Verfahrensgang

LG Bamberg (Beschluss vom 23.08.1999; Aktenzeichen 3 T 80, 81/99)

AG Forchheim (Urteil vom 09.04.1999; Aktenzeichen XVII 134/95)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 23. August 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß in Nr.1 des Beschlusses des Amtsgerichts Forchheim vom 9. April 1999 der Passus „sowie Entscheidung über Fernmeldeverkehr” entfällt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den genannten landgerichtlichen Beschluß wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Für den Betroffenen ist seit Oktober 1995 ein Betreuer bestellt, dessen Aufgabenkreis zuletzt die Vermögenssorge, die Sorge für die Gesundheit einschließlich damit verbundener Aufenthaltsbestimmung sowie die Regelung des Umgangs des Betroffenen mit seiner nichtehelichen Tochter umfaßte. Ferner war seit Februar 1996 für den Bereich der Vermögensverwaltung ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.

Mit Beschluß vom 9.4.1999 verlängerte das Amtsgericht die Betreuerbestellung, übertrug dem Betreuer zusätzlich die Regelung der Wohnungsangelegenheiten, die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post sowie die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr und hob den Einwilligungsvorbehalt auf.

Die gegen diese Maßnahmen eingelegten Rechtsmittel des Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluß vom 23.8.1999 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der weiteren und sofortigen weiteren Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsmittel sind zulässig, haben jedoch – abgesehen von der Frage der Kontrolle des Fernmeldeverkehrs – keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat – teils im Wege der Bezugnahme – ausgeführt:

Infolge eines schweren Reitunfalls mit Schädelfraktur, ausgedehnter Hirnkontusion und Hirnblutung sowie infolge eines ischämischen Hirninfarktes bestehe beim Betroffenen ein hirnorganisches Psychosyndrom vom Ausmaß eines psychischen Leidens. Der Betroffene sei hirnorganisch bedingt in seiner Persönlichkeit und seinem Wesen bleibend verändert. Aufgrund der psychischen Krankheit sei er auf Dauer geschäftsunfähig und nicht in der Lage, die dem Betreuer übertragenen Angelegenheiten selbst zu besorgen. Er sei krankheitsuneinsichtig und verschließe sich der Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung zur Vorbeugung gegen einen weiteren Schlaganfall. Mit den durch den bevorstehenden Wohnungswechsel anfallenden Belangen sei er ebenso überfordert wie mit der Regelung des Umgangs mit seiner nichtehelichen Tochter. Zu einem vernünftigen Finanzgebaren sei er nicht fähig. Er könne nicht einmal sein Taschengeld einteilen. Trotz seiner Schulden in Höhe von ca. 50 000 DM, zu deren Regulierung er außerstande sei, schließe er, häufig unter Verkennung der Realität, immer wieder Verträge ab. Deshalb sei die Kontrolle seiner Post durch den Betreuer geboten. Dagegen bedürfe es wegen der dauernden Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen der Beibehaltung des Einwilligungsvorbehalts nicht.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung überwiegend stand (§ 27 Abs.1 FGG, § 550 ZPO).

a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß der Betroffene beschwerdeberechtigt ist (§ 20 Abs.1 FGG), wenn der zu seinem Schutz angeordnete Einwilligungsvorbehalt aufgehoben wird (vgl. Damrau in Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2.Aufl. § 1908d BGB Rn.9; Dickescheid in BGB- RGRK 12.Aufl. § 1908d Rn.10; Rink in HK-BUR § 1908d BGB Rn.12, 13).

b) Ist einem Volljährigen ein Betreuer bestellt, setzt die Verlängerung dieser Maßnahme in dem angeordneten Umfang voraus, daß der Betroffene aufgrund seiner psychischen Krankheit oder seiner körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten in den Bereichen der Betreuung weiterhin nicht besorgen kann und Betreuung insoweit auch zukünftig erforderlich ist (§ 1896 Abs.1 Satz 1, Abs.2 Satz 1 BGB; vgl. BayObLG FamRZ 1998, 921). Ohne das Einverständnis des Betroffenen ist die Verlängerung der Betreuerbestellung ferner nur zulässig, wenn der Betroffene nach wie vor krankheits- oder behinderungsbedingt nicht imstande ist, seinen Willen frei zu bestimmen (vgl. BayObLGZ 1994, 209/211), d.h. seinen Willen unbeeinflußt von der Krankheit oder Behinderung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln (vgl. BGH NJW 1996, 918/919).

Der Aufgabenkreis des Betreuers ist zu erweitern, wenn dies erforderlich wird (§ 1908d Abs.3 Satz 1 BGB), d.h. wenn der Betroffene krankheits- oder behinderungsbedingt auch die Angelegenheit, deren Besorgung dem Betreuer zusätzlich übertragen werden soll, nicht selbst besorgen kann und auch insoweit zu einer freien Willensbestimmung nicht fähig und auf Hilfe angewiesen ist (§ 1908d Abs.3 Satz 2, § 1896 Abs.1 Satz 1 BGB; vgl. BayObLGZ 1994, 209/211; BayObLG FamRZ 1995, 116; BtPrax 1998, 30/31).

Das Landgericht hat den für die Verlängerung der Betreuerbestellung und die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers relevanten Sachverhalt – abgesehen von der Frage der Kontrolle des Fernmeldeverkehrs – verfahrensfehle...

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