Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlasssache: Nachlasskonkursverfahren;. Steuerfiskus als Vollstreckungsbehörde im Erbscheinseinziehungsverfahren. Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Anwendbarkeit des § 792 ZPO im steuerlichen Vollstreckungsverfahren nach §§ 249 ff. AO.
2. Der Steuerfiskus als Vollstreckungsbehörde ist im Erbscheinseinziehungsverfahren nicht beschwerdeberechtigt, wenn die Einziehung während eines Nachlaßkonkursverfahrens erfolgt und ungewiß ist, ob es nach Beendigung des Nachlaßkonkursverfahrens noch zu einer Vollstreckung in Nachlaßgrundstücke kommen kann, für welche der Steuerfiskus einen Erbschein benötigen würde.
Normenkette
BGB § 2361; ZPO § 792; FGG § 20; KO §§ 14-15, 226 Abs. 1; AO §§ 45, 249, 251, 322
Verfahrensgang
AG Miesbach (Aktenzeichen VI 26/98) |
LG München II (Aktenzeichen 6 T 1643/99) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 5 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 24. August 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß in Abänderung dieses Beschlusses die Beschwerde des Beteiligten zu 5 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Miesbach vom 22. Oktober 1998 verworfen wird.
II. Der Beteiligte zu 5 hat dem Beteiligten zu 1 die diesem im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde wird auf 250.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der 1998 verstorbene Erblasser war nicht verheiratet. Er hat in seinem handschriftlichen Testament vom 25.4.1993 den Beteiligten zu 1, seinen 1981 geborenen Sohn, zum befreiten Vorerben eingesetzt, zu Nacherben dessen leibliche Abkömmlinge, ersatzweise eine zu gründende gemeinnützige Stiftung. Er hat ferner Testamentsvollstreckung angeordnet bis zum vollendeten 25. Lebensjahr des Vorerben und dessen Mutter, die Beteiligte zu 2, zur Testamentsvollstreckerin ernannt.
Das Testament wurde am 15.1.1998 eröffnet. Am 30.1.1998 nahm die Beteiligte zu 2 das Amt des Testamentsvollstreckers an. Eine Erklärung, ob die Erbschaft angenommen oder ausgeschlagen werde, wurde nicht abgegeben. Auf Antrag des Finanzamts, das rückständige Einkommensteuerschulden des Erblassers aus den Jahren 1982 bis 1997 in Höhe von über 32 Mio DM geltend machte, setzte das Nachlaßgericht dem durch die Beteiligte zu 2 gesetzlich vertretenen Beteiligten zu 1 durch Beschluß vom 23.3.1998 eine Inventarfrist. Innerhalb dieser (verlängerten) Frist reichte die Beteiligte zu 2 das von ihr unter Zuziehung eines Notars errichtete Nachlaßverzeichnis vom 2.7.1998 ein. Es weist Aktiva in Höhe von rund 115.224.000 DM, Passiva in Höhe von rund 198.482.000 DM aus. Mit Schreiben vom 7.4.1998 hatte die Beteiligte zu 2 beantragt, Nachlaßverwaltung anzuordnen. Ferner hatten ihre Verfahrensbevollmächtigten noch im April 1998 einen Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens gestellt. Dieses endete mit Ausschlußurteil des Amtsgerichts vom 2.7.1998. Am 7.7.1998 beantragten der Beteiligte zu 1, gesetzlich vertreten durch die Beteiligte zu 2, und die Beteiligte zu 2 als Testamentsvollstreckerin die Eröffnung des Nachlaßkonkursverfahrens. Das Amtsgericht – Konkursgericht – eröffnete mit Beschluß vom 8.7.1998 das Konkursverfahren über den Nachlaß des Erblassers. Es bestellte den Beteiligten zu 4 zum Konkursverwalter. Am 10.7.1998 stellte die Beteiligte zu 2 als gesetzliche Vertreterin des Beteiligten zu 1 zur Niederschrift des Rechtspflegers einen Erbscheinsantrag und erklärte u. a. die Annahme der Erbschaft. Entsprechend ihrem Antrag erteilte der Nachlaßrichter am 10.7.1998 einen Erbschein, der den Beteiligten zu 1 als alleinigen Erben und die Beschränkungen durch Nacherbschaft und Testamentsvollstreckung auswies.
Mit notarieller Urkunde vom 3.8.1998 berichtigte die Beteiligte zu 2 das Nachlaßverzeichnis vom 2.7.1998. Danach erhöhten sich die Aktiva auf rund 181.656.000 DM, die Passiva auf rund 264.100.000 DM.
Mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 6.8.1998, beim Nachlaßgericht am selben Tage eingegangen, erklärte die Beteiligte zu 2 als gesetzliche Vertreterin des Beteiligten zu 1 die Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist sowie der Annahme der Erbschaft „wegen Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften des Nachlasses”; gleichzeitig reichte sie die ihr erteilten zwei Ausfertigungen sowie eine Abschrift des Erbscheins vom 10.7.1998 zurück. Das Familiengericht genehmigte diese Erklärung mit Beschluß vom 20.10.1998. Mit Anwaltschreiben vom 21.9.1998 hatte die Beteiligte zu 2 ferner ihr Amt als Testamentsvollstreckerin niedergelegt und das ihr erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis zurückgegeben.
Das Nachlaßgericht ordnete mit Beschluß vom 20.10.1998 Nachlaßpflegschaft für die unbekannten Erben des Erblassers an und bestellte den Beteiligten zu 3 zum Nachlaßpfleger. Mit Beschluß vom 22.10.1998 zog es den Erbschein vom 10.7.1998 ein, weil durch die Anfechtung der Annahme der Erbschaft der im Erbschein ausgewiesene Erbe weggefallen, der Erbschein damit unrichtig geworden sei.
Gegen diesen Beschluß legte das Finanzamt für den Fre...