Leitsatz (amtlich)
Bei einer Entscheidung über die Verlängerung der Betreuerbestellung ist in der Regel auch im Beschwerdeverfahren die persönliche Anhörung des Betreuten geboten. Dies gilt insbesonders dann, wenn ihm das Landgericht trotz ganz oder teilweise fehlender Fähigkeit zu freier Willensbestimmung auch keinen Verfahrenspfleger bestellt hat.
Normenkette
FGG § 67 Abs. 1, § 68 Abs. 1-2, § 69g Abs. 5, § 69i Abs. 6
Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 18.09.1997; Aktenzeichen 4 T 1042/97) |
AG Ansbach (Aktenzeichen XVII 27/93) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Ansbach vom 18. September 1997 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Ansbach zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Auf Anregung des Landratsamts ordnete das Amtsgericht nach Bestellung eines vorläufigen Betreuers am 25.5.1993 mit Beschluß vom 3.6.1993 für die Betroffene Betreuung mit dem Aufgabenkreis Vermögens sorge an. Die Betreuerbestellung wurde aufgrund einer „Persönlichkeitsstörung mit depressiven und querulatorischen Zügen” für notwendig erachtet.
Mit Beschluß vom 8.9.1993 erweiterte das Amtsgericht die Betreuerbestellung, nachdem sich der Verdacht auf Medikamentenabhängigkeit ergeben hatte, auf die Aufenthaltsbestimmung.
Zu Betreuern wurden zunächst der Landkreis – Betreuungsstelle – und sodann jeweils unter Entlassung des bisherigen Betreuers – am 31.10.1994 A und am 11.11.1996 B bestellt.
Nachdem die Betroffene am 21.4.1997 die Aufhebung der Betreuung, hilfsweise die Bestellung eines anderen Betreuers beantragt und diese Anträge am 16.6. und 1.7.1997 wiederholt hatte, verlängerte das Amtsgericht mit Beschluß vom 1.7.1997 die Betreuung unter Aufrechterhaltung der Person des Betreuers und des Aufgabenkreises bis zum 30.6.2002.
Dabei stützte sich das Gericht weiterhin auf die Gutachten „des Amtsarztes”, der in seinem Gutachten vom 14.5.1997 erstmals eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit zönästhetischer Symptomatik diagnostiziert und in der Ergänzung vom 24.6.1997 die Fähigkeit der Betroffenen, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen, für den Bereich Aufenthaltsbestimmung ausgeschlossen hatte, während diese hinsichtlich der Vermögenssorge eingeschränkt sei.
Demgemäß stellte das Amtsgericht in seiner Entscheidung vom 1.7.1997 fest, die Betroffene sei für den Fall, daß die Betreuung nicht aufgehoben werden kann, mit der Aufrechterhaltung des Aufgabenkreises „Vermögenssorge” einverstanden gewesen.
Gegen diesen Beschluß legte die Betroffene mit einem am 4.9.1997 eingegangenen Schreiben Beschwerde ein mit dem Ziel, die Betreuerbestellung aufzuheben.
Das Landgericht wies die Beschwerde der Betroffenen mit Beschluß vom 18.9.1997 als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet sich die Betroffene mit der am 8.6.1998 zu Protokoll erklärten weiteren Beschwerde. Sie will die Entlassung des Betreuers erreichen und wendet sich gegen die Begutachtung durch den Sachverständigen, der sie zu Unrecht für krank halte.
Hinsichtlich des Antrags der Betroffenen vom 30.3.1998 auf Entlassung des Betreuers liegt noch keine Entscheidung vor.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel (§ 20 Abs. 1, § 27 Abs. 1 FGG) hat Erfolg, weil das Landgericht wesentliche Verfahrensvorschriften mißachtet hat.
1. Gemäß § 69i Abs. 6 FGG gelten für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers die Vorschriften für die erstmalige Entscheidung entsprechend. Damit sind in einem solchen Fall die vollen Verfahrensgarantien wie bei erstmaliger Betreuerbestellung zu gewähren (Damrau/Zimmermann FGG 2. Aufl. § 69i Rn. 16).
a) Wie bereits das Amtsgericht hat auch die Beschwerdekammer der Betroffenen keinen Verfahrenspfleger bestellt und damit gegen § 67 FGG verstoßen.
Jedenfalls nach § 67 Abs. 1 Satz 1 FGG war zur Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen sowohl im amtsgerichtlichen als auch im Beschwerdeverfahren (Damrau/Zimmermann FGG § 67 Rn. 10 e m.w.N.) die Bestellung eines Verfahrenspflegers geboten.
Zwar ist auch in dem landgerichtlichen Beschluß die auf der ärztlichen Begutachtung beruhende Feststellung enthalten, die Fähigkeit der Betroffenen, hinsichtlich ihres Aufenthalts eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen, sei infolge ihrer Erkrankung ausgeschlossen. Daraus kann aber noch nicht ohne weiteres geschlossen werden, die Betroffene sei i. S. des § 68 Abs. 2 Nr. 2 FGG „offensichtlich nicht in der Lage, ihren Willen kundzutun.”
Waren somit die besonderen gesetzlichen Voraussetzungen für eine – zwingende – Verfahrenspflegerbestellung nach § 67 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 68 Abs. 2 Nr. 2 FGG zwar noch nicht gegeben, so macht diese Beeinträchtigung im Bereich der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen doch deutlich, daß gerade auch deswegen ihre Interessen die Bestellung eines Verfahrenspflegers erforderten. Andernfalls war die Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen – wie hier tatsächlich geschehen – entgegen § 67 Abs. 1 Satz 1 FGG vor dem Landgericht objektiv nicht gewährleistet (BayObLG FamRZ 1993, 1110).
b) Dies gilt um ...