Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Unterlassung des Betriebs eines Cafés

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wohnungseigentümer ist wegen widersprüchlichen Verhaltens an der Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs wegen vereinbarungswidriger Nutzung von Sondereigentum grundsätzlich gehindert, wenn er die vereinbarungswidrige Nutzung ermöglicht, indem er durch seine Mithilfe die Voraussetzungen für eine öffentlichrechtliche Erlaubnis der gewerblichen Nutzung schafft (hier: Zurverfügungstellung von Toilettenräumen zum Betrieb eines Cafés).

2. Zum Geschäftswert bei Unterlassungsansprüchen.

 

Normenkette

WEG § 15 Abs. 1, 3, § 48 Abs. 3 S. 1; BGB §§ 1004, 242

 

Verfahrensgang

AG Mühldorf a. Inn (Aktenzeichen 1 UR II 10/97)

LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 4368/99)

 

Tenor

I. Dem Antragsteller wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 16. August 2000 bewilligt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 16. August 2000 wird zurückgewiesen.

III. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

IV. Der Geschäftswert für das Verfahren in allen Rechtszügen wird auf jeweils 30.000 DM festgesetzt. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Mühldorf a. Inn vom 22. September 1999 und des Landgerichts Traunstein vom 16. August 2000 (Ziff. 3) werden entsprechend abgeändert.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller, die Antragsgegnerin und die weiteren Beteiligten sind Wohnungs- und Teileigentümer einer Anlage, die aus mehreren Wohnungen und Gewerbeeinheiten besteht.

Die Teilungserklärung vom 30.10.1984 beschreibt das Sondereigentum des Antragstellers als „im Kellergeschoß gelegenes Restaurant samt Weinstube und Kellerräumen”, das Sondereigentum der Antragsgegnerin als „im I. Obergeschoß gelegenes Café-Konditorei, samt Backstuben, Laden im Erdgeschoß, Personalräume im II. Obergeschoß und Dachgeschoß sowie Kellerräume”.

Der Antragsteller hatte sein Teileigentum bis zum Eintritt eines Wasserschadens im Jahr 1995 zum Betrieb eines China-Restaurants verpachtet. Seit Sommer 1996 wird ein Teilbereich als Bistro genutzt.

Die Antragsgegnerin betrieb bis jedenfalls Anfang 1996 im Erdgeschoß ihrer Einheit ein Ladengeschäft (Bäckerei und Konditorei) und im 1. Obergeschoß ein Café. Anschließend nutzte sie das 1. Obergeschoß zum Betrieb eines chinesischen Restaurants. Dies wurde ihr auf Betreiben des Antragstellers durch Beschluß des Landgerichts vom 9.4.1999 untersagt. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wies der Senat unter dem 2.7.1999 (2Z BR 56/99 = NZM 1999, 866) zurück.

Seit Frühjahr 1996 wird das von der Antragsgegnerin nun an ihren Ehemann verpachtete Erdgeschoß als Café mit Konditoreiwarenverkauf genutzt. Im Zuge des der Eröffnung vorausgegangenen Umbaus erlaubte der Antragsteller dem Pächter, die seinem Sondereigentum zugehörige Toilettenanlage im Keller bis 1.4.1999 zu nutzen. Außerdem beglückwünschte er den Pächter zur Eröffnung des „Cafés im Erdgeschoß”. Mit Anwaltsschreiben vom 7.4.1997 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, die Nutzung des Erdgeschosses als Café ab sofort einzustellen. Unter dem 15.9.1997 widerrief der Antragsteller die Gestattung der Toilettennutzung und erklärte vorsorglich die fristlose Kündigung.

Den Antrag, es der Antragsgegnerin zu untersagen, in ihrem Sondereigentum im Erdgeschoß ein Café mit bewirtschafteter Terrasse zu betreiben und für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsmittel anzudrohen, hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 8.11.1999 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluß vom 16.8.2000 zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers vom 5.9.2000 gegen den ihm am 23.8.2000 zugestellten Beschluß ist am 7.9.2000 beim Landgericht eingegangen. Nach Hinweis auf die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist hat der Antragsteller am 8.12.2000 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung wird ausgeführt, sein Verfahrensbevollmächtigter habe sich auf die Auskunft des örtlichen Postamts M. verlassen, daß bei persönlicher Abgabe von Postsendungen bis 17.30 Uhr die Zustellung in T. am nächsten Tag stattfinde. Es habe in der Kanzlei noch keinen Fall der Fristversäumung gegeben, weil der Postlauf von M. nach T. mehr als einen Tag gedauert hätte. Auch das gegenständliche Rechtsmittel sei ordnungsgemäß adressiert und frankiert am Abend des 5.9.2000 vor 17.30 Uhr im Postamt M. der dort zuständigen Bediensteten zur Weiterbeförderung übergeben worden.

II.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig.

Dem Antragsteller ist auf seinen in der Frist des § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, weil die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde (§ 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 WEG, § 29 Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG) weder von ihm no...

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