Leitsatz (amtlich)

1. Die Zweckbestimmung eines Wohnungseigentums als "Ferienwohnung" oder "Ferienappartement" legt im Allgemeinen eine vorübergehende Nutzung als Wohnung durch wechselnde Gäste fest.

2. Ob die Nutzung einer "Ferienwohnung" als Seminar- und Veranstaltungsraum nicht mehr stört als eine zweckentsprechende Nutzung, kann nur entschieden werden, wenn die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Nutzung durch den Tatrichter umfassend abgewogen werden. Dabei kann auch die Lage der Wohnung im Gebäude eine Rolle spielen.

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 29.12.2003; Aktenzeichen 4 T 4238/03)

AG Rosenheim (Aktenzeichen 40 UR II 23/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zu 1) bis 6) wird der Beschluss der LG Traunstein vom 29.12.2003 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Traunstein zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller, die Antragsgegnerin und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die aus 26 Ferienwohnungen (Ferienappartements) und einem Restaurant (Nr. 27) besteht. Der Antragsgegnerin gehört das Sondereigentum an den Ferienwohnungen Nrn. 2, 15 und 25. Ihrem Vortrag zufolge benutzt sie die Ferienwohnung Nr. 25 mindestens seit 1996 als Seminarraum, in dem je nach Bestuhlung bis zu 25 Personen Platz finden. Sie beabsichtigt, ihr Sondereigentum zukünftig verstärkt als Seminar- und Veranstaltungsraum zu nutzen.

Mit der Gemeinde besteht zur Sicherung der touristischen Nutzung eine dinglich gesicherte Vereinbarung, nach der die Eigentümer ihre Wohnungen jährlich nur für eine bestimmte Zeit selbst nutzen dürfen. Der Gemeinderat beschloss am 15.5.2001, die Regelung dahingehend zu lockern, dass einer Nutzung der Wohnung Nr. 25 als Büro- und Seminarraum zugestimmt wird.

Die Teilungserklärung vom 12.12.1984 enthält zum Umfang der Nutzung folgende Regelung:

4.1 Die Gesamtanlage dient entsprechend ihrer Zweckbestimmung vornehmlich der gewerblichen Nutzung durch den Fremdenverkehr, wobei die Wohnungseigentümer die Ferienwohnungen im Rahmen ihrer privaten Vermögensverwaltung zur zweckgebundenen, touristischen Nutzung zur Verfügung stellen.

Nach Nr. 13. 9 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist zur Rechtswirksamkeit eines Beschlusses über eine Änderung oder Aufhebung der Vereinbarungen zum Umfang der Nutzung und zur Übertragung des Wohnungseigentums außer der Einstimmigkeit auch die Zustimmung des Verwalters sowie der Gemeinde erforderlich.

Die Antragsteller haben beantragt, es der Antragsgegnerin unter Androhung von Zwangsmitteln zu untersagen, die Wohneinheit Nr. 25 statt als Wohnung als Seminar- bzw. Veranstaltungsraum zu nutzen. Das AG hat dem Antrag mit Beschluss vom 10.10.2003 stattgegeben. Das LG hat auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 29.12.2003 die Entscheidung des AG aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 16.1.2004 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde einzelner Antragsteller vom 29.1.2004. Am 3.2.2004 haben weitere Wohnungseigentümer durch ihren Verfahrensbevollmächtigten erklärt, auf Antragstellerseite aufzutreten und das Rechtsmittel mitzutragen.

II. Das von den Antragstellern zu 1) bis 6 zulässige, insb. fristgerecht eingelegte Rechtsmittel hat vorläufigen Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das LG (§ 27 Abs. 1 FGG, §§ 562, 563 Abs. 1 S. 1 ZPO). Soweit sich einzelne Wohnungseigentümer außerhalb der von § 29 Abs. 4 FGG i.V.m. § 22 Abs. 1 FGG vorgegebenen Frist dem Rechtsmittel angeschlossen haben, sind sie nicht selbst Rechtsmittelführer, sondern unterstützen als notwendige Verfahrensbeteiligte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 WEG) diejenigen Wohnungseigentümer, die form- und fristgerecht sofortige weitere Beschwerde eingelegt haben.

1. Das LG hat ausgeführt:

Die Antragsteller hätten keinen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin die beanstandete Nutzung ihres Teileigentums unterlässt. Die Nutzung der Wohneinheit als Seminar- und Veranstaltungsraum widerspreche nicht den Regelungen in der Teilungserklärung. Aus dieser ergebe sich, dass die Gesamtanlage vornehmlich der gewerblichen Nutzung durch den Fremdenverkehr dienen solle und die Wohnungseigentümer die Ferienwohnungen im Rahmen ihrer privaten Vermögensverwaltung zur zweckgebundenen touristischen Nutzung zur Verfügung zu stellen hätten. Die Regelung verlange nicht, die Wohneinheiten ausschließlich zur Vermietung als Ferienwohnungen zur Verfügung zu stellen. Es sei lediglich eine Nutzung erforderlich, die den touristischen Zweck der Gesamtanlage sicherstelle. Dies sei mit einer Nutzung als Seminarraum ebenso gewährleistet wie mit einer Nutzung als Ferienwohnung. Es entspreche gerade der touristischen Nutzung einer Wohnanlag...

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