Leitsatz (amtlich)
I. Der Strafsenat bleibt für die Entscheidung über die Kostenbeschwerde auch nach Abschluss des Revisionsverfahrens jedenfalls dann zuständig, wenn er die Kostenbeschwerde bei der Revisionsentscheidung übersehen hat und der Angeklagte die Anhörungsrüge gem. § 33a Satz 1 StPO innerhalb der Frist des § 356a Satz 2 StPO erhoben hat.
II. Der Angeklagte hat nicht die vollen im Berufungsverfahren angefallenen Gerichtskosten und notwendigen Auslagen zu tragen, wenn das Berufungsgericht unter Verwerfung der weitergehenden Berufung des Angeklagten den erstinstanzlichen Schuldspruch von Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Bedrohung in zwei tateinheitlichen Fällen auf fahrlässigen Vollrausch geändert und die erstinstanzlich verhängte Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 35 € auf 60 Tagessätze zu je 40 € ermäßigt sowie eine Ratenzahlung bewilligt hat.
III. Im Rahmen des § 473 Abs. 4 StPO, einer Regelung mit Ausnahmecharakter, ist nicht allein entscheidend, ob der Angeklagte die angefochtene Entscheidung hingenommen hätte, wenn sie entsprechend der neuen Entscheidung gelautet hätte, sondern wesentlich auch das Maß des erreichten Teilerfolges.
Normenkette
StGB §§ 20-21, 323a; StPO § 33a S. 1, § 304 Abs. 3, § 356a S. 2, § 464 Abs. 3 S. 3, § 473 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Entscheidung vom 11.07.2023) |
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 06.05.2024; Aktenzeichen 8 NBs 801 Js 24627/22) |
Tenor
I. Auf die Anhörungsrüge des Verurteilten wird das Verfahren wegen einer entscheidungserheblichen Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör insoweit in die Lage vor Erlass des Beschlusses des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 6. Mai 2024 zurückversetzt, als eine Entscheidung über die vom Angeklagten erhobene sofortige Beschwerde gegen die im Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. Oktober 2023 enthaltene Kostenentscheidung unterblieben ist.
II. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird die im Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. Oktober 2023 unter Ziffer 4 des Tenors enthaltene Kostenentscheidung geändert und wie folgt neu gefasst:
Die durch die Berufung der Staatsanwaltschaft entstandenen ausscheidbaren Kosten und ausscheidbaren notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.
Im Übrigen hat der Angeklagte die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit der Maßgabe, dass die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren um ein Drittel ermäßigt wird und die gerichtlichen Auslagen für die Berufungsinstanz dem Angeklagten nur zu zwei Drittel auferlegt werden. Die Staatskasse hat ein Drittel der dem Angeklagten in der Berufungsinstanz entstandenen übrigen notwendigen Auslagen zu erstatten.
III. Die weitergehende sofortige Beschwerde des Verurteilten wird als unbegründet verworfen.
IV. Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird um ein Drittel ermäßigt. Die notwendigen Auslagen des Verurteilten im Beschwerdeverfahren werden zu einem Drittel der Staatskasse auferlegt.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Nürnberg hat den Angeklagten mit Urteil vom 11.07.2023 wegen Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Bedrohung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 35 € verurteilt.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Urteil vom 11.10.2023 auf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft hin das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 11.07.2023 insoweit abgeändert, als der Angeklagte wegen fahrlässigen Vollrausches zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 € - unter Bewilligung einer Ratenzahlung - verurteilt wurde. Die weitergehenden Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten hat es als unbegründet verworfen.
In Ziffer 4 des Tenors hat das Berufungsgericht entschieden, dass der Angeklagte die Kosten des Berufungsverfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen habe. Die durch die Berufung der Staatsanwaltschaft entstandenen ausscheidbaren Kosten und ausscheidbaren Auslagen des Angeklagten sind der Staatskasse auferlegt worden.
Am 11.10.2023 haben der Angeklagte und sein Verteidiger zur Niederschrift des Landgerichts Nürnberg-Fürth gegen die Kostenentscheidung des Berufungsurteils sofortige Beschwerde und gegen das Berufungsurteil Revision eingelegt. Der Verteidiger hat mit Schreiben vom 17.10.2023 die Revision und mit Schreiben vom 02.01.2024 die Kostenbeschwerde begründet.
Mit Beschluss vom 06.05.2024 hat der Senat gemäß Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München vom 11.04.2024 die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.10.2023 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen
Mit Schreiben seines Verteidigers vom 12.05.2024, hier eingegangen am 13.05.2024 rügt der Angeklagte eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs, weil sich der Senat in seinem Beschluss vom 06.05.2024 nicht mit der gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth eingelegten sofortigen Beschwerde auseinandergesetzt habe.
II.
Auf die zulässig erhobene Anh...