Leitsatz (amtlich)
Zur Vermeidung einer lebensbedrohenden Selbstgefährdung kann die geschlossene Unterbringung auch dann genehmigt werden, wenn eine gezielte Therapiemöglichkeit nicht besteht.
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 26.01.2004; Aktenzeichen 42 T 133/04) |
AG Kaufbeuren (Aktenzeichen XVII 29/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 26.1.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftwert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Für den Betroffenen ist eine Berufsbetreuerin für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge, Vertretung ggü. Behörden und Institutionen, Wohnungsangelegenheiten, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post sowie die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr bestellt. Der Betroffene leidet seit langem an einer schweren Alkohol- und Drogenabhängigkeit und einer Borderline-Störung; er ist deswegen bereits über 80-mal in einem Bezirkskrankenhaus behandelt worden.
Nach der letzten Entlassung am 4.11.2003 genehmigte das AG am 12.11.2003 die erneute Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum 23.12.2003 und am 1.12.2003 - nach Aufhebung der einstweiligen Anordnung und nach Anhörung des Betroffenen - die vorläufige Unterbringung in der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung bis zum 11.1.2004. Am 12.1.2004 genehmigte das AG die Unterbringung des Betroffenen in der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung bis zum 11.1.2005 und ordnete die sofortige Wirksamkeit an.
Die von dem Betroffenen gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde hat das LG am 26.1.2004 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde, mit der er eine Aufhebung des Beschlusses des AG vom 12.1.2004 und eine erneute persönliche Anhörung erreichen will.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 2, 70 Abs. 1 S. 2, 70g Abs. 3 S. 1, 70m Abs. 1 FGG. Zwar stellt der Betroffene ausdrücklich nur den Antrag, den Beschluss des AG aufzuheben, doch ergibt sich konkludent aus der Beschwerdebegründung und dem Beschwerdeanschreiben, dass der Betroffene ebenfalls die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses erreichen will.
Sein Rechtsmittel ist aber nicht begründet; die Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen in einer beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: Aufgrund des Sachverständigengutachtens vom 3.11.2003 und des Ergänzungsgutachtens vom 1.12.2003 eines Oberarztes des Bezirkskrankenhauses K. stehe fest, dass der Betroffene nach wie vor an einer erheblichen Borderline-Störung und einer inzwischen autonomen Suchterkrankung leide, geschäftsunfähig sei und keine Krankheitseinsicht zeige. Wegen des beträchtlichen Gefährdungspotentials in Form einer latenten Suizidalität sowie exzessiven Konsums psychotroper Substanzen sei seine Unterbringung in einem geschlossenen Heim erforderlich. Das Gutachten sei widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Der Gutachter kenne den Betroffenen seit Jahren. Auch wenn der Gutachter am 3.11.2003 noch die Notwendigkeit einer dauerhaften Unterbringung des Betroffenen abgelehnt habe, stelle dies keinen Widerspruch zum Ergänzungsgutachten dar. Der Sachverständige sei im Vorgutachten noch von einer in einem gewissen Umfang vorliegenden Abstinenzmotivation ausgegangen, ferner von einem sich möglicherweise stabilisierenden Entschluss zu einer Langzeittherapie. Der Krankheitsverlauf nach der Entlassung am 22.10.2003 habe aber eindeutig gezeigt, dass der Betroffene unter ambulanten Behandlungsbedingungen nicht alkoholabstinent bleiben und seine Therapiemotivation nicht aufrechterhalten könne. Eine Anhörung des Betroffenen durch die Beschwerdekammer sei nicht erforderlich, weil die Anhörung durch das AG zeitnah durchgeführt worden sei und keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten seien.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand, § 27 FGG, § 546 ZPO.
a) Eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung des Betroffenen durch seinen Betreuer, d.h. die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung gegen den Willen des Betroffenen, bedarf der Genehmigung des VormG (§ 1906 Abs. 2 S. 1 BGB). Dieses muss die Genehmigung erteilen, solange sie zum Wohl des Betroffenen erforderlich ist, weil aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betroffenen die Gefahr besteht, dass er sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt (§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGG). Eine Unterbringung zur Verhinderung einer Selbstschädigung infolge einer psychischen Erkrankung setzt voraus, dass der Betroffene aufgrund seiner Krankheit seinen Willen nicht frei bestimmen kann (BayObLG BayObLGZ 1993, 18 [19]; v. 5.2.1998 - 3 Z BR 486/97, NJW-RR 1998, 1014 m.w.N.). Die Gen...