Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Allein dieabstrakte Gefahr einer Kollision der Interessen des Betroffenen mit denen der als Betreuer in Betracht kommenden Person, schließt deren Bestellung zum Betreuer nicht aus.

2. Die Entfernung des Wohnsitzes des Betreuers von des Betreuten kann die Bestellung eines weiteren Betreuers rechtfertigen.

 

Normenkette

BGB § 1897 Abs. 5, § 1899

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Urteil vom 31.01.2000; Aktenzeichen 32 T 117/00)

AG Amberg (Urteil vom 04.06.1999; Aktenzeichen 1 XVII 103/99)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Amberg vom 31. Januar 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht bestellte am 4.6.1999 für die Betroffene deren Tochter W. zur Betreuerin für alle Angelegenheiten einschließlich Entgegennahme und Öffnen der Post und am 10.11.1999 deren Cousine J. zur weiteren Betreuerin mit dem gleichen Aufgabenkreis, wobei es bestimmte, daß die Betreuerinnen berechtigt sind, jeweils allein die Angelegenheiten der Betroffenen zu besorgen. Die Beschwerde der Beteiligten, einer weiteren Tochter der Betroffenen, gegen die beiden Beschlüsse des Amtsgerichts wies das Landgericht am 31.1.2000 zurück. Hiergegen wendet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 69g Abs. 1 FGG), aber nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die zulässigen Rechtsmittel gegen die amtsgerichtlichen Beschlüsse seien nicht begründet. Gegen die Anordnung der Betreuung wende sich die Beteiligte nicht. Die Auswahl der Tochter W. als Betreuerin sei nicht zu beanstanden. Als naher Angehöriger sei ihr gegenüber fremden Personen der Vorrang zu geben. Die Betroffene habe gegen sie keine Einwände erhoben. Die Tatsache, daß sie aufgrund einer gewissen räumlichen Entfernung nicht Tag und Nacht für die Betreute sorgen könne, stehe spätestens seit der Bestellung einer weiteren Betreuerin nicht mehr entgegen. Soweit die Beschwerdeführerin vortrage, zwischen ihr und ihrer Schwester W. bestünden gespannte Verhältnisse, erscheine dies nicht geeignet, Zweifel an deren Eignung als Betreuerin zu begründen. Auch die Tatsache, daß die Tochter W. zusammen mit der Betreuten Miterbin des mittlerweile verstorbenen Ehemannes der Betreuten sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß sie ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß und unter Vernachlässigung der Interessen der Betreuten ausüben werde. Ferner sei zu berücksichtigen, daß die Betroffene offensichtlich die Betreuung durch ihre Tochter W. positiv empfinde. Auch die Bestellung von J. als weiterer Betreuerin, weil die Tochter W. nicht am Ort wohne und die vor Ort anfallenden Gelegenheiten unverzüglich erledigt werden sollten, sei nicht zu beanstanden. Hinsichtlich ihrer Auswahl seien keine Bedenken ersichtlich. Zu berücksichtigen sei hierbei letztlich auch, daß die Beschwerdeführerin die weitere Betreuerin J. ursprünglich selbst als geeignet angesehen habe. Daß nunmehr Bedenken bestünden, habe die Beschwerdeführerin nicht vorgetragen; auch die Beschwerdekammer habe insoweit keine negativen Erkenntnisse.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

Die der Würdigung des Landgerichts zugrunde liegenden Tatsachen sind verfahrensfehlerfrei ermittelt. Der Senat ist daher an die Feststellungen des Landgerichts gebunden (vgl. BayObLGZ 1999, 17/20). Soweit die Beteiligte behauptet, sie sei vor der Bestellung von W. nicht angehört worden, kann dies dahinstehen, da die Beteiligte im Beschwerde verfahren Gelegenheit hatte, ihre Einwände vorzutragen.

a) Bestellung der Betreuerin W.

aa) Ist ein Betroffener krankheitsbedingt nicht in der Lage, zur Auswahl des Betreuers seinen Willen erkennbar kundzutun, ist bevorzugt auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen Rücksicht zu nehmen (§ 1897 Abs. 5 BGB). Auch bei den danach in Betracht kommenden Personen muß jedoch gewährleistet sein, daß sie in den gerichtlich bestimmten Aufgabenkreisen die Angelegenheiten des Betreuten besorgen und ihn hierbei im erforderlichen Umfang persönlich betreuen können. Sämtliche für und wider die Bestellung sprechenden Gesichtspunkte sind abzuwägen, wobei insbesondere zu bedenken ist, daß Angehörige die Bedürfnisse und das Äußerungsverhalten eines Betroffenen vielfach besser kennen als fremde Personen. Ausschlaggebend bleibt jedoch das Wohl des Betroffenen. Deshalb hat sich das Vormundschaftsgericht maßgeblich von der Frage leiten zu lassen, durch wen die bestmögliche Kombination von persönlicher Betreuung und Besorgung der Angelegenheiten des Betroffenen gewährleistet wird (BayObLG FamRZ 1996, 507; 1999, 51).

bb) Die Beurteilung der Geeignetheit und die Ausübung des Auswahlermessens durch den Tatrichter können vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG; BayObLG aaO m.w.N.).

(1) Eine solche Beur...

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