Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwiderhandlung gegen das Bayer. Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) nach Anhörung der Staatsanwaltschaft
Verfahrensgang
AG Viechtach (Urteil vom 22.02.1982) |
Tenor
- Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Viechtach vom 22. Februar 1982 wird als unbegründet verworfen.
- Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Tatbestand
I.
Am 22.2.1982 verhängte das Amtsgericht Viechtach gegen den Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit des Unterlassens der Sicherung von Gehsteigen zur Winterszeit gemäß §§ 2,6 der Verordnung der Stadt Z… vom 16.12.1976, Art. 7 Abs. 2 LStVG, Art. 66 BayStrWG eine Geldbuße von 500 DM.
Nach den Feststellungen des Urteils ist der Betroffene Miteigentümer der Flur-Stücke Nrn. … und … in Z…, die an die viel befahrene Straße nach F… grenzen. In der Zeit vom 10.12.1981 bis 5.1.1982 hat er den mindestene 3 m breiten und 110 m langen Gehsteig, der sich zwischen der Fahrbahn und seinen Grundstücken befindet, vom angefallenen Schnee nicht geräumt, so daß er für die Fußgänger unpassierbar war. Obwohl durch den städtischen Winterdienst auch Schnee von der Straße auf den Gehsteig verbracht wurde, wäre dem Betroffenen die Räumung jedenfalls eines Streifens möglich gewesen. Seiner Räum- und Streupflicht war er sich bewußt.
Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
- Die Aufklärungsrüge greift, wie schon die Staatsanwaltschaft beim Bayer. Obersten Landesgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht durch. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Widerspruch gegen die Anordnung der Stadt Z… vom 7.1.1982 war hier nicht veranlaßt. Die Ahndbarkeit des Vorgehens des Betroffenen hängt nämlich nicht von der in dem angeführten Verwaltungsverfahren zu klärenden Vorfrage, ob die fragliche Räumungsanordnung rechtsmäßig war, ab. Ob eine gemeindliche Verordnung eine hinreichende Rechtsgrundlage für ein Bußgeldverfahren ist, hat der Tatrichter selbständig zu entscheiden.
Auch die Sachrüge ist unbegründet.
Die nicht näher ausgeführten Bedenken des Verteidigers des Betroffenen gegen die Rechtmäßigkeit der Gemeindeverordnung der Stadt Z… über die Sicherung des Verkehrs auf Gehbahnen zur Winterszeit in der Fassung der Änderungsverordnung vom 16.12.1976 – im folgenden nur VO genannt – teilt der Senat nicht. Die Verordnung, die in ihrer grundlegenden … Neufassung u.a. auf Art. 51 Abs. 4 und 5 des BayStrWG in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.4.1968 (GVBl S. 64) gestützt ist, beruht auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zum Erlaß von Gemeindeordnungen sind hinreichend bestimmt. Art. 51 Abs. 4 und 5 BayStrWG aF., der wörtlich mit der Neufassung des BayStrWG vom 5.10.1981 (GVBl. S 448) übereinstimmt, gibt den Gemeinden die Möglichkeit, zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz die Eigentümer von Grundstücken, die innerhalb der geschlossenen Ortslage an öffentlichen Straßen angrenzen, zu verpflichten, die entsprechenden Gehwege in der für den Fußgängerverkehr erforderlichen Breite bei Schnee oder Glatteis auf eigene Kosten während der üblichen Verkehrszeiten in sicherem Zustand zu erhalten. Bei Erlaß dieser Verordnung am 19.3.1971 war ein Verstoß gegen die auf Grund des Art. 51 Abs. 4 oder 5 BayStrWG erlassenen Verordnungen in Art. 66 Abs. 1 BayStrWG mit Geldstrafe bedroht.
Am 16.12.1976 änderte die Gemeinde entsprechend der Neufassung des Bayer. Straßen- und Wegegesetzes § 6 der Verordnung durch den deklaratorischen Hinweis, daß nach Art. 66 Ziffer 8 BayStrWG mit Geldbuße belegt werden kann, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Sicherungspflichten in §§ 1 und 2 zuwiderhandelt. An die Stelle des Art. 66 Nr. 8 ist nunmehr mit Neufassung des Bayer. Straßen- und Wegegesetzes vom 5.10.1981 (GVBl. S. 448) Art. 66 Nr. 5 BayStrWG getreten.
Die Ermächtigungsgrundlage des Art. 51 Abs. 4 und 5 BayStWG enthält auch keinen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, den Grundsatz der Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 GG und den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG (vgl. hierzu ausführlich BVerwG NJW 1966, 170; BayVerfGH BayVBl. 1964, 223; BGH BayBgm 1966, 310; Kodal Straßenrecht 3. Aufl. S. 1061).
Sie steht auch im Einklang mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip entwickelten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Von den Räum- und Streupflichtigen darf nichts Unzumutbares verlangt werden. Unzumutbarkeit würde z.B. vorliegen, wenn die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch die Anlieger mit Gefahren für Leib und Leben verbunden wäre oder ihr Umfang zu finanziellen Belastungen führen würde, die den Anliegern billigerweise nicht auferlegt werden dürfen (vgl. hierzu Prandl/Gillessen Bayerisches Straßen- und Wegegesetz 6. Aufl. Anm. 4 zu Art. 51). Der Gesetzgeber hat hier, um eine Gefahr für Leib oder Leben der Pflichtig...