Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bestellung eines Betreuers hat das Wohl des Betroffenen Vorrang vor dem Verwandtenprivileg.
2. Zur Bestellung weiterer Betreuer, wenn sich die Mutter und die die tatsächliche Pflege durchführende, zur Betreuerin bestellte Stiefmutter eines im Wachkoma befindlichen Betroffenen über den Umgang mit dem Betroffenen und dessen Betreuung streiten.
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 05.01.2004; Aktenzeichen 2 T 89/02, 2 T 24/03) |
AG Weiden i.d. OPf. (Aktenzeichen XVII 335/00) |
Tenor
I. Die weiteren Beschwerden gegen den Beschluss des LG Weiden i. d. OPf. vom 5.1.2004 werden zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für die Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf jeweils 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Für den Betroffenen, der bei einem Verkehrsunfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitt und sich seither schwerstpflegebedürftig im Wachkoma befindet, besteht eine Betreuung für alle Angelegenheiten seit 6.6.2000. Zum Betreuer wurde zunächst sein Vater bestellt. Seine Eltern sind seit 3.3.1991 geschieden; das Sorgerecht war dem Vater übertragen.
Am 15.6.2000 stellte die weitere Beteiligte, die leibliche Mutter des Betroffenen, den Antrag, den Betroffenen im Krankenhaus besuchen zu dürfen, hilfsweise, den Aufgabenkreis Regelung des Besuchsrechts einem neutralen Betreuer zu übertragen. Das AG regelte mit Beschluss vom 5.7.2000 ein Besuchsrecht der Mutter zweimal wöchentlich auf der Intensivstation. Im sich anschließenden Beschwerdeverfahren wurde zwischen den Eltern ein Kompromiss erzielt.
Seit 30.10.2001 lebt der Betroffene im Haus seines Vaters und der Betreuerin zu 1), seiner Stiefmutter. Am 12.6.2002 beantragte die Mutter, für die Aufgabenkreise Regelung des Besuchsrechts zwischen Mutter und Sohn, Information der Mutter über den gesundheitlichen Zustand sowie ärztliche Behandlung und eventuelle stationäre Aufenthalte ihres Sohnes einen weiteren Betreuer zu bestellen. Diese Anträge lehnte das AG mit Beschluss vom 9.8.2002 ab.
Hiergegen legte die Mutter Beschwerde ein. Während des Laufes des Beschwerdeverfahrens beantragten der Vater und die Stiefmutter am 19.12.2002, den Vater als Betreuer zu entlassen und die Stiefmutter als Betreuerin zu bestellen. Die Mutter beantragte am 9.1.2003, sie zur Betreuerin zu bestellen. Das AG entließ am 6.2.2003 den Vater als Betreuer und bestellte die Stiefmutter zur Betreuerin. Gegen den Beschluss des AG legte die Mutter Beschwerde ein, mit welcher sie weiterhin ihre eigene Bestellung zur Betreuerin erreichen wollte. Nach dem Auszug des Vaters aus der Ehewohnung wird der Betroffene dort weiterhin von der Stiefmutter unter Einschaltung von Pflegediensten gepflegt.
Das LG hat nach Einnahme eines Augenscheins in der Wohnung und der Anhörung der Beteiligten sowie von Verwandten des Betroffenen die Beschlüsse des AG vom 9.8.2002 und vom 6.2.2003 dahingehend abgeändert, dass der Stiefmutter des Betroffenen die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Regelung des Umgangs der leiblichen Mutter mit dem Betroffenen sowie Information der leiblichen Mutter über den gesundheitlichen Zustand, die ärztliche Behandlung und eventuelle stationäre Aufenthalte des Betroffenen entzogen werden. Für den Aufgabenkreis Vermögenssorge wurde eine Rechtsanwältin und für die restlichen der Stiefmutter entzogenen Aufgabenkreise ein Berufsbetreuer bestellt, welchem zusätzlich die Gesundheitsfürsorge übertragen wurde. Im Übrigen wurden die Beschwerden zurückgewiesen.
Mit ihrer weiteren Beschwerde will die Mutter weiter ihre Bestellung zur Betreuerin erreichen und hilfsweise, dass sie den Betroffenen einmal im Monat samstags von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr zu sich nehmen kann.
Die Stiefmutter wendet sich mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde gegen die Bestellung weiterer Betreuer für den Bereich Vermögenssorge und Gesundheitsfürsorge.
II. Die Rechtsmittel sind zulässig, §§ 21, 27 Abs. 1, 29 FGG, haben aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Eine vollständige Entlassung der Stiefmutter als Betreuerin und die Bestellung der Mutter zur Betreuerin sei nicht in Betracht gekommen. Nach § 1897 Abs. 1 BGB sei grundsätzlich eine Person zum Betreuer zu bestellen, welche geeignet sei. Zwar stehe die rechtliche Betreuung im Vordergrund, doch sei auch die Entwicklung oder das Vorhandensein einer persönlichen Beziehung notwendig. Eine solche Beziehung bestehe zwischen der Stiefmutter und dem Betroffenen, da der Betroffene jahrelang vor seinem Unfall in einem gemeinsamen Haushalt mit der Stiefmutter gelebt habe. Auch wenn der Betroffene als Opfer einer noch andauernden Scheidungsauseinandersetzung zwischen seiner Mutter und seinem Vater sowie einer hieraus resultierenden massiven Beeinflussung jeweils gegen den anderen Elternteil anzusehen sei, sei die Kammer doch davon überzeugt, dass er sich frei für seinen Vater und seine Stiefmutter und gegen seine Mutter entschieden habe. Deshalb habe das VormG unter Berücksichtigung des § 1897 Abs. 5 BGB, nach welche...