Leitsatz (amtlich)
›Zur Abgrenzung einer informatorischen Befragung von einer Vernehmung des Beschuldigten.‹
Tatbestand
Das Amtsgericht hatte den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt; gleichzeitig wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von zehn Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die Berufung des Angeklagten gegen diese Entscheidung hat das Landgericht mit der Maßgabe verworfen, dass die Sperrfrist noch fünf Monate beträgt. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft wurde verworfen. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision ein. Er rügte die Verletzung formellen und materiellen Rechts und beanstandete, dass das Landgericht die schriftlichen Aussagen der Zeugin W und des Zeugen S-M lediglich verlesen und diese Zeugen nicht vernommen habe. Die Aussage, die er bei seiner informatorischen Befragung gegenüber den Polizeibeamten M und H an der Telefonzelle auf dem Parkplatz gemacht habe, hätte, nachdem einer Verwertung widersprochen worden sei, der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden dürfen, da er vor der Befragung nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Trotz einer errechneten maximalen Tatzeit-BAK von 2,75 Promille habe das Landgericht es unterlassen, sich mit der Frage der Schuldfähigkeit auseinanderzusetzen. Obwohl das Landgericht von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen sei, habe es rechtsfehlerhaft nicht von der Strafrahmenverschiebung des § 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht. Es habe nicht geprüft, ob die Unterbringungsvoraussetzungen nach § 64 StGB gegeben seien. Die zulässige Revision hatte mit der Sachrüge zum Schuldspruch und zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen war sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Entscheidungsgründe
1. Die Revision dringt mit den erhobenen Verfahrensrügen nicht durch.
a) Die Verlesung der schriftlichen Aussage der Zeugen W und S-M ist rechtlich nicht zu beanstanden; denn die Voraussetzungen für eine Verlesung nach § 251 Abs. 2 StPO waren gegeben. Staatsanwaltschaft, Verteidiger und Angeklagter waren damit einverstanden, dass die persönliche Vernehmung dieser beiden Zeugen durch die Verlesung ihrer schriftlichen Aussagen ersetzt wird.
b) Das Landgericht musste sich aufgrund seiner Sachaufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO nach Verlesung der Aussage der Zeugin W entgegen der vom Angeklagten erhobenen Rüge nicht gedrängt sehen, diese zu vernehmen, um Widersprüche zu klären. Das Landgericht ist den Aussagen der beiden Polizeibeamten M und H gefolgt. Der Zeuge M hat bekundet, er habe am Tattag um 19.24 Uhr auf der Staatsstraße nach R auf der Fahrt zum Dienst beobachtet, wie das Fahrzeug, das auf den Angeklagten zugelassen ist, wiederholt über die Straßenmitte nach links auf die Gegenfahrbahn und wiederholt auf das rechte Bankett geraten sei. Bei dem Fahrer habe es sich seiner Meinung nach im Hinblick auf die Statur um einen Mann gehandelt. Im Fahrzeug habe sich auch ein Hund befunden. Um ca. 19.30 Uhr hätten er und sein Kollege H bei der Suche nach dem Täter das Tatfahrzeug auf dem nahe gelegenen Parkplatz eines Einkaufsmarktes gefunden. Ein großer Hund sei bei geöffneter Hecktüre auf der Ladefläche gesessen. Der Angeklagte habe bei ihrem Eintreffen in einer nahe gelegenen Telefonzelle telefoniert.
Im Hinblick auf den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Tatbegehung und Auffinden des Angeklagten und seines Fahrzeugs sowie der Beschreibung des Fahrzeugführers als Person von männlicher Statur ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Einlassung des Angeklagten, er sei von der Zeugin W in deren Fahrzeug bereits um 19.15 Uhr zum Parkplatz gebracht worden, sein Fahrzeug und sein Hund seien dagegen von einer Frau namens P vor Eintreffen der beiden Polizeibeamten auf dem Parkplatz abgestellt worden, als Schutzbehauptung gewertet und die schriftliche Aussage der Zeugin W, die die Einlassung des Angeklagten im Wesentlichen bestätigt hat, als nicht glaubhaft angesehen hat. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, sie stimme in nicht unwesentlichen Punkten mit der Einlassung des Angeklagten nicht überein, sei im zeitlichen Gefüge nicht nachvollziehbar und in einem Punkt - Einkauf von Zigaretten und Crackers in einer Tankstelle - nachweislich falsch. Weil das Landgericht sich von einer persönlichen Vernehmung der Zeugin W bei der gegebenen Beweislage keine weitere Sachaufklärung versprochen hat, sah es von einer persönlichen Vernehmung ab. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
c) Das Landgericht musste sich auch nicht gedrängt sehen, den Zeugen S -M zu vernehmen. Nach der verlesenen schriftlichen Aussage dieses Zeugen will dieser mit dem Angeklagten in der Zeit zwischen 19.22 und 19.30 Uhr telefoniert haben. Das Landgericht hält, gestützt auf die Aussage der Zeugin K, diese Angaben für widerlegt. Die Zeugin K hat bekundet, gegen 19.30 Uhr etwa fünf M...