Normenkette
TSG §§ 1, 10; PStG §§ 47, 61a Nr. 3
Verfahrensgang
LG München (Aktenzeichen 16 T 9145/02) |
AG München (Aktenzeichen 721 UR III 365/01) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des LG München I vom 19.6.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2) hat der Beteiligten zu 1) die ihr im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) wurde 1948 als Kind männlichen Geschlechts der Eheleute Freiherr von … und seiner Ehefrau Freifrau von … geboren und mit dem Vornamen J. im Geburtenbuch des Standesamts eingetragen. Mit Beschluss des AG Berlin-Schöneberg vom 26.6.2001, rechtskräftig seit 9.8.2001, wurden die Vornamen der Beteiligten zu 1) nach § 1 des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz – TSG) in „A.E.” geändert. Die Änderung der Vornamen wurde im Geburtseintrag des Standesamts am 21.8.2001 als Randvermerk beigeschrieben. Das Standesamt erteilte daraufhin der Beteiligten zu 1) eine Geburtsurkunde mit dem Namen „A.E. Freifrau von …”. Mit am 5.12.2001 beim AG eingegangenem Schreiben wandte sich die Beteiligte zu 1) gegen die Ausstellung der Geburtsurkunde mit dem Namenszusatz „Freiherr” und beantragte, den Standesbeamten anzuweisen, eine Geburtsurkunde mit dem Namensbestandteil „Freifrau” auszustellen.
Das Standesamt erteilte der Beteiligten zu 1) am 7.12.2001 eine Geburtsurkunde mit dem Namen „A.E. Freifrau von …”. Das Landratsamt – Standesamtsaufsicht – (Beteiligter zu 2)) hält diese Urkunde bezüglich des Namensbestandteils „Freifrau” für unrichtig und wies das Standesamt am 20.12.2001 an, die Urkunde vom 7.12.2001 einzuziehen und eine Geburtsurkunde mit der Namensbezeichnung „A.E. Freiherr von …” auszustellen. Das Standesamt hat daraufhin die Beteiligte zu 1) aufgefordert, die Geburtsurkunde vom 7.12.2001 zurückzugeben.
Mit Beschluss vom 12.4.2002 hat das AG den Standesbeamten beim Standesamt angewiesen, der Beteiligten zu 1) eine Geburtsurkunde mit dem Familiennamen „Freifrau von …” auszustellen. Gegen diese ihm am 22.4.2002 zugestellte Entscheidung hat der Beteiligte zu 2) am 30.4.2002 sofortige Beschwerde eingelegt, die das LG mit Beschluss vom 19.6.2002 zurückgewiesen hat. Gegen die ihm am 1.7.2002 zugestellte Entscheidung des LG hat der Beteiligte zu 2) am 15.7.2002 sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der er die Aufhebung der vorinstanziellen Beschlüsse und ein Absehen von einer Anweisung an den Standesbeamten anstrebt.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig; es ist insb. form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 49 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 2, Abs. 1 S. 3, Abs. 4, § 21, § 22 Abs. 1 FGG). Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt:
Das AG habe den Standesbeamten zu Recht angewiesen, der Beteiligten zu 1) eine Geburtsurkunde mit dem Familiennamen „Freifrau von …” auszustellen. Zwar hänge die Form des Namensbestandteils „Freiherr bzw. Freifrau” grundsätzlich vom Geschlecht des jeweiligen Trägers ab. Dessen ungeachtet könne im vorliegenden Fall eine Angleichung des Namensbestandteils an den aufgrund § 1 TSG geänderten Vornamen der Beteiligten zu 1) erfolgen. Im Interesse des mit den Regelungen des TSG bezweckten Schutzes der Intimsphäre sei nach bloßer Vornamensänderung nach § 1 TSG geboten, die betroffene Person ihrem neuen Rollenverständnis entspr. anzureden und anzuschreiben. Die Möglichkeit der Vornamensänderung nach § 1 TSG habe den Sinn, dem Betroffenen auch ohne eine die äußeren Geschlechtsmerkmale verändernde Operation die Möglichkeit zu verschaffen, schon frühzeitig in der Rolle des anderen Geschlechts aufzutreten. Die Beibehaltung des Namensbestandteils „Freiherr” nach Änderung der Vornamen würde ein Auftreten der Beteiligten zu 1) in der Öffentlichkeit unter dem neuen Geschlechtsverständnis unmöglich machen. Aus dem Widerspruch zwischen den weiblichen Vornamen und der männlichen Form des Namensbestandteils „Freiherr” sei sofort und für jedermann ersichtlich, dass eine Vornamensumwandlung nach § 1 TSG stattgefunden habe. § 1 TSG sei als gesetzlich geregelter Ausnahmetatbestand i.S.v. § 10 Abs. 1 TSG anzusehen mit der Folge, dass nach Rechtskraft der Vornamensänderung eine Angleichung des Namensbestandteils stattfinden könne. Auch wenn die Adelsbezeichnung Bestandteil des Familiennamens sei, führe die Abänderung der männlichen Vornamen auf weibliche dazu, dass die Beteiligte zu 1) die Adelsbezeichnung in der entspr. geänderten Form tragen könne.
Die in dieser Form auszustellende Geburtsurkunde entspreche dem Grundsatz, dass die Geburtsurkunde nur nach Maßgabe der Eintragungen im Geburtenbuch zu erteilen sei. Dieses könne gem. § 46a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 PStG insoweit berichtigt werden. Da der Namensbestandteil „Freifrau” d...