Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Zustimmungsbedürftigkeit einer Erstveräußerung einer Hausmeisterwohnung

 

Verfahrensgang

LG München II (Entscheidung vom 14.07.1987; Aktenzeichen 6 T 557/87)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 werden der Beschluß des Landgerichts München II vom 14. Juli 1987 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Garmisch-Partenkirchen vom 10. Februar 1987 aufgehoben.

 

Gründe

I.

Durch Teilungserklärung vom 1.12.1982 bildete die Beteiligte zu 1 Wohnungseigentum. In § 2 Abs. 2 der mit der Teilungserklärung verbundenen Gemeinschaftsordnung (GO) ist bestimmt, daß die Wohnung Nr. 6 zur Benutzung als Hausmeisterwohnung zur Verfügung zu stellen ist und nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer verkauft werden darf. Mit Vertrag vom 19.12.1984 veräußerte die Beteiligte zu 1 die Wohnung Nr. 6 an die Beteiligte zu 2.

Die Beteiligten haben die Eintragung der Auflassung beantragt. Das Amtsgericht hat durch Zwischenverfügung vom 10.2.1987 beanstandet, daß die Zustimmung aller Wohnungseigentümer in grundbuchrechtlicher Form fehle. Die Erinnerung/Beschwerde der Beteiligten hat das Landgericht durch Beschluß vom 14.7.1987 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.

II.

Das Rechtsmittel ist begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Ein Regelfall, in dem der teilende Grundstückseigentümer bei der Erstveräußerung nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedürfe, liege nicht vor. Denn die Gemeinschaftsordnung enthalte für die Wohnung Nr. 6 eine ausdrückliche und eingehende Sonderregelung, die durch den Kaufvertrag nicht uneingeschränkt gewährleistet werde. Der Grundstückseigentümer habe sich durchaus der Veräußerungsbeschränkung unterwerfen wollen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Der landgerichtliche Beschluß verstößt gegen § 77 GBO. Nach dieser Vorschrift ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts mit Gründen zu versehen. Sie müssen ersichtlich machen, welche Tatsachen festgestellt sind und dem Gericht der weiteren Beschwerde eine Nachprüfung der Entscheidung in rechtlicher Hinsicht ermöglichen. Diese Prüfung hat sich von Amts wegen sowohl auf das Verfahren als auch auf das materielle Recht zu erstrecken (§ 78 Satz 1 GBO). Die Begründung der Entscheidung muß deshalb eine vollständige, klare Sachdarstellung und die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts unter Würdigung des Vorbringens der Beteiligten enthalten sowie die Rechtsanwendung auf den festgestellten Sachverhalt darstellen (Horber/Demharter GBO 17. Aufl. § 77 Anm. 13; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann – KEHE – Grundbuchrecht 3. Aufl. § 77 RdNr. 20; vgl. BayObLGZ 1986, 218/219 f.; Senatsbeschluß vom 1.4.1987 BReg. 2 Z 46/86).

Im vorliegenden Fall fehlt eine Darstellung des Sachverhalts und damit der vom Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen. Dieser Verfahrensmangel führt aber hier nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Denn das Rechtsbeschwerdegericht kann im vorliegenden Fall den vom Landgericht seiner Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalt zweifelsfrei aus den Akten entnehmen (Horber/Demharter § 77 Anm. 13a).

b) Der vom Landgericht zugrundegelegte Sachverhalt rechtfertigt die Zwischenverfügung nicht.

Die Wirksamkeit der Auflassung der Eigentumswohnung Nr. 6 ist nicht gemäß § 2 Abs. 2 GO, § 12 Abs. 3 Satz 1 WEG von der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer abhängig. Die im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums eingetragene Veräußerungsbeschränkung unterliegt wie alle Grundbucheintragungen der selbständigen Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht (BGHZ 59, 205/209; BayObLGZ 1977, 226/230; BayObLG Rpfleger 1987, 16; Horber/Demharter § 78 Anm. 4 b). Die Auslegung ergibt, daß die erstmalige Veräußerung der Wohnung durch den teilenden Grundstückseigentümer nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß ein im Grundbuch eingetragenes Erfordernis der Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums nicht für den Fall der Erstveräußerung durch den Grundstückseigentümer gilt, der Wohnungseigentum im Weg der Vorratsteilung gemäß § 8 WEG bildet (BayObLG Rpfleger 1983, 350; BayObLGZ 1986, 380/381; Horber/Demharter Anhang zu § 3 Anm. 3 d bb). Begründet wird diese einschränkende Auslegung damit, daß nicht davon ausgegangen werden kann, der teilende Grundstückseigentümer habe auch sich selbst bei der Erstveräußerung des von ihm geschaffenen Wohnungseigentums dem von ihm aufgestellten Zustimmungserfordernis gemäß § 12 WEG unterwerfen wollen.

Diese Begründung trifft auch im vorliegenden Fall zu. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Grundstückseigentümer habe sich bei der Erstveräußerung der Hausmeisterwohnung durch die Notwendigkeit der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer binden wollen. Für die Auslegung von Inhalt und Umfang des Zustimmungser...

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