäßiges "Verlassen und Wiederaufsuchen" der Wohnung zum Zweck einer Therapie oder eines Praxisbesuches, z.B. beim Haus- oder Facharzt, liege nicht vor. Fahrten, wie z.B. Einkauf, könnten nicht als Grundpflege gewertet werden. Hierbei sei festzustellen, dass der Kläger seinen Pkw noch selbständig lenke. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger in Wohngemeinschaft mit seiner Ehefrau lebe. Es werde von daher nicht ausschließlich für ihn eingekauft, gekocht, die Wohnung gereinigt, gespült oder die Wäsche gewaschen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Unter anderem führte sie zur Begründung aus, bezüglich des Bereichs "Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung" sei anzumerken, dass nach den geltenden rechtlichen Bestimmungen nur solche Maßnahmen außerhalb der Wohnung zu berücksichtigen seien, die unmittelbar für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zuhause notwendig seien und regelmäßig (laut Bundessozialgerichts-Rechtsprechung mindestens einmal wöchentlich) und auf Dauer anfallen und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern. Hierzu zähle insbesondere das Aufsuchen von Ärzten zu therapeutischen Zwecken oder andere Therapien (z.B. Dialy...