Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Nordbayern (Aktenzeichen 320.VK-3194-06/99)

 

Tenor

Die Erinnerung der Antragstellerin gegen den Beschluß des Kostenbeamten des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 28. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Landkreis (im folgenden Vergabestelle) schrieb im Dezember 1998 im Rahmen der Erweiterung und Sanierung … die Leistung Lüftungsinstallation aus. Hieran beteiligte sich die Antragstellerin mit einem Angebot. Die Vergabestelle erteilte im März 1999 den Zuschlag einem Unternehmen, das ein Angebot mit einem geringfügig höheren Preis abgegeben hatte. Im April 1999 beantragte die Antragstellerin daraufhin die Nachprüfung der Vergabe.

Die Vergabekammer stellte mit Beschluß vom 31.5./ 2.6.1999 fest, daß die Antragstellerin zu Unrecht von der Wertung ausgeschlossen worden sei. Gegen diese Entscheidung legte die Vergabestelle sofortige Beschwerde ein.

In das Protokoll der Senatssitzung vom 30.7.1999 wurde u.a. folgendes aufgenommen:

Sodann wurde die Sitzung auf Anregung des Vorsitzenden für Vergleichsgespräche um 12.10 Uhr unterbrochen.

Die Sitzung wurde fortgesetzt um 12.30 Uhr.

Auf Hinweis des Gerichts erklärte die Beschwerdegegnerin, daß sie in der streitgegenständlichen Vergabesache keine Schadensersatzansprüche gegen den Beschwerdeführer geltend machen werde und auch im übrigen keine Rechtsposition sachlichen Inhalts aus dem Spruch der Vergabekammer vom 2.6.99 herleite.

Der Beschwerdeführer nahm diese Erklärung an und erklärte sodann, daß er die sofortige Beschwerde zurücknimmt und die Kosten des Beschwerdeverfahrens, einschließlich der notwendigen Auslagen der Beschwerdegegnerin übernimmt.

v.u.g.

In der Folgezeit begehrte die Antragstellerin Kostenfestsetzung. Der Rechtspfleger des Bayerischen Obersten Landesgerichts wies den Antrag am 28.10.1999 mit der Begründung zurück, daß kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliege, da kein Prozeßvergleich protokolliert worden sei.

Gegen den am 5.11.1999 zugestellten Beschluß wendet sich die am 9.11.1999 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Rechtsbehelf ist als befristete Erinnerung zulässig.

a) Die Kostenfestsetzung aus Entscheidungen, die das Bayerische Oberste Landesgericht als gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 GWB i.V.m. § 116 Abs. 4 GWB, § 1 Abs. 1 Nr. 25 ZustÜVJu, § 16 Abs. 3 GZVJu zuständiges Vergabegericht getroffen hat, erfolgt gemäß §§ 103107 ZPO. Das Vergaberechtsänderungsgesetz enthält keine Angaben über die Kostenfestsetzung im Beschwerdeverfahren. Es bedarf auch in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, welche Regelungen für die Kostentragungspflicht im Beschwerdeverfahren, also für die Kostengrundentscheidung, heranzuziehen sind (vgl. BayObLGZ 1999, 127/144). Nach sämtlichen denkbaren Möglichkeiten findet eine Kostenfestsetzung statt, wobei sich diese hier nur den für die gerichtliche Festsetzung geltende Vorschriften (vgl. §§ 103 ff. ZPO, § 78 Satz 3 GWB) richten kann.

b) Die Entscheidung des Kostenbeamten (§ 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 21 Nr. 1 RPflG) unterliegt nicht der Beschwerde gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, da gemäß § 567 Abs. 4 ZPO kein Rechtsmittel eröffnet ist. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG ist vielmehr die befristete Erinnerung statthaft (vgl. auch BayObLG Rpfleger 1999, 321).

c) Die Frist von zwei Wochen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1, § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO) ist gewahrt.

2. Die befristete Erinnerung ist nicht begründet.

a) Der Anspruch auf Erstattung von Kosten kann nur aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden, § 103 Abs. 1 ZPO. Dies kann auch ein Prozeßvergleich gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sein. Ein solcher liegt jedoch hier nicht vor.

b) Der Antragstellerin ist einzuräumen, daß die Rücknahme der Beschwerde durch die Vergabestelle auf der Grundlage eines abgeschlossenen materiellen Vergleichs geschehen ist. Die Rücknahme sowie die Erklärung, die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragstellerin zu übernehmen, stellten in Verbindung mit der Erklärung der Antragstellerin, keine Schadensersatzansprüche geltend machen zu wollen, das für einen Vergleichsabschluß erforderliche gegenseitige Nachgeben dar.

c) Auch wenn dies im Rahmen eines Rechtsstreits und zu dessen Beilegung erfolgte, wurde damit trotz der Protokollierung der Erklärungen dennoch kein Vollstreckungstitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geschaffen.

Mit Rücksicht auf § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, wonach Vergleiche im Protokoll festzustellen sind, wird schon erwogen, daß ein Prozeßvergleich nur dann vorliegen kann, wenn er ausdrücklich als solcher – was hier nicht geschehen ist – bezeichnet ist (vgl. KG JurBüro 1982, 1729). Nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung lag ein Wille der Parteien im Wege des Prozeßvergleichs zugleich auch einen Vollstreckungstitel zu schaffen (vgl. BGH NJW 1985, 1962/1963), nicht vor.

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