Leitsatz (amtlich)

1. Fehlende Beschwerdeberechtigung des Vermächtnisnehmers im Erbscheinsverfahren.

2. Das Beschwerdegericht hat die Prüfung, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Beschwerdeberechtigung vorliegen, von Amts wegen vorzunehmen. Der Beschwerdeführer trägt bei Zweifeln über in seinem Bereich liegende tatsächliche Voraussetzungen der Beschwerdeberechtigung die Feststellungslast.

 

Verfahrensgang

LG Passau (Beschluss vom 30.09.2003; Aktenzeichen 2 T 4/02)

AG Passau (Beschluss vom 22.11.2001; Aktenzeichen 2-VI 359/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des LG Passau vom 30.9.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde der Beteiligten zu 1), 2) und 3) gegen den Beschluss des AG Passau - Zweigstelle Rotthalmünster - vom 22.11.2001 als unzulässig verworfen wird.

II. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 144.866 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die im Alter von 86 Jahren verstorbene Erblasserin war unverheiratet und hatte keine Kinder. Die Beteiligte zu 3) ist ihre Nichte, die übrigen Beteiligten sind ihre Neffen. Der Nachlass besteht aus zwei Grundstücken, von denen das eine mit einem Wohnhaus (Nr. 7) im Wert von 240.000 DM und das andere mit einem Mietshaus (Nr. 9) im Wert von 850.000 DM bebaut ist. Das Nachlassgericht hat fünf Testamente eröffnet:

1. Privatschriftliches Testament vom 30.1.1969, in dem die Erblasserin ihre im Jahr 1986 vorverstorbene Schwester zum Alleinerben eingesetzt hatte.

2. Notarielles Testament vom 24.7.1986, in dem es u.a. heißt:

Abschnitt 2: Erbeinsetzung

Zu meinem alleinigen und ausschließlichen Erben setze ich hiermit meinen Neffen ... (Beteiligter zu 5)) ein.

Abschnitt 3: Vermächtnisse

Meinen Erben beschwere ich mit folgenden Vermächtnissen:

a) Er hat sofort nach Eintritt des Erbfalls aus meinem Grundbesitz eine Teilfläche im Ausmaß von ca. 1.600 qm samt dem darauf befindlichen Mehrfamilienhaus Nr. 9 an meine Neffen bzw. Nichten

(1)... (Beteiligter zu 6)

(2)... (Beteiligter zu 4)

(3) S.

(4)... (Beteiligter zu 2)

(5)... (Beteiligter zu 1)

(6)... (Beteiligte zu 3)

zu gleichen Teilen unentgeltlich zu überlassen ....

3. Privatschriftliches Testament vom 12.6.1990, das die Erblasserin als Nachtrag zu ihrem Testament vom 24.7.1986 bezeichnet hat. Darin sind Anordnungen für Beerdigung und Grabpflege sowie über ihr Geldvermögen enthalten. Außerdem heißt es darin:

Mein Neffe ... (Beteiligter zu 1) bekommt nur 2/3 seines Erbanteils zugunsten der beiden Kinder von S.

4. Notarielles Testament vom 30.7.1993, in dem es u.a. heißt:

Abschnitt 2: Bestätigung

1. Zu Urkunde vom 24.7.1986 habe ich ein Testament errichtet.

Ich möchte dieses Testament in einigen Punkten abändern. Soweit die Abänderung nicht erfolgt, bleibt es in seinem ganzen Umfang bestehen.

2. In Abschnitt 3 des genannten Testamentes habe ich unter a Ziff. 3 S. ein Vermächtnis in Höhe eines 1/6 Miteigentumsanteils an einem dort bezeichneten Grundstück ausgesetzt. Ich widerrufe dieses Vermächtnis hiermit. Diesen 1/6 Miteigentumsanteil soll vermächtnisweise in gleicher Weise ... (Beteiligter zu 2) erhalten, der unter Ziff. 4 des vorgenannten Testaments aufgeführt ist. Demgemäß erhält dieser nunmehr 2/6 von dem dort bezeichneten Grundstück.

3. Unter Abschnitt 3 Ziff. b des genannten Testamentes habe ich verschiedene Geldvermächtnisse ausgesetzt. Diese ändere ich ab,... Im Übrigen verbleibt es bei den Regelungen der Vorurkunde.

4. Weitere Verfügungen treffe ich heute nicht.

5. Privatschriftliches Testament vom 10.7.1998, das wie folgt lautet:

Testament

Ich bestimme für den Fall meines Todes folgendes:

Zu meinen Alleinerben setze ich meine Neffen ... (Beteiligte zu 4) und zu 5) ein.

Mein Neffe ... (Beteiligter zu 4) erhält dass Mietshaus Nr. 9,... (Beteiligter zu 5) erhält dass Wohnhaus Nr. 7.

Alle übrigen Vermögenswerte werden zwischen beiden Erben hälftig aufgeteilt.

Hinsichtlich der beiden vorerwähnten Häuser erfolgt jedoch kein finanzieller Ausgleich.

Die Aufteilung des Grundstücks erfolgt wie im beiliegenden Plan eingezeichnet.

Frühere Testamente sind ungültig.

Ein Lageplan, in dem das Anwesen Nr. 7 in grüner Farbe und das Anwesen Nr. 9 in roter Farbe gekennzeichnet ist, wurde auf der Rückseite von der Erblasserin unterschrieben.

Der Beteiligte zu 5) hat beantragt, einen dem Testament vom 10.7.1998 entsprechenden Erbschein zu erteilen, der ihn zu 24/111 und den Beteiligten zu 4) zu 87/111 als Miterben ausweisen solle. Die Beteiligten zu 1), 2) und 3) haben Einwendungen gegen die Gültigkeit des Testaments vom 10.7.1998 erhoben; die Erblasserin sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr testierfähig gewesen; außerdem bestünden Zweifel daran, dass die Erblasserin das Testament vom 10.7.1998 selbst geschrieben habe. Nach Einholung von Sachverständigengutachten zur Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin durch den Landgerichtsarzt und zur Echtheit des Testaments vom 10.7.1998 durch eine Sachverständige sowie nach Berücksichtigung von Stellungnahmen des Hausarztes und des Bezirkskrankenhauses ha...

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