Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungsverfahren: Zuständigkeit für Abgabe des Betreuungsverfahrens aus wichtigem Grund
Leitsatz (redaktionell)
Eine Entscheidung über die Abgabe eines Betreuungsverfahrens aus wichtigen Gründen kann – auch wenn der Betreuer widerspricht – erst ergehen, wenn das Gericht, das die Sache übernehmen soll, gehört worden ist.
Normenkette
FGG § 46 Abs. 2, § 65 Abs. 1, § 65a
Verfahrensgang
AG Landshut (Aktenzeichen XVII 1683/92) |
Tenor
Eine Entscheidung über eine Abgabe ergeht nicht.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht Landshut führt seit dem Juli 1992 für die Betroffene eine Betreuungssache und will diese an das Amtsgericht Kelheim – Zweigstelle Mainburg – abgeben, weil die Betroffene sich seit dem 23.1.1993 im Bezirk dieser Zweigstelle in einem Pflegeheim befindet. Der Betreuer widerspricht der beabsichtigten Abgabe.
Das Amtsgericht Landshut hat die Sache deshalb dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung zuständig, weil die am Abgabestreit beteiligten Amtsgerichte in verschiedenen bayerischen Landgerichtsbezirken liegen (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 65a Abs. 1 Satz 1, § 199 Abs. 2 Satz 2 FGG, Art.11 Abs. 3 Nr.1 AGGVG; vgl. BayObLGZ 1989, 1).
2. Eine Entscheidung über eine Abgabe kann im vorliegenden Fall nicht ergehen, weil das Amtsgericht Kelheim – Zweigstelle Mainburg – zu der beabsichtigten Abgabe nicht gehört worden ist.
Das Amtsgericht Landshut will die Betreuungssache an das Amtsgericht Kelheim – Zweigstelle Mainburg – abgeben, weil es zweckmäßig sei, daß dieses Gericht die Sache weiterführt (§ 46 Abs. 1 Satz 1, § 65a Abs. 1 Satz 1 FGG). In einem solchen Fall entscheidet regelmäßig das gemeinschaftliche obere Gericht über die Abgabe, wenn der Betreute oder der Betreuer widerspricht (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 65a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGG) und das Gericht, an das abgegeben werden soll, gehört worden ist (Keidel/Kuntze FGG 13.Aufl. § 46 Rn.16 m.w.Nachw.). Das ist hier noch nicht geschehen.
III.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Für das vorliegende Betreuungsverfahren ist das Amtsgericht Landshut zuständig, weil die Betroffene im Juli 1992, als das Gericht mit der Sache befaßt wurde, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Landshut hatte (§ 65 Abs. 1 FGG). Die bei Beginn des Verfahrens begründete Zuständigkeit des Amtsgerichts Landshut ist durch eine Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts der Betroffenen nicht berührt worden (sog. perpetuatio fori; vgl. Keidel/Kuntze § 36 Rn.7 bei Fn.9). Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Landshut hatte daher nicht nur die Unterbringung der Betroffenen im Bezirkskrankenhaus M, sondern hat auch ihr Umzug in das Pflegeheim in E die Zuständigkeit des Amtsgerichts Landshut nicht beseitigt. Diese besteht vielmehr fort, solange kein anderes Amtsgericht die Sache aus Zweckmäßigkeitsgründen übernommen hat (§ 65a FGG). Erst mit einer solchen Übernahme geht die Zuständigkeit auf das übernehmende Gericht über.
2. Für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund für eine Abgabe des Verfahrens (§ 46 Abs. 1 Satz 1, § 65a Abs. 1 Satz 1 und 2 FGG) vorliegt, sind Zweckmäßigkeitserwägungen maßgebend. Hierbei wird es vor allem darauf ankommen, ob die Betroffene dauernd im Pflegeheim in E untergebracht ist. Das ist bisher nicht aufgeklärt. Im Gegenteil hat der Betreuer am 9.2.1993 mitgeteilt, er versuche, die Betroffene in ein in seiner Nähe im Bezirk des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck gelegenes Pflegeheim zu verlegen.
Unterschriften
Dr. Bürgle, Hasselmann, Dr. Seitz
Fundstellen