Entscheidungsstichwort (Thema)
Geamtsozialversicherlungsbeitrag. Beschäftigung. Arbeitgeber. Haftungsausschluss
Leitsatz (redaktionell)
Vereinbaren bei einem Betriebsübergang der alte und der neue Inhaber einen “Haftungsausschluss”, so berührt dies nicht die Verpflichtung des neuen Betriebsinhabers, Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Arbeitnehmer abzuführen.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 22.637,96 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin für eine Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen hat.
Der Beigeladene zu 4) war gemäß Arbeitsvertrag vom 24.10.1988 sowie aufgrund Betriebsübergang Arbeitnehmer der Firma F. S. Fußbodentechnik, deren Inhaber der Ehemann der Inhaberin der Klägerin war. Dieser war außerdem Inhaber und Geschäftsführer eines Firmengeflechts, u.a. der Firma S. Wohndesign, der S. GmbH und der I. Außenhandels GmbH. Am 15.04.2001 verstarb der vormalige Inhaber der Klägerin, er wurde von der Inhaberin der Klägerin allein beerbt.
Die Geschäfte der vormaligen Arbeitgeberin des Beigeladenen zu 4), der F. S. Fußbodentechnik e.K., führte die Inhaberin der Klägerin fort, welche gemäß handelsregisterlichem Vermerk vom 03.09.2001 die Haftung für die vom fortgeführten Betrieb begründeten Verbindlichkeiten ausschloss. Gemäß Eintragung vom 30.10.2001 im Handelsregister wurde die Klägerin zur Vermietungen A. e.K., Inhaberin S. I., umfirmiert.
Gegen eine wegen Betriebsstilllegung ausgesprochene Kündigung vom 11.07.2001 wandte sich der Beigeladene zu 4) erfolgreich (rechtskräftiges Urteil des LAG M. vom 29.10.2003 - 5 Sa 523/02), in einer anschließenden Lohnzahlungsklage für die Zeit 01.01.2002 bis 30.09.2003 obsiegte er ebenfalls (rechtskräftiges Urteil des LAG M. vom 23.06.2004 - 5 Sa 469/04 - gemäß Beschluss des BAG vom 01.12.2004 - 5 AZN 722/04).
Mit Bescheid vom 29.11.2004/Widerspruchsbescheid vom 05.04.2005 forderte die Beklagte von der Klägerin aus der Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) für die Zeit vom 01.01.2002 bis 30.09.2003 Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie Säumniszuschläge über insgesamt EUR 22.637,96 nach. Gemäß rechtskräftiger Entscheidung des LAG M. sei der Beigeladene zu 4) beitragspflichtiger Beschäftigter der Klägerin gewesen. Dabei folgte die Beklagte der Argumentation der Klägerin nicht, diese habe die Schulden für das geerbte Unternehmen nach den Regelungen des Handelsgesetzbuches wirksam ausgeschlossen und von diesem Ausschluss seien auch das Arbeitsentgelt sowie die daraus resultierenden Beiträge erfasst.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin Bescheidsaufhebung beantragt und vorgetragen, nach dem Todesfall habe sie die Unternehmenstätigkeit aufgegeben, die Firma geändert und nur noch Vermietungsgeschäfte zweier überschuldeter Grundstücke durchgeführt. Alle Arbeitnehmer hätten die todesfallbedingte Kündigung akzeptiert, nur der Beigeladene zu 4), welchen der Verstorbene allein aus sozialer Mitverantwortung jahrelang weiterbeschäftigt hätte, habe Kündigungsschutzklage erhoben. Die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen seien in mehrfacher Hinsicht grob rechtsfehlerhaft und hätten die handelsregisterliche Haftungsbeschränkung verkannt. Zudem sei die Klägerin vermögenslos.
Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, über die Frage des Beschäftigungsverhältnisses, welches mit Vertrag vom 24.10.1988 begonnen habe sei rechtskräftig entschieden. Die Kündigung vom 11.07.2001, welche auf einem Briefbogen der Klägerin in der Gestalt der damaligen Firmierung ausgesprochen worden war, sei unwirksam.
Mit Urteil vom 16.02.2006 hat das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Beigeladene zu 4) sei über den 11.07.2001 hinaus bis zum 30.09.2003 bei der Klägerin beschäftigt gewesen, weil das Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet worden sei. Die Klägerin schulde aus dem entsprechenden Arbeitsentgelt die von der Beklagten zutreffend berechneten Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Forderungen der Beklagten seien erst zu einer Zeit entstanden, in welcher die Klägerin bereits einen Haftungsausschluss im Handelsregister eingetragen hatte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.02.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 4) hat sich diesem Antrag angeschlossen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsunterlagen der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässig...