Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungssache
Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung des Landgerichts zur Vergütung des Berufsbetreuers eines nicht mittellosen Betroffenen kann fehlerhaft sein, wenn sie keine Feststellungen dazu enthält, inwieweit der in Rechnung gestellte Zeitaufwand des Betreuers zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich war und wenn sie sich für Betreuungsleistungen in der Übergangszeit bis 30.06.2000 nicht zur Frage des Härteausgleichs äußert.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 91/01) |
AG Lindau (Bodensee) (Aktenzeichen XVII 24/00) |
Tenor
I. Auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Betroffenen und der Beteiligten wird der Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 13. Februar 2001 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Kempten (Allgäu) zurückverwiesen.
Gründe
I.
Mit der einstweiligen Anordnung vom 30.03.2000 bestellte das Amtsgericht für die vermögende Betroffene eine Rechtsanwältin zur vorläufigen Betreuerin für den Aufgabenkreis Vermögenssorge. Diese bestimmte es mit Beschluß vom 02.05.2000 auch zur endgültigen Betreuerin der Betroffenen für die Aufgabenkreise Vermögens sorge sowie Klärung und Entscheidung der Frage des Wohnrechts des Herrn S. und des von letzterem betriebenen Hausverkaufs und ordnete einen Einwilligungsvorbehalt an. Ferner stellte das Amtsgericht fest, daß die Betreuerin die Betreuung im Rahmen ihrer Berufsausübung führt. Am 24.10.2000 hob es die Betreuung auf. Für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 06.04. bis 29.09.2000 beantragte die Betreuerin am 23.10.2000, aus dem Vermögen der Betroffenen eine Vergütung von 5.742,00 DM festzusetzen, wobei sie einen Stundensatz von 150,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer zugrunde legte. Dem entsprach das Amtsgericht mit Beschluß vom 19.12.2000. Diese Entscheidung hat das Landgericht am 13.02.2001 auf die sofortige Beschwerde der Betroffenen unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen dahin abgeändert, daß es nur eine Vergütung in Höhe von 2.296,80 DM bewilligte, wobei es einen Stundensatz von lediglich 60,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer zugrunde gelegt hat. Hiergegen richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden der ehemaligen Betreuerin, die weiter einen Stundensatz von 150,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer begehrt, und der Betroffenen, die der Auffassung ist, daß sie keinerlei Vergütung schulde und allenfalls ein Stundensatz von 30,00 DM angemessen sei, soweit überhaupt eine vergütungsfähige Tätigkeit der Betreuerin vorliege.
II.
Beide Rechtsmittel sind zulässig, insbesondere vom Landgericht zugelassen (§ 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG). Sie führen zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Ein Anspruch auf Vergütung für die ehemalige Betreuerin bestehe dem Grunde nach. Weder die fehlerhafte Bestellung eines Betreuers noch eine zulange aufrecht erhaltene Betreuung stünden dem Vergütungsanspruch entgegen. Der Stundensatz der Betreuerin sei aber auf 60,00 DM zzgl. 16 % Mehrwertsteuer zu reduzieren. Für die Höhe der Vergütung eines Berufsbetreuers seien die Stundensätze des § 1 BVormVG nur dann verbindlich, wenn der Betreute mittellos und die Vergütung deshalb ohne Rückgriffsmöglichkeit aus der Staatskasse zu zahlen sei. Für die Höhe der Vergütung des Betreuers eines vermögenden Mündels seien sie jedoch eine wesentliche Orientierungshilfe. Von diesen Sätzen sei nur abzuweichen, wenn dies die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte ausnahmsweise gebiete. Aus dem Tätigkeitsbericht der ehemaligen Betreuerin ergebe sich, daß in den festgesetzten Aufgabenkreisen lediglich durchschnittlich schwierige Tätigkeiten von der Betreuerin zu verrichten gewesen seien. Daher sei ein Stundensatz des § 1 Abs. 1 BVormVG in Höhe von 60,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer festzusetzen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht in vollem Umfang stand.
a) Der Berufsbetreuer hat gegen den Betreuten Anspruch auf Vergütung seiner Amtsführung (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach den für die Führung der Betreuung nutzbaren Fachkenntnissen des Betreuers sowie nach Umfang und Schwierigkeit der ihm übertragenen Geschäfte (§ 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Dem Umfang der Geschäfte ist dadurch Rechnung zu tragen, daß der erforderliche Zeitaufwand mit dem entsprechenden Stundensatz abgegolten wird (BGH NJW 2000, 3709/3712). Dem Betreuer ist die Zeit zu vergüten, die er zur pflichtgemäßen Wahrnehmung seiner Aufgaben in dem ihm übertragenen Aufgabenkreis aus seiner Sicht für erforderlich halten durfte (BayObLGZ 1996, 47; BayObLG FamRZ 1999, 463/464).
Ist der Betreute nicht mittellos, bemißt sich die Vergütung nicht zwingend nach den Stundensätzen des § 1 Abs. 1 BVormVG (vgl. BGH NJW 2000, 3709). Vielmehr hat der Tatrichter den Stundensatz nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 55f.; ...