Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschiedenenwitwenrente. Unterhaltsanspruch. Pflegeleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Anspruch der geschiedenen Ehefrau auf einen Unterhaltsbeitrag nach § 60 EheG 1946 und zur Höhe anzusetzender Pflegekosten (vorgehend BSG 23.05.2006 - B 13 RJ 4/05 R).

 

Normenkette

SGB VI § 243; EheG 1946 § 63; EheG 1946 §§ 60, 58; SGG § 170 Abs. 5

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 04.02.1999 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.1996 verurteilt, der Klägerin große Witwenrente für geschiedene Ehegatten ab 01.02.1996 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin und der Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Geschiedenenwitwenrente gemäß § 243 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Die 1934 geborene Klägerin heiratete am 25.06.1955 den 1930 geborenen Versicherten E. A.. Aus dieser Ehe gingen hervor der 1961 geborene Sohn E. sowie die Tochter, geboren 1956. Durch die Ehe wurde das 1953 geborenen Kind M. legitimiert. Die Ehe endete durch Scheidung am 26.05.1966 durch das Landgericht A-Stadt bei beiderseitigem Verschulden.

Im gleichen Jahr heiratete der Versicherte seine zweite Ehefrau M. A., aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor, darunter auch A.. Die Ehefrau verstarb am 11.03.1978.

Am 25.02.1989 erfolgte die Eheschließung des Versicherten mit A. (Beigeladene). Seit 12.05.1994 lebte der Versicherte getrennt von der Beigeladenen. Am 24.03.1995 unterzog er sich einer Tumoroperation am Kopf. Am 20.03.1995 wurde das Scheidungsverfahren eingeleitet, es wurde durch den Tod des Versicherten am 06.01.1996 beendet.

Auf Antrag der Beigeladenen vom 19.01.1996 bewilligte die Beklagte der Beigeladenen mit Bescheid vom 17.05.1996 große Witwenrente ab 01.02.1996 in Höhe von 1.482,11 DM.

Am 01.02.1996 beantragte die Klägerin Geschiedenenwitwenrente. Im Antrag gab sie an, eine Rente aus eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten sowie Wohngeld. Weiter gab sie an, sie habe mit dem Versicherten nach Auflösung der Ehe einen gemeinsamen Haushalt vom 01.05.1995 bis 06.01.1996 geführt. Der Versicherte habe während des gesamten letzten Jahres vor seinem Tod 500,00 DM Unterhalt monatlich geleistet. Laut Vergleich vor dem Landgericht A-Stadt vom 29.04.1966 hatte sich der Versicherte verpflichtet, der Klägerin monatlich einen Unterhaltsbetrag von 90,00 DM bis zum Zeitpunkt, an welchem das 1961 geborene Kind E. eingeschult werde, zu zahlen. Ab diesem Zeitpunkt verzichtete die Klägerin auf Unterhaltsansprüche gegen den Versicherten. Die Klägerin legte weiter vor einen Kontoauszug des Kontos des Versicherten bei der B.Bank auf dem unter dem Buchungsdatum 05.01.1996 500,00 DM zu Lasten gebucht worden war mit dem Stichwort "A. Unterhalt".

Mit Bescheid vom 29.04.1996 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Witwenrente an die geschiedene Ehegattin ab, da im letzten Jahr vor dem Tode des Versicherten keine regelmäßige Unterhaltsleistung erbracht worden sei, sondern lediglich eine einmalige Unterhaltsleistung. Ein Unterhaltsanspruch nach dem Ehegesetz (EheG) habe nicht bestanden, da die Ehe aus beiderseitigem Verschulden geschieden worden sei und nur derjenige einen Unterhaltsanspruch habe, der sich nicht selbst unterhalten könne. Da die Klägerin nach der Ehescheidung in der Lage gewesen sei, ihren Lebensunterhalt selber zu bestreiten, habe kein Anspruch auf Unterhalt bestanden. In einem weiteren Schreiben erklärte die Klägerin auf Anfrage, sie habe seit dem 15.04.1995 bis 06.01.1996 mit dem Versicherten zusammengelebt.

Mit Widerspruch vom 20.05.1996 erklärte die Klägerin unter Vorlage einer Bestätigung des A. vom 08.05.1996, der geschiedene Ehemann habe ab April 1995 monatlich 500,00 DM Unterhalt an sie gezahlt. Die Zahlung sei bar erfolgt. Bis März 1995 sei eine Zahlung des Unterhalts nicht möglich gewesen, da vorher kein Pflegegeld gezahlt worden sei. Sie habe den geschiedenen Ehemann bis zu seinem Tode (über 1 1/4 Jahre) gepflegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente bestehe nicht, da der verstorbene Versicherte im letzten Jahr vor seinem Tod keine durchgehende Unterhaltsleistung erbracht habe. Zum einen sei eine Zahlung erst ab März oder April 1995 und nicht bereits ab Januar 1995 erbracht worden. Zum anderen könne diese geldliche Zuwendung nicht als Unterhaltsleistung gewertet werden, sie stelle vielmehr eine Vergütung für die geleisteten Pflegedienste dar.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben. Zunächst hat sie vorgetragen, der geschiedene Ehemann und sie hätten seit August 1994 wieder in einem eheähnlichen Verhältnis zusammengelebt. Ihr hätte auch ein Unterhaltsanspruch gegenüber dem Versicherten zugestanden, der Verzic...

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