Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Wahrung der Rechtsmittelfrist
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 11.03.1993; Aktenzeichen 1 T 23132/92) |
AG München (Entscheidung vom 09.11.1992; Aktenzeichen UR II 43/84) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 11. März 1993 aufgehoben.
II. Den Antragstellern wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Teilbeschluß des Amtsgerichts München vom 9. November 1992 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
III. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 40 550 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten mit Ausnahme des Streithelfers sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Durch Teilbeschluß vom 9.11.1992 hat das Amtsgericht den Antragsgegner zur Zahlung von 16 821 DM an die Antragsteller verpflichtet und weitergehende Ansprüche der Antragsteller im Umfang von 40 550 DM abgewiesen.
Gegen diesen ihnen am 11.11.1992 zugestellten Beschluß haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 23.11.1992 sofortige Beschwerde eingelegt; der Schriftsatz ist beim Landgericht am 30.11.1992 eingegangen. Mit Schreiben vom 21.12.1992, das am 5.1.1993 an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller hinausgegeben wurde, hat das Landgericht darauf hingewiesen, daß das Rechtsmittel nach Ablauf der Frist am 25.11.1992 eingegangen sei.
Mit Schriftsatz vom 12.1.1993, eingegangen beim Landgericht am 13.1.1993, haben die Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist beantragt. Sie haben vorgetragen, einer ihrer Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwalt R., habe die Beschwerdeschrift am 23.11.1992 gegen 16.00 Uhr beim Postamt P. bei M. dem Postpersonal übergeben. Rechtsanwalt R. hat dies eidesstattlich versichert.
Das Landgericht hat durch Beschluß vom 11.3.1993 den Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen. Gegen den ihnen am 24.3.1993 zugestellten Beschluß haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, die am 31.3.1993 eingegangen ist.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1, 2 Satz 3 FGG) und begründet.
1. Gegen den Teilbeschluß des Amtsgerichts vom 9.11.1992 ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG die sofortige Beschwerde statthaft, die binnen zwei Wochen ab Bekanntmachung eingegangen sein muß (§ 22 Abs. 1 FGG). Der Beschluß vom 9.11.1992 ist den Antragstellern am 11.11.1992 durch Zustellung bekanntgemacht worden (§ 16 Abs. 2 FGG). Die Rechtsmittelfrist ist damit am 25.11.1992 abgelaufen. Durch die erst am 30.11.1992 eingegangene Rechtsmittelschrift ist die Frist nicht gewahrt.
2. Den Antragstellern ist wegen Versäumung der Frist auf ihren Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
a) Einem Beschwerdeführer, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Eine Versäumung der Frist, die in dem Verschulden eines Vertreters ihren Grund hat, wird als eine unverschuldete nicht angesehen (§ 22 Abs. 2 Satz 1, 2 FGG). Der Wiedereinsetzungsantrag ist nach Beseitigung des Hindernisses durch das nach dem 5.1.1993 bei den Antragstellern eingegangene Schreiben des Landgerichts vom 21.12.1992 am 13.1.1993, also rechtzeitig angebracht worden. Die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen sind durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht.
b) Der Wiedereinsetzungsantrag ist begründet. Die Fristversäumung ist weder von den Antragstellern selbst noch von ihren Verfahrensbevollmächtigten verschuldet. Die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, die Beschwerdeschrift zwei Tage vor Fristablauf in P. bei M. zur Post gebracht zu haben. Sie konnten im Hinblick auf die übliche, von der Post angegebene regelmäßige Beförderungsdauer darauf vertrauen, daß der Schriftsatz spätestens am übernächsten Tag bei den Justizbehörden in München eingeht (vgl. BVerfG NJW 1983, 1479; BayObLG NJW 1978, 1488). Dies gilt, obgleich die Erfahrung lehrt, daß im Einzelfall die Postlaufzeit länger sein kann.
3. Der Beschluß des Landgerichts wird aufgehoben; den Antragstellern wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Teilbeschluß des Amtsgerichts gewährt.
Die Kostenentscheidung richtet sich in Wohnungseigentumssachen auch in Nebenverfahren nach § 47 WEG. Für die Gerichtskosten ist jedoch § 48 Abs. 1, 3 WEG nicht anzuwenden; maßgebend ist vielmehr die Kostenordnung (BayObLG WE 1991, 79). Gerichtsgebühren fallen danach gemäß § 131 Abs. 1 KostO nicht an. Aus diesem Grund kommt eine Entscheidung über die Gerichtskosten gemäß § 47 Satz 1 WEG nicht in Betracht. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist ni...