Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 131 Abs. 2 KostO bestimmt sich der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in allen Fällen nach § 30 KostO. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten – wie hier – ist daher der Wert des Beschwerdegegenstands in der Regel gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Dabei kommt es vor allem auf das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse, die Bedeutung der Beschwerde für die Beteiligten sowie auf die sonstigen Umstände des Einzelfalls an. Die für den ersten Rechtszug maßgeblichen Vorschriften der Kostenordnung können als Anhaltspunkt für die vorzunehmende Schätzung herangezogen werden, sind jedoch nicht unmittelbar anzuwenden. Bei Beschwerden in Erbscheinssachen kann deshalb insbesondere auch der Wert des Reinnachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls (§ 107 Abs. 2 Satz 1 KostO) als Anhaltspunkt dienen.
Normenkette
KostO § 30 Abs. 1, § 131 Abs. 2, § 167 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 09.03.1995; Aktenzeichen 13 T 7460/94) |
AG Fürth (Bayern) (Aktenzeichen VI 1463/93) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 9. März 1995 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
1. Am 20.11.1993 verstarb in Nürnberg der 1911 geborene Erblasser. Die Beteiligte zu 1) war mit dem Erblasser in dessen zweiter – kinderlos gebliebener – Ehe verheiratet. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die Kinder des Erblassers aus dessen erster Ehe.
Der Erblasser hinterließ (u.a.) ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament vom 9.8.1987, nach dem die Beteiligte zu 1) als seine Ehefrau Alleinerbin sein sollte. Für die Beteiligten zu 2) und 3) sind Vermächtnisse ausgesetzt. Testamentsvollstreckung ist angeordnet; Testamentsvollstrecker ist neben der Beteiligten zu 1) der Beteiligte zu 4).
Der Reinwert des Nachlasses belief sich nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten zu 1) und 3) auf 40 574 118 DM.
2. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 26.7.1994 den Antrag des Beteiligten zu 3) auf Aussetzung des Verfahrens auf Erteilung eines Erbscheins und eines Testamentsvollstreckerzeugnisses abgelehnt und die Erteilung eines das Alleinerbrecht der Beteiligten zu 1) ausweisenden Erbscheins und eines Testamentsvollstreckerzeugnisses angekündigt für den Fall, daß gegen den Beschluß binnen zwei Wochen keine Beschwerde eingelegt werde.
Gegen diesen Vorbescheid hat der Beteiligte zu 3) Beschwerde eingelegt, die er – unter Beweisantritt – mit einer Testierunfähigkeit des Erblassers zur Zeit der Testamentsabfassung begründete. Der Beteiligte zu 3) beantragte zudem im Hinblick auf eine von ihm erhobene Feststellungsklage, daß er Miterbe zu 1/4 geworden sei, das Erbscheinsverfahren auszusetzen.
Das Landgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 3) mit Beschluß vom 15.2.1995 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß im Erbschein der Zusatz anzubringen sei „Testamentsvollstreckung ist angeordnet” und daß der Erbschein (derzeit) nur für die Grundbuchberichtigung zu erteilen sei. Dem Beteiligten zu 3) hat es außerdem die Kosten der Beteiligten zu 1) im Beschwerdeverfahren auferlegt.
Mit Beschluß vom 9.3.1995 hat das Landgericht den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 5 071 000 DM festgesetzt. Der Geschäftswert ergebe sich aus der Differenz von 1/4 (gesetzlicher Erbteil) und 1/8 (Pflichtteil des Beteiligten zu 3) des Nachlaßwertes von 40 574 118 DM.
3. Gegen die Festsetzung des Beschwerdewerts hat der Beteiligte zu 3) Beschwerde eingelegt. Mit seiner Beschwerde im Hauptsacheverfahren habe er nicht die Erteilung eines Erbscheins in Höhe seines gesetzlichen Erbteils begehrt, sondern sich lediglich gegen die Erteilung des von der Beteiligten zu 1) beantragten Erbscheins gewandt und im Hinblick auf die von ihm erhobene Feststellungsklage seinen bereits im Nachlaßverfahren gestellten Aussetzungsantrag wiederholt. Der Geschäftswert sei deshalb nach seinem Interesse an der Aussetzungsentscheidung festzusetzen und auf 1/5 der Hauptsache zu schätzen (1 014 200 DM).
Das Landgericht hat der Geschäftswertbeschwerde nicht abgeholfen, da die Hauptsachebeschwerde des Beteiligten zu 3) nicht das ausschließliche Ziel der Aussetzung des Verfahrens verfolgt, sondern das Erbrecht der Beteiligten zu 1) in vollem Umfang angegriffen habe. Bei einem Obsiegen habe jederzeit ein Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge beantragt werden können.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Geschäftswertbeschwerde des Beteiligten zu 3) ist zulässig gemäß § 31 Abs.3 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs.3 KostO, § 567 Abs.2 ZPO. Gegen die Festsetzung des Geschäftswerts, die das Landgericht für das Beschwerdeverfahren vornimmt, findet die unbefristete Erstbeschwerde statt, nicht die weitere Beschwerde (BayObLGZ 1986, 489; st.Rspr. des BayObLG). Die Neufassung des § 567 Abs.3 ZPO gibt – entgegen OLG Köln (ZMR 1995, 326) – keinen Anlaß, von dieser Rechtsauffassung abzugehen, da § 14 Abs.3 Satz 1 KostO die Bestimmung des § 567 Abs.3...