Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeitsbestimmung für das Adoptionsverfahren hinsichtlich eines deutsch-kroatischen Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts für das Adoptionsverfahren hinsichtlich eines deutsch-kroatischen Kindes einer jetzt deutschen, ehemals kroatischen Mutter durch ihren kroatischen Ehemann.

 

Normenkette

EGBGB Art. 14 Abs. 1 Nr. 1, Art. 22-23; AdWirkG § 5 Abs. 1 S. 1; FGG § 43b Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 27.08.2004; Aktenzeichen 721 AR 05946/04)

AG Passau (Beschluss vom 12.08.2004; Aktenzeichen 1-XVI 0015/04)

 

Tenor

Zuständig ist das AG München.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und zu 3) haben am 4.9.1999 als kroatische Staatsangehörige die Ehe geschlossen.

Der Beteiligte zu 1), der nach wie vor kroatischer Staatsangehöriger ist, beantragt die Adoption der 1998 geborenen Tochter seiner Ehefrau. Die Mutter des Kindes hat am 6.8.2002 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Das Kind hat sowohl die deutsche als auch die kroatische Staatsangehörigkeit.

Der Beteiligte zu 1) hat beim AG Passau, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz hat, einen am 17.2.2004 notariell beurkundeten Adoptionsantrag anhängig gemacht. Das VormG Passau hat mit Beschluss v. 12.8.2004 das Verfahren an das VormG München abgegeben unter Hinweis auf dessen ausschließliche Zuständigkeit, da ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen. Das AG München - VormG - hat sich mit Beschluss v. 27.8.2004 für unzuständig erklärt und die Übernahme des Verfahrens abgelehnt unter Hinweis auf die ausschließliche Anwendbarkeit von deutschem Recht. Das AG Passau hat das Verfahren zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts dem BayObLG vorgelegt.

II.1. Das BayObLG ist zur Entscheidung berufen. Es handelt sich um eine Vorlage nach § 5 FGG, die das BayObLG gem. § 199 Abs. 2 S. 2, Abs. 1 FGG i.V.m. Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG zu entscheiden hat, denn die beteiligten AG haben ihren Sitz in verschiedenen LGbezirken, allerdings im selben OLG-Bezirk (BayObLG v. 12.1.1989 - BReg. 3Z 111/88, BayObLGZ 1989, 1).

2. Örtlich zuständig ist das AG München.

Die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes richtet sich, wenn ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, nach § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 des Adoptionswirkungsgesetzes v. 5.11.2001 (AdWirkG). Die Anwendung von ausländischen Sachvorschriften wiederum ist anhand des in Art. 22 EGBGB normierten Adoptionsstatuts zu ermitteln. Die vorliegend beantragte Einzeladoption durch nur einen Ehegatten (von Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 8 Rz. 143) unterliegt gem. Art. 22 Abs. 1 S. 2 EGBGB dem Ehewirkungsstatut nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB. Da beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung am 4.9.1999 kroatische Staatsangehörige waren, wird in Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB im Wege der Gesamtverweisung auf das gemeinsame kroatische Heimatrecht verwiesen. Das kroatische Recht nimmt in Art. 36 des Gesetzes Nr. 43 Pos 525 v. 15.7.1982 über die Regelung der Kollision von Gesetzen mit den Vorschriften anderer Staaten in bestimmten Verhältnissen (kroatisches IPR-Gesetz) diese Verweisung an mit der Folge, dass für die allgemeinen Wirkungen der Ehe der Beteiligten zu 1) und zu 3) kroatisches Recht Anwendung findet. Hierbei ist es ohne Bedeutung, dass die Beteiligte zu 3) am 6.8.2002 und damit nach der Eheschließung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat: denn im Interesse der Kontinuität des Ehewirkungsstatuts gilt, wenn die Ehegatten zunächst während der Ehe eine gemeinsame Staatsangehörigkeit besessen haben, das frühere gemeinsame Heimatrecht solange weiter - selbst wenn ein Ehegatte diese Staatsangehörigkeit später aufgibt - wie der andere Ehegatte diese Staatsangehörigkeit behält (Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl,. Art. 14 EGBGB Rz. 7).

Das kroatische Recht nimmt in Art. 44 Abs. 1, Art. 45 des kroatischen IPR- Gesetzes diese Gesamtverweisung an, indem es auf das Heimatrecht des Annehmenden und des Angenommenen zum Zeitpunkt der Annahme abstellt.

Die Annahme als Kind selbst ist im kroatischen Recht in den Art. 122 ff. des Familiengesetzes v. 16.12.1998 geregelt.

Da also im vorliegenden Fall ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, ist gem. § 43b Abs. 2 S. 2 FGG, § 5 Abs. 1 S. 1 AdWirkG das AG

I. VormG - am Sitz des OLG örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Annehmende seinen Wohnsitz hat, hier also das AG München und nicht das AG Passau.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1311090

FamRZ 2005, 921

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