Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
Hat bei einem Testament nach § 2250 Abs. 2 BGB nur einer der Zeugen die Urkunde unterschrieben, so ist dies unschädlich, wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass das Testament die Erklärungen des Erblassers zuverlässig wiedergibt.
Normenkette
BGB §§ 2249, 2250 Abs. 2, 3 S. 2
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 25.07.1994; Aktenzeichen 6 T 7628/93) |
AG Weilheim (Aktenzeichen VI 147/93) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 25. Juli 1994 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat der Beteiligten zu 1 die im Verfahren der weiteren Beschwerde ent- standenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 351 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der im Alter von 66 Jahren verstorbene Erblasser war mit der Beteiligten zu 1 in kinderloser Ehe verheiratet. Er hatte am 15.9.1969 in notarieller Form ein Testament errichtet und darin seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Ein weiteres, vom Erblasser eigenhändig geschriebenes und unterzeichnetes Schriftstück vom 22.3.1992 trägt die Bezeichnung „Erbfertrag” und enthält ebenfalls die Einsetzung der Beteiligten zu 1 als Alleinerbin.
Der Beteiligte zu 2 ist der Sohn eines Bruders des Erblassers. Dieser hat dem Nachlaßgericht ein Schriftstück übergeben, das in Schreibmaschinenschrift folgenden Text trägt:
S., 09.06.93
Testament
Ich, … (= Erblasser), … verfüge, daß nach meinem Tod mein Besitz zu gleichen Teilen an meine Frau und an meinen Neffen, Herrn … (Beteiligter zu 2) übergeht.
A.
Kreiskrankenhaus
Innere Abteilung
… (= Erblasser)
Die oben stehende Verfügung wurde von Herrn …
(= Erblasser) in meinem Beisein diktiert und unterschrieben.
B./Chefarzt
In dem für die Unterschrift des Erblassers vorgesehenen Bereich befindet sich über dem maschinengeschriebenen Vornamen des Erblassers ein mit blauem Kugelschreiber gefertigter Schriftzug. Weitere handschriftliche Eintragungen enthält das Blatt nicht; der Vermerk des Chefarztes ist nicht unterzeichnet.
Aufgrund des Testaments vom 22.3.1992 hat die Beteiligte zu 1 beim Nachlaßgericht einen Erbschein als Alleinerbin beantragt. Dem ist der Beteiligte zu 2 entgegengetreten und hat seinerseits einen Erbscheinsantrag angekündigt, wonach der Erblasser aufgrund des Testaments vom 9.6.1993 von ihm und der Beteiligten zu 1 jeweils zur Hälfte beerbt worden sei. Der Beteiligte zu 2 hat die Ansicht vertreten, das Testament vom 9.6.1993 sei ein wirksames Nottestament. Der Erblasser habe drei Tage vor seinem Tod im Kreiskrankenhaus vor dem Chefarzt der Inneren Abteilung, dessen Sekretärin und seinem Bruder X. mündlich seinen letzten Willen erklärt. Die hierüber angefertigte Niederschrift sei in Gegenwart der drei Zeugen dem Erblasser vorgelesen und von ihm genehmigt sowie unterschrieben worden.
Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 7.10.1993 die Erteilung des von der Beteiligten zu 1 beantragten, sie als Alleinerbin ausweisenden Erbscheins angekündigt. Das Testament vom 9.6.1993 sei unwirksam, weil der dadurch begünstigte Beteiligte zu 2 ein Sohn des bei der Errichtung als Zeuge anwesenden X. sei. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist durch Beschluß des Landgerichts vom 25.7.1994 zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich seine weitere Beschwerde, der die Beteiligte zu 1 entgegentritt.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Das Testament vom 9.6.1993, das die einzig denkbare Grundlage für den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2 darstelle, sei aus den vom Nachlaßgericht angeführten Gründen als Nottestament nicht wirksam. Der Zeuge X. sei nach § 7 Nr. 3 BeurkG von der Mitwirkung ausgeschlossen gewesen, weil sein Sohn als Miterbe eingesetzt werden sollte. Diese Vorschrift sei auf jeden Zeugen anzuwenden, nicht nur auf denjenigen, der die Beurkundung leite. Die Mitwirkung des ausgeschlossenen Zeugen mache die Beurkundung insgesamt unwirksam. Eine Heilung dieses Mangels komme nicht in Betracht, denn lediglich Mängel der Niederschrift seien heilbar.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) im Ergebnis stand. Da der Beteiligte zu 2 durch das Schriftstück vom 9.6.1993 nicht wirksam zum Miterben eingesetzt wurde, ist die Beteiligte zu 1 auf Grund der letztwilligen Verfügungen des Erblassers Alleinerbin geworden.
a) Gemäß § 2250 Abs. 2 BGB kann ein Erblasser, der sich in so naher Todesgefahr befindet, daß er seinen letzten Willen voraussichtlich nicht mehr vor einem Notar oder dem Bürgermeister beurkunden lassen kann, sein Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten. Zu den zwingenden Erfordernissen des Errichtungsakts gehört auch eine Niederschrift (§ 2250 Abs. 3 Satz 1 BGB). Sie muß dem Erblasser vorgelesen, von ihm genehmigt und unterschrieben (§ 2250 Abs. 3 Satz 2 BGB, § 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG) sowie von den drei Zeugen unterzeichnet werden (§ 2250 Abs. 3...