Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Verteilung der Gesamtvergütung auf verschiedene Honorarkontingente. Beachtung der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Beobachtungs- und Reaktionspflicht
Orientierungssatz
1. Die zur Verteilung anstehende Gesamtvergütung kann auf verschiedene Honorarkontingente ("Töpfe") verteilt werden (vgl zB BSG vom 8.3.2000 - B 6 KA 7/99 R = BSGE 86,16 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23).
2. Bei der Gestaltung der Honorarverteilungsmaßstäbe haben die Kassenärztlichen Vereinigungen dem aus den Art 3 und 12 GG abgeleiteten Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit Rechnung zu tragen.
3. Die Bildung von Teilbudgets löst eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht dahingehend aus, dass Verteilungsregelungen, mit denen in Verfolgung bestimmter Ziele vom Grundsatz der gleichmäßigen Honorarverteilung abgewichen wird, regelmäßig zu überprüfen und ggf zu ändern bzw weiter zu entwickeln sind, wenn die Einteilung in Teilbudgets dazu führt, dass der Punktwert in einzelnen Bereichen deutlich stärker abfällt als beim größten Teil der sonstigen Leistungen und als Grundlage hierfür keine von den jeweiligen Leistungserbringern selbst verursachten Mengenausweitungen erkennbar sind (vgl BSG vom 9.9.1998 - B 6 KA 55/97 R = BSGE 83, 1 = SozR 3-2500 § 85 Nr 26).
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Mai 2003 aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
In diesem Rechtsstreit geht es um den Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten im Quartal 1/99.
Der Kläger ist als fachärztlicher Internist in A. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Quartal 1/99 hatte er 1.291 ambulante Behandlungsfälle. Die Beklagte setzte sein Honorar für das erste Quartal 1999 mit Honorarbescheid vom 30. August 1999 auf 127.278,30 DM fest (einschließlich 4.271,42 DM für besondere Kostenträger). Der Kläger hat gegen diesen Bescheid Widerspruch erhoben mit der Begründung, der Punktwert sei vom Quartal 4/98 zum Quartal 1/99 bei den Regionalkassen von 8,3 auf 5,7 DPf und bei den Ersatzkassen von 8,32 auf 6,7 DPf zurückgegangen. Die Beklagte habe bei der Festlegung von Fachgruppentöpfen in ihrem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) die Zunahme der fachärztlichen Internisten, insbesondere durch den Wechsel einer Vielzahl von hausärztlichen Internisten ins Facharztlager nicht berücksichtigt. Daraus sei zwangsläufig ein Leistungszuwachs entstanden, der zu einem massiven Punktwertverfall geführt habe. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der leistungsproportionalen Vergütung.
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2000 zurückgewiesen. Im Jahr 1999 sei die Gesamtvergütung mit Ausnahme gewisser Erstattungen von den Krankenkassen als Kopfpauschale geleistet worden. Die Beklagte habe gemäß Buchstabe B Nr.1 der Anlage 1 Abschnitt B ihres ab 1. Januar 1999 geltenden HVM die von den Regionalkassen pauschal bezahlten Gesamtvergütungsanteile auf Landesebene zu einer Summe zusammengefasst und auf verschiedene Honorarfonds verteilt. Entsprechendes gelte gemäß Anlage 2 Abschnitt B HVM auch für die von den Ersatzkassen gezahlte Gesamtvergütung. Die Aufteilung der Gesamtvergütung in einzelne Teilbudgets sei ein zulässiges und geeignetes Mittel zur Durchführung einer sachgerechten Honorarverteilung (BSG vom 29. September 1993, Az. 6 RKa 85/91). Nach diesem Urteil sei die Bildung von Honorartöpfen für einzelne Arztgruppen und/oder Leistungsbereiche zulässig. Auch Regelungen, die zu einer unterschiedlichen Honorierung gleich bewerteter Leistungen führten, seien rechtens, wenn dies nicht zur Bewertungskorrektur, sondern aus anderen Gründen erfolge. Die gesetzlichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts begrenzten den insgesamt zur Verfügung stehenden Honorarbetrag mit der Folge, dass bei steigender Leistungsmenge der Punktwert sinke und dadurch die einzelnen Leistungen geringer honoriert würden. Diese Honorarausschüttung widerspreche nicht dem Art.14 Abs.1 Grundgesetz (GG), denn dieser garantiere nicht einen Anspruch des Vertragsarztes auf stets gleiches Honorar.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und zur Begründung unter anderem ausgeführt, der HVM sehe eine Verteilung der Gesamtvergütung auf sog. Honorarfonds vor. Von Bedeutung für das vorliegende Verfahren sei der Honorarfonds "Sonstige Leistungen", Ziffer 2.5, Abschnitt B der Anlage 1 bzw. 2 des HVM. Dieser sei unterteilt in einen Honorarfonds R 1 (hausärztliche Leistungen) und einen Honorarfonds R 2 "Restliche Ärzte", der wiederum unterteilt sei in die Töpfe R 2 b (für budgetierte Arztgruppen) und R 2 n (für nicht budgetierte Arztgruppen). Der zuletzt genannte Honorarfonds (R 2 n) werde seinerseits in arztgruppenspezifische Honorarkontingente unterteilt. Zwar sei die ...