Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftswertbeschwerden. Berücksichtigung einer Leistung aus einer Lebensversicherung. Geschäftswert einer Beschwerde im Erbscheinsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Bewertung einer Beschwerde im Erbscheinsverfahren ist zu berücksichtigen, daß die Versicherungssumme aus einer Lebensversicherung nicht in den Nachlaß fällt, wenn der Versicherung gegenüber ein Bezugsberechtigter benannt ist.

 

Normenkette

VVG § 166; BGB § 330; KostO § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG München

LG München I

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) gegen den Ausspruch NR. III des Beschlusses des Landgerichts München I vom 24. Juni 1994 wird zurückgewiesen.

II. Auf die Geschäftswertbeschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 24. Juni 1994 im Ausspruch NR. III dahin abgeändert, daß der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 50.000 DM festgesetzt wird.

 

Gründe

I.

Am 12.6.1985 verstarb der tschechoslowakische Staatsbürger X (Erblasser) ledig und kinderlos. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind seine Eltern.

Der Erblasser hatte in einem handschriftlichen Testament den Beteiligten zu 1) als Alleinerben eingesetzt. Er hatte im Jahr 1983 bei der A-Unfallversicherungs-AG eine Unfallversicherung abgeschlossen, deren Versicherungssumme im Todesfall 50.000 DM betrug. Ein Bezugsberechtigter war zu Lebzeiten des Erblassers gegenüber der Versicherung nicht bestimmt worden. Des weiteren hatte der Erblasser bei der B-Lebensversicherungs-AG eine Lebensversicherung über eine Versicherungssumme von 60.000 DM abgeschlossen. Im Versicherungsantrag vom 1.3.1984 heißt es in der Rubrik Bezugsberechtigung im Todesfall „Erbe laut Testament”. Mit Schreiben an die B-Lebensversicherung vom 8.6.1984, dort eingegangen am 12.7.1984, bestimmte der Erblasser für den Fall seines Todes den Beteiligten zu 1) unwiderruflich zum Bezugsberechtigten aus der Lebensversicherung.

2. Mit Beschluß vom 14.9.1993 entschied das Amtsgericht:

„1. Der Antrag der Beteiligten zu 2) auf Erteilung eines Erbscheins, der sie und den Beteiligten zu 3) als Erben zu je 1/2 ausweist, wird zurückgewiesen.

2. Das Gericht wird entsprechend dem Antrag des Beteiligten zu 1) Erbschein erteilen, der diesen als Alleinerben ausweist, wenn nicht binnen 2 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Beschwerde eingelegt wird.”

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 24.6.1994 die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den amtsgerichtlichen Beschluß zurückgewiesen (Ausspruch Nr. I), der Beteiligten zu 2) die notwendigen außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz des Beteiligten zu 1) auferlegt (Ausspruch NR. II) und den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 110.000 DM festgesetzt (Ausspruch Nr. III). Der Geschäftswert setzte sich ausgehend vom Wert des Nachlasses aus den beiden Versicherungen des Erblassers zusammen.

3. Gegen die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2). Sie erstrebt die Herabsetzung des Geschäftswerts auf 50.000 DM (Unfallversicherungssumme), da der Versicherungsbetrag aus der Lebensversicherung über 60.000 DM wegen einer direkten Bezugsberechtigung nicht mehr in den Nachlaß gefallen sei.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) legten gegen die Geschäftswertfestsetzung – im eigenen Namen – ebenfalls Beschwerde ein, mit der sie den Geschäftswert auf 170 000 DM festzusetzen beantragen, da die Versicherungssumme der Lebensversicherung bei Unfalltod 120.000 DM betrage (Doppelzahlung).

Das Landgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen.

II.

1. Die Rechtsmittel sind als Erstbeschwerden gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO anzusehen, da das Landgericht bei der Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren im ersten Rechtszug entschieden hat (BayObLGZ 1986, 489). Der Beschwerdewert (§ 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO) ist jeweils erreicht. Die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) konnten aus eigenem Recht Geschäftswertbeschwerde einlegen (§ 9 Abs. 2 BRAGO).

2. Die sonach zulässige Geschäftswertbeschwerde der Beteiligten zu 2) ist begründet, die der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) unbegründet.

a) Nach § 131 Abs. 2 KostO bestimmt sich der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in allen Fällen nach § 30 KostO. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten – wie hier – ist daher der Wert des Beschwerdegegenstands in der Regel gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Dabei kommt es vor allem auf das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse, die Bedeutung der Beschwerde für die Beteiligten sowie auf die sonstigen Umstände des Einzelfalls an. Die für den ersten Rechtszug maßgeblichen Vorschriften der Kostenordnung können als Anhaltspunkt für die vorzunehmende Schätzung herangezogen werden, sind jedoch nicht unmittelbar anzuwenden (ständige Rechtsprechung des BayObLG, vgl. BayObLGZ 1986, 489/491; BayObLG JurBüro ...

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