Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeld und Feststellung
Verfahrensgang
AG Wolfratshausen (Aktenzeichen 3 UR II 10/94) |
LG München II (Aktenzeichen 8 T 7604/94) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 28. September 1995 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Auf die Anschlußbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 31. Oktober 1994 wie folgt abgeändert:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin ein Schmerzensgeld von 1 000 DM zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß der Antragsgegner der Antragstellerin 1/4 des künftigen Schadens zu ersetzen hat, der dieser als Folge des Sturzes vom 8. Juli 1993 auf der Treppe ihrer Wohnung noch entsteht.
Der Geschäftswert wird auf 13 500 DM festgesetzt.
III. Im übrigen werden die Anträge der Antragstellerin, ihre sofortige Beschwerde und ihre sofortige weitere Beschwerde sowie die Anschlußbeschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.
IV. Von den Gerichtskosten des gesamten Verfahrens haben die Antragstellerin 3/4, der Antragsgegner 1/4 zu tragen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird für keinen Rechtszug angeordnet.
V. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10 500 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist die Eigentümerin einer im Hochparterre liegenden Wohnung einer Wohnanlage, die von dem Antragsgegner verwaltet wird. Wegen eines am 8.7.1993 erlittenen Unfalls auf der Treppe zu ihrer Wohnung macht sie Ansprüche gegen den Verwalter geltend.
Die Wohnanlage wurde in den Jahren 1991/92 von dem früheren Grundstückseigentümer errichtet. Auf Grund finanzieller Schwierigkeiten führte dieser Restarbeiten nicht mehr aus und überließ die Fertigstellung den Wohnungseigentümern.
Die Wohnung der Antragstellerin verfügt über einen eigenen Hauseingang. Vom Garten führen entlang der Hauswand drei Treppenstufen auf ein etwa 50 cm hohes Podest. Dieses schließt an die Haustür zur Wohnung der Antragstellerin an. Der Bauplan sah ein Geländer an der Außenseite des Podestes und entlang der Treppenstufen vor; dieses wurde nicht mehr errichtet. Die Antragstellerin erwartete, daß das Geländer auf Kosten der Wohnungeigentümer angebracht werde. Vor ihrem Einzug in die Wohnung wurde sie darauf hingewiesen, daß sie die Wohnung auf eigenes Risiko benutze, da Restarbeiten noch zu erledigen seien.
Mit einem auf einer Eigentümerversammlung im Dezember 1992 gefaßten Beschluß beauftragten die Wohnungseigentümer den Verwalter, die Restarbeiten in Auftrag zu geben, die Gelder hierfür seien von den Wohnungseigentümern auf das Gemeinschaftskonto zu leisten.
Nach Zuleitung des Protokolls über die Eigentümerversammlung teilte ein Wohnungseigentümer dem Antragsgegner mit, er werde den Eigentümerbeschluß anfechten. Auf Nachfragen wurde dem Antragsgegner von dem zuständigen Amtsgericht im Februar 1993 und einige Zeit später mitgeteilt, ein Anfechtungsverfahren sei nicht bekannt.
Im Mai 1993 ließ der Antragsgegner einen Kostenvoranschlag für das Geländer erstellen. Das Kostenangebot der Schlosserfirma datiert vom 12.5.1993. Am 26.6.1993 erteilte der Antragsgegner Auftrag zur Fertigung und Anbringung des Geländers. Die Erledigung der Arbeiten war von dem beauftragten Unternehmen bis Ende September 1993 vorgesehen.
Am Vormittag des 8.7.1993 – vor Anbringung des Geländers – wollte die damals 71jährige Antragstellerin die drei Treppenstufen hinuntergehen. Dabei stürzte sie und zog sich einen Bruch des rechten Unterarms und einen Abriß des Griffelfortsatzes zu. Sie war noch Ende 1994 nicht in der Lage, mit der rechten Hand zuzugreifen, konnte keine Faust formen und besaß in der rechten Hand keine Kraft.
Vom Antragsgegner verlangt sie ein angemessenes Schmerzensgeld, das sie in erster Instanz mit mindestens 9 000 DM beziffert hat; ferner beantragt sie festzustellen, daß der Antragsgegner verpflichtet ist, den gesamten künftigen Schaden, der ihr aus dem Treppensturz noch entsteht, zu ersetzen. Sie macht geltend, sie wäre nicht gestürzt, wenn der Antragsgegner rechtzeitig ein Treppengeländer hätte anbringen lassen.
Der Antragsgegner tritt den Anträgen der Antragstellerin entgegen. Er bestreitet, daß das fehlende Geländer ursächlich für den Unfall war. Außerdem habe ein Wohnungseigentümer erst im Juli 1993 Zahlung für die Restarbeiten geleistet, so daß er vorher nicht zur Vergabe der Restarbeiten verpflichtet gewesen sei. Der Architekt habe ihm erklärt, die Anbringung eines Geländers sei nicht erforderlich. Die Antragstellerin habe er mehrfach aufgefordert, auf eigene Kosten an der Hauswand einen Handlauf anbringen zu lassen; dies habe sie nach dem Unfall auch getan. Der geforderte Schmerzensgeldbetrag sei zu hoch. Die Antragstellerin treffe jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden, da sie, wie ihr mehrfach gesagt worden sei, auf eigenes Risiko die Wohnung bezogen habe.
Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 31.10.1994 den Antragsgegner verurteilt, an ...