Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung des Grundbuchs. Erbscheinsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Eintragung des Fiskus als gesetzlichen Erben bedarf es eines Erbscheins. Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein geführt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO). Der Feststellungsbeschluss nach § 1964 genügt mit Rücksicht auf die ausdrückliche Regelung in § 35 GBO nicht.

 

Normenkette

GBO § 35

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Beschluss vom 19.02.1987; Aktenzeichen 2 T 10/87)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts Coburg vom 19. Februar 1987 wird zurückgewiesen

 

Tatbestand

I.

Der Freistaat Bayern hat beantragt, ihn im Wege der Grundbuchberichtigung als Eigentümer eines Grundstücks einzutragen. Er hat dazu einen Beschluß des Amtsgerichts – Nachlaßgericht – Coburg vorgelegt, in dem gemäß § 1964 BGB festgestellt ist, daß ein anderer Erbe des als Eigentümer im Grundbuch Eingetragenen als der Freistaat Bayern nicht vorhanden ist.

Das Amtsgericht hat den Eintragungsantrag mit Zwischenverfügung vom 30.12.1986 beanstandet: Zur Eintragung des Fiskus als gesetzlichen Erben bedürfe es der Vorlage eines Erbscheins. Der Feststellungsbeschluß nach § 1964 BGB genüge hierzu nicht.

Das Landgericht hat die Erinnerung/Beschwerde des Freistaats Bayern mit Beschluß vom 19.2.1987 zurückgewiesen; es hat unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung und die ganz herrschende Meinung im Schrifttum im einzelnen dargelegt, daß die Gründe der Zwischenverfügung zutreffen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

Zur Eintragung des Fiskus als gesetzlichen Erben bedarf es eines Erbscheins. Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein geführt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO). Der Feststellungsbeschluß nach § 1964 genügt mit Rücksicht auf die ausdrückliche Regelung in § 35 GBO nicht. Dieser vom Oberlandesgericht Köln (MDR 1965, 993) und vom Oberlandesgericht Frankfurt (MDR 1984, 145) vertretenen Auffassung, der das Schrifttum nahezu einhellig gefolgt ist (vgl. Horber/Demharter GBO 17. Aufl. Anm. 3 b cc zu § 35; Haegele/Schöner/Stöber Grundbuchrecht 8. Aufl. RdNr. 781; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann Grundbuchrecht 3. Aufl. RdNr. 22, zu § 35; MünchKomm BGB RdNr. 9, Palandt BGB 46. Aufl. Anm. 3, Soergel BGB 11. Aufl. RdNr. 6, je zu § 1964) schließt sich der Senat unter Bezugnahme auf die eingehende Begründung der zitierten Entscheidungen an. Die mit der Rechtsbeschwerde hervorgehobenen Gesichtspunkte sind darin erörtert. Es ist insbesondere dargelegt, aus welchen Gründen der Feststellungsbeschluß nach § 1964 BGB zum Nachweis der Erbfolge nicht ausreicht, obwohl es sich bei dem Gerichtsbeschluß um eine öffentliche Urkunde handelt.

Die Begründung der Rechtsbeschwerde gibt keinen Anlaß, dem noch etwas hinzuzufügen: Auf § 29 GBO kann die Eintragung nicht gestützt werden, weil § 35 GBO eine Spezialvorschrift ist. Daß diese Vorschrift eine gewisse Förmlichkeit enthält, die aber im Grundbuchverfahrensrecht eingehalten werden muß, hat das Landgericht bereits dargelegt. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte vermeintliche Widerspruch, daß die Feststellung nach § 1964 BGB zwar eine öffentliche Urkunde ist, aber für die Grundbuchberichtigung nicht ausreicht, läuft wiederum auf einen Angriff gegen die förmlichen Erfordernisse hinaus, die von § 35 GBO gestellt werden. Auch wenn der Fiskus keine Angaben nach § 2354 BGB machen kann, die nicht ohnehin schon in den Nachlaßakten enthalten waren, so ändert dies nichts an der Vorschrift des § 35 GBO. Der allgemeine Angriff schließlich, daß ein „repressives Gesetz” nicht angewendet werden dürfe, wenn es rein förmliche Erfordernisse darstelle, ist im Grundbuchverfahren fehl am Platz.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Odersky, Karmasin, Lehr

 

Fundstellen

MDR 1987, 762

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