Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 02.11.2017)

LG Regensburg (Entscheidung vom 02.07.2021; Aktenzeichen SR StVK 547/20)

 

Tenor

  1. Dem Strafgefangenen B... wird, ohne hierfür Kosten zu erheben, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 2. Juli 2021 gewährt.
  2. Dem Strafgefangenen B... wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
  3. Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen B... werden der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 2. Juli 2021 und der Bescheid der Justizvollzugsanstalt Straubing vom 15. Juni 2020 aufgehoben.
  4. Die Justizvollzugsanstalt Straubing wird verpflichtet, den Beschwerdeführer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu verbescheiden.
  5. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die Staatskasse.
  6. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500,00 Euro festgesetzt.
 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 16.11.20.. in Haft, seit 22.11.20.. in der Justizvollzugsanstalt Straubing. Er verbüßt aktuell eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes gemäß Urteil des Landgerichts München I vom 2.11.2017, in dem die besondere Schwere der Schuld festgestellt worden ist. Die Mindestverbüßungsdauer ist noch nicht festgestellt worden. 15 Jahre der Freiheitsstrafe werden am 7.11.20.. verbüßt sein.

Am 25.5.2020 hat der Beschwerdeführer die erstmalige Ausführung zum Erhalt der Lebenstüchtigkeit im Jahr 2020 beantragt. Die Justizvollzugsanstalt Straubing hat diesen Antrag mit Bescheid vom 15.6.2020 abgelehnt. Dabei ist sie davon ausgegangen, dass der Ausführung zwar keine Flucht- und/oder Missbrauchsbefürchtungen entgegenstehen, denen nicht mit entsprechenden Maßnahmen begegnet werden könnten. Sie hat aber aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geschlossen, dass bei Gefangenen mit einer Haftdauer von erst wenigen Jahren bis zu einem gewissen Zeitpunkt der Erhalt der Lebenstüchtigkeit auch mit anderen Maßnahmen als Ausführung erreicht werden könne. Das sei bei dem seit dreieinhalb Jahren inhaftierten Beschwerdeführer der Fall, weil er über stabile soziale Kontakte zu seinen in Niedersachsen lebenden Angehörigen und Bekannten pflege und in der Vollzugsanstalt die angebotenen Freizeitangebote wahrnehme. Derzeit seien bei ihm auch keine tatsächlich eingetretenen Haftschäden feststellbar.

Gegen den Bescheid vom 15.6.2020 hat der Beschwerdeführer zur Niederschrift des Amtsgerichts Straubing vom 1.7.2020 Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109 ff. StVollzG gestellt mit dem Ziel, die Justizvollzugsanstalt Straubing zu verpflichten, gemäß seinen Antrag vom 25.5.2020 zu entscheiden. Mit Schreiben vom 9.9.2020 hat er die bei der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing zuständige Richterin am Amtsgericht G... wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Diese hat hierzu am 11.9.2020 eine dienstliche Stellungnahme abgegeben. Diese Stellungnahme ist von der Strafvollstreckungskammer erst mit Verfügung vom 11.5.2021 an den Beschwerdeführer und die Justizvollzugsanstalt Straubing zur weiteren Stellungnahme übersandt worden. In dem dazwischen liegenden Zeitraum ist das Verfahren von der Strafvollstreckungskammer nicht bearbeitet worden.

Nachdem die Strafvollstreckungskammer durch Richter am Amtsgericht Dr. G... mit Beschluss vom 29.6.2021 den Ablehnungsantrag des Beschwerdeführers vom 9.9.2020 zurückgewiesen hatte, hat die Strafvollstreckungskammer durch Richterin am Amtsgericht G... mit Beschluss vom 2.7.2021 den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung vom 1.7.2020 als unbegründet zurückgewiesen. Die Ermessensentscheidung der Vollzugsanstalt sei fehlerfrei. Zu Recht habe sie hierbei geprüft, ob bei dem erst seit dreieinhalb Jahren inhaftierten Beschwerdeführer Anzeichen von eingetretenen Haftschäden erkennbar seien und ob der Erhalt seinen Lebenstüchtigkeit noch auf andere Art und Weise als durch Ausführung gewährleistet werden könne. Das sei aufgrund seiner stabilen sozialen Kontakte zu Angehörigen und Bekannten sowie der Teilnahme an der Bastelgruppe und der Möglichkeit zur Nutzung weiterer Freizeitangebote in der Anstalt der Fall. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, dass die Justizvollzugsanstalt pauschal die Ablehnung der Ausführung darauf gestützt habe, dass derzeit keine Haftschäden feststellbar seien.

Der Beschluss vom 2.7.2021 ist dem Beschwerdeführer am 6.7.2021 zugestellt worden. Zur Niederschrift des Amtsgerichts Straubing vom 18.8.2021 beantragt der Beschwerdeführer bezüglich des Beschlusses vom 2.7.2021 für die Rechtsbeschwerdeinstanz die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts seiner Wahl sowie die Wiedereinse...

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