Leitsatz (amtlich)
Bei antragsgemäßem Erlass eines Vollstreckungsbescheids ist für den nachträglichen Antrag auf Verzinsung der festgesetzten Verfahrenskosten das Prozessgericht im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens zuständig. § 699 Abs. 3 S. 1 ZPO begründet keine nachlaufende Zuständigkeit des Mahngerichts. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Prozessgericht zuvor mit dem Rechtsstreit bereits befasst war.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 104 Abs. 1 S. 1, § 699 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Augsburg (Beschluss vom 15.12.2004; Aktenzeichen 14 H 21/04) |
AG Coburg (Aktenzeichen 04-3144162-08-N) |
Tenor
I. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts unterbleibt.
II. Die Akten werden dem AG Augsburg zurückgegeben.
Gründe
I. Der Antragsteller beantragte in einem Mahnverfahren am 29.9.2004 den Erlass eines Vollstreckungsbescheids. Nicht beantragt war die verzinsliche Festsetzung der Verfahrenskosten. Der Vollstreckungsbescheid wurde am 4.10.2004 antragsgemäß erlassen. Mit Schreiben vom 29.10.2004 beantragte der Antragsteller, die Kosten des Verfahrens verzinslich festzusetzen. Das Mahngericht teilte dem Antragsteller mit, es sei für die Bearbeitung dieses Antrags nicht mehr zuständig. Mit Beschl. v. 15.12.2004 erklärte sich das AG A. für sachlich und örtlich unzuständig und verwies das Verfahren an das Mahngericht zurück. Der Beschluss wurde nur dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugeleitet.
Das Mahngericht erklärte sich mit Beschl. v. 25.1.2005 für sachlich unzuständig und legte das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vor. Auch dieser Beschluss wurde allein dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zur Kenntnisnahme übersandt.
II.1. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO durch das BayObLG liegen nicht vor. Voraussetzung hierfür wäre, dass verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Hier fehlt es jedoch an rechtskräftigen Erklärungen der Unzuständigkeit im Sinne dieser Vorschrift. Sowohl das Mahngericht als auch das AG A. haben ihre Beschlüsse, in welchen sie die Gründe für ihre Unzuständigkeit darlegen, nur dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, nicht jedoch der Antragsgegnerin bekannt gegeben. Derartige Entscheidungen stellen jedoch keine rechtskräftigen Erklärungen über die Unzuständigkeit i.S.d. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dar (BGH NJW-RR 1994, 322; v. 22.2.1995 - XII ARZ 2/95, MDR 1995, 739 = NJW-RR 1995, 641; v. 4.6.1997 - XII ARZ 13/97, NJW-RR 1997, 1161; BayObLG v. 16.7.1991 - AR 1 Z 57/91, BayObLGZ 1991, 280 [281]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 36 Rz. 24). Mangels vollständiger Bekanntgabe des Beschlusses des AG A. fehlt es an einer rechtlich wirksamen Entscheidung ggü. den Parteien (§ 329 ZPO).
2. Die Akten werden an das AG A. zurückgegeben, da sich dieses Gericht zuerst für unzuständig erklärt hat. Der Senat weist vorsorglich auf Folgendes hin:
Über Anträge im Kostenfestsetzungsverfahren entscheidet nach § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO das Gericht des ersten Rechtszugs, worunter nach dem Verhältnis, in dem das gerichtliche Mahnverfahren zum eigentlichen Streitverfahren steht, nicht das Mahngericht, sondern dasjenige Gericht zu verstehen ist, das für den etwa nachfolgenden Rechtsstreit zuständig wäre (BayObLG v. 17.9.2002 - 1 Z AR 113/02, Rpfleger 2003, 35; OLG Köln v. 21.12.1998 - 5 W 126/98, OLGReport Köln 1999, 203 = NJW-RR 1999, 1737; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 104 Rz. 21 Stichwort "Zuständigkeit"). Das Mahnverfahren ist kein eigenständiges Streitverfahren, sondern nur ein diesem vorgelagertes Verfahren zur vereinfachten und beschleunigten Erlangung eines Vollstreckungstitels (BGH NJW 1991, 2084). Das Gericht des ersten Rechtszugs ist auch bei Durchführung des vorgelagerten Mahnverfahrens dasjenige Gericht, das im Falle des streitigen Verfahrens über den geltend gemachten Anspruch zu befinden hätte.
In den Bestimmungen über das Mahnverfahren findet sich eine Vorschrift über die Aufnahme von Kosten nur in § 699 Abs. 3 S. 1 ZPO. Danach sind in dem Vollstreckungsbescheid die bisher entstandenen Kosten des Verfahrens aufzunehmen. Das ist hier durch das Mahngericht antragsgemäß geschehen. Der Antrag auf nachträgliche Festsetzung der Verzinsung kann nicht mehr im Rahmen des Mahnverfahrens erfolgen. Eine gesetzliche Regelung für solche Verfahrensgestaltungen besteht nicht. Somit verbleibt es für Anträge, für die allein das Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung steht, bei der gesetzlichen Regelung des § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO (BayObLG v. 17.9.2002 - 1 Z AR 113/02, Rpfleger 2003, 35; OLG Köln v. 21.12.1998 - 5 W 126/98, OLGReport Köln 1999, 203 = NJW-RR 1999, 1737). Dem steht nicht entgegen, dass das AG A. als das fiktive Streitgericht bislang mit der Streitsache noch nicht befasst war (BayObLG v. 17.9.2002 - 1 Z AR 113/02, Rpfleger 2003, 35; OLG Köln v. 21.12.1998 - 5 W 126/98, OLGReport Köln 1999, 203 = NJW-RR 1999, 1737).
Fundstellen