Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen. Richterablehnung
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 628/95) |
LG München I (Aktenzeichen 13 AR 19568/95) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 30. Oktober 1995 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
In der Gemeinschaftsordnung wurde der Antragsgegner zu 1 als erster Verwalter bis 31.12.1990 bestellt. Für den 16.1.1995 berief er eine Eigentümerversammlung ein. In dieser bestellten ihn die Wohnungseigentümer durch Beschluß zum Verwalter. Die Antragstellerin focht den Beschluß mit der Begründung an, der Antragsgegner zu 1 sei nicht befugt gewesen, die Eigentümerversammlung einzuberufen.
Der Antragsgegner zu 1 beabsichtigte, zum 30.6.1995 eine weitere Eigentümerversammlung einzuberufen. Er rief deshalb, nachdem zu diesem Zeitpunkt über den Anfechtungsantrag der Antragstellerin noch nicht entschieden war, bei dem zuständigen Richter am Amtsgericht an und fragte, ob seine Bestellung zum Verwalter durch Beschluß vom 16.1.1995 noch gültig sei. Der Richter erklärte ihm daraufhin, daß nach § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG ein Beschluß nur ungültig sei, wenn er gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG für ungültig erklärt worden sei. Mit Beschluß vom 17.8.1995 wies das Amtsgericht den Anfechtungsantrag zurück.
Die Wohnungseigentümer faßten am 30.6.1995 mehrere Beschlüsse. Die Antragstellerin beantragt, diese Beschlüsse für ungültig zu erklären. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, daß der Antragsgegner zu 1 nicht berechtigt gewesen sei, die Eigentümerversammlung einzuberufen.
Am 10.10.1995 hat die Antragstellerin den Richter am Amtsgericht wegen Besorgnis der Befangenheit mit der Begründung abgelehnt, daß der Richter „offensichtlich außerhalb von Verhandlungen Auskünfte” an den Antragsgegner zu 1 erteilt habe. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 30.10.1995 das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.
II.
Die sofortige Beschwerde ist in entsprechender Anwendung der §§ 42, 46 Abs. 2, § 567 Abs. 3 ZPO zulässig; sie ist aber nicht begründet.
1. Entsprechend § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit im Wohnungseigentumsverfahren statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei muß es sich um einen objektiven Grund handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken kann, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Ablehnenden scheiden aus (BayObLG WuM 1992, 396).
2. Das Landgericht hat diese Grundsätze berücksichtigt und das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen.
Äußerungen eines Richters außerhalb der mündlichen Verhandlung gegenüber einem Verfahrensbeteiligten können zwar anderen Beteiligten Anlaß geben, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln; bei solchen Äußerungen ist deshalb Zurückhaltung geboten (vgl. MünchKomm/Feiber ZPO § 42 Rn. 34). Ein Befangenheitsgrund liegt aber nicht vor, wenn der Richter wie hier auf telefonische Anfrage eines Beteiligten lediglich auf die eindeutige und einfach gelagerte Rechtslage nach dem Gesetz hinweist. Der Richter hat, wie sich aus seiner dienstlichen Stellungnahme ergibt, erklärt, daß der Beschluß einer Eigentümerversammlung nach § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG nur dann ungültig ist, wenn er gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 für ungültig erklärt worden ist. Eine solche Äußerung rechtfertigt keinen Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters. Eine darüber hinausgehende Äußerung des Richters ist jedenfalls nicht glaubhaft gemacht (§ 44 Abs. 2 ZPO) und kann deshalb der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.
Im Ablehnungsverfahren können mit der sofortigen Beschwerde keine neuen Ablehnungsgründe geltend gemacht werden (BayObLGZ 1985, 307). Nicht zu berücksichtigen ist deshalb das Vorbringen der Antragstellerin, die Besorgnis der Befangenheit werde auch auf die „Nichtbeachtung der maßgeblichen Schriftstücke” gestützt. Das gleiche gilt für die Behauptung, der Richter sei auch deshalb befangen, weil er in seiner dienstlichen Stellungnahme zu dem Ablehnungsgesuch durch Rechtsausführungen versucht habe, auf das Befangenheitsverfahren Einfluß zu nehmen.
3. Der Senat hält es für angemessen, der Antragstellerin die Gerichtskosten ihrer erfolglosen Beschwerde aufzuerlegen (§ 47 Satz 1 WEG). Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht jedoch kein Anlaß (§ 47 Satz 2 WEG; BayObLG WE 1989, 110).
Die Entscheidung über den Geschäftswert beruh...