Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestellung eines weiteren selbständigen Betreuers ist zulässig, wenn der Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist oder ein Interessenkonflikt nicht ausgeschlossen werden kann.
2. Wird die Betreuungsbehörde zum Betreuer bestellt, muß in der landgerichtlichen Entscheidung nachvollziehbar dargelegt werden, daß keine natürliche Person und kein Betreuungsverein als Betreuer gefunden werden konnte.
Normenkette
BGB §§ 1899, 1900 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 03.03.1998; Aktenzeichen 13 T 755/98) |
AG Erlangen (Entscheidung vom 19.01.1998; Aktenzeichen 3 XVII 654/92) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3. März 1998 und der des Amtsgerichts Erlangen vom 19. Januar 1998 werden aufgehoben, soweit sie die Auswahl des Betreuers betreffen.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Erlangen zurückverwiesen.
III. Im übrigen wird die weitere Beschwerde des Betreuers gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3. März 1998 zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Am 19.1.1998 bestimmte das Amtsgericht als weitere Betreuerin für den Betroffenen die Betreuungsstelle des Landratsamts mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge und Vertretung beim Abschluß einer Pflegevereinbarung mit den Eltern und dem Bruder des Betroffenen und übertrug insoweit die Postkontrolle auf die weitere Betreuerin.
Die Aufgabenkreise des Vaters des Betroffenen als bisherigem alleinigen Betreuer wurden im gleichen Umfang eingeschränkt.
Auf die vom bisherigen Betreuer eingelegte Beschwerde hob das Landgericht am 3.3.1998 die Bestellung der weiteren Betreuerin für den Aufgabenkreis Vermögenssorge und die Übertragung der Postkontrolle auf und übertrug diesen Aufgabenkreis und die Postkontrolle erneut auf den bisherigen Betreuer. Im übrigen wies das Landgericht das Rechtsmittel zurück.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der bisherige Betreuer, soweit die Bestellung der weiteren Betreuerin aufrechterhalten wurde, mit der sofortigen Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das als weitere Beschwerde zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung bezüglich der Betreuerauswahl mit der Folge der Zurückverweisung zu erneuter Behandlung und Entscheidung dieser Frage. Im übrigen hat es keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat bezüglich der Aufrechterhaltung der weiteren Betreuung ausgeführt, das Amtsgericht habe zutreffend aus den dem Vater als Betreuer zugewiesenen Aufgabenkreis der Vermögenssorge den Wirkungskreis der Vertretung beim Abschluß einer Pflegevereinbarung mit den Eltern und dem Bruder des Betroffenen herausgenommen und diesen der Betreuungsstelle des Landratsamts als weiterer Betreuerin übertragen, weil insoweit der Vater als bisheriger Betreuer von dessen Vertretung ausgeschlossen sei. Da der Betroffene von seinen Eltern unter Mithilfe des Bruders gepflegt werde und die Eltern hierfür einen Teil der dem Betroffenen zukommenden Impfschadensrente beanspruchen, habe die weitere Betreuung abzuklären, ob und gegebenenfalls welche Pflegevereinbarung zwischen dem Betroffenen und seinen Eltern sowie dem Bruder geschlossen werden sollte.
2. Diese Ausführungen entsprechen bezüglich der Bestellung eines weiteren Betreuers der Rechtslage, nicht jedoch bezüglich dessen Auswahl (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 550 ZPO).
a) Als Ausnahme vom Grundsatz der Einzelbetreuung des § 1897 Abs. 1 BGB darf ein weiterer Betreuer nur dann bestellt werden, wenn die Angelegenheiten des Betreuten durch mehrere Betreuer besser besorgt werden können (§ 1899 Abs. 1 Satz 1 BGB), die Einwilligung zur Sterilisation in Frage steht (§ 1899 Abs. 2 BGB) oder der andere Betreuer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen verhindert ist (§ 1899 Abs. 4 BGB) (BayObLGZ 1997, 288/290). Rechtlich verhindert ist der Betreuer unter anderem dann, wenn er nach § 181 BGB oder nach § 1908i Abs. 1 BGB i.V.m. § 1795 BGB von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist (vgl. Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2. Aufl. § 1899 BGB Rn. 5; Knittel BtG § 1899 BGB Rn. 8; Bienwald Betreuungsrecht 2. Aufl. § 1899 BGB Rn. 5; Soergel/Damrau BGB 12. Aufl. § 1899 Rn. 5). In diesem Fall ist der weitere Betreuer gemäß § 1899 Abs. 4 BGB mit eigenem Aufgabenkreis in alleiniger Verantwortung zu bestellen (BayObLG a.a.O.).
b) Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Bestellung eines weiteren Betreuers für den ausgewählten Aufgabenkreis. Der Beschwerdeführer ist im bestimmten Aufgabenkreis der Vertretung beim Abschluß einer Pflegevereinbarung ausgeschlossen. Er ist als Vater an der Pflege des Betroffenen selbst maßgeblich beteiligt und beansprucht für diese Tätigkeit einen Teil der seinem Sohn zufließenden Impfschadensrente. Damit ist er von der Vertretung des Betroffenen beim Abschluß einer Pflegevereinbarung mit sich selbst ausgeschlossen (§ 1908i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1795 Abs. 2, § 181 BGB), da bei einer derartigen Vereinbarung eine Interessenkollision nicht auszuschließen...