Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohngeldforderung. Bestimmung des zuständigen Gerichts

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 23 O 10674/98)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 401/98)

 

Tenor

Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller, Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, machen gegen die Antragsgegnerin Wohngeldansprüche in Höhe von 11.793,70 DM geltend. Der zunächst beantragte Mahnbescheid wurde der Antragsgegnerin am 25.2.1997 zugestellt; nach deren Widerspruch gab das Amtsgericht das Verfahren an das im Mahnbescheid bezeichnete Landgericht ab. Mit Beschluß vom 12.5.1998 gab das Landgericht/Prozeßgericht die Sache zur Erledigung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit an das Amtsgericht ab, da Streitgegenstand Wohngeldansprüche einer Wohnungseigentümergemeinschaft seien. Der Beschluß wurde Antragstellern und Antragsgegnerin formlos mitgeteilt.

Mit Beschluß vom 25.5.1998 erklärte sich das Amtsgericht/Wohnungseigentumsgericht für unzuständig und gab die Akten an das Landgericht zurück, ohne den Beteiligten zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Das Wohnungseigentumsgericht sei nicht zuständig, da die Antragsgegnerin schon am 28.2.1997 durch Zwangsversteigerung ihrer Stellplätze aus der Gemeinschaft ausgeschieden sei. Der Verweisungsbeschluß vom 12.5.1998 sei weder rechtskräftig noch bindend. Laut Aktenvermerk wurde der Beschluß des Amtsgerichts am 16.6.1998 zum Zweck der Zustellung an die Post gegeben.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 1.7.1998 die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Der Abgabebeschluß vom 12.5.1998 sei selbst dann bindend, wenn er unrichtig sei. Dies sei aber nicht der Fall. Wohngeldansprüche seien nur dann vor den Prozeßgerichten geltend zu machen, wenn der in Anspruch genommene Schuldner vor Rechtshängigkeit aus der Gemeinschaft ausgeschieden sei. Hier sei die Antragsgegnerin erst am 28.2.1997 und damit nach Rechtshängigkeit der Ansprüche, die am 25.2.1997 eingetreten sei, ausgeschieden.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist als das gemeinsame obere Gericht in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit zwischen Prozeßgericht und Wohnungseigentumsgericht berufen (BayObLG WE 1997, 432 m.w.N.). Daran hat sich durch die seit dem 1.4.1998 geltende neue Fassung von § 36 ZPO und § 9 EGZPO nichts geändert.

2. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts liegen nicht vor.

a) Nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO wird das zuständige Gericht dann bestimmt, wenn sich die Gerichte, deren Zuständigkeit in Frage kommt, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Das für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 37 Abs. 1 ZPO erforderliche Gesuch liegt hier in der Vorlage durch das Landgericht.

b) Es fehlt an der rechtskräftigen Unzuständigerklärung des Landgerichts. Dessen Abgabebeschluß unterliegt gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG der sofortigen Beschwerde nach § 577 ZPO, da auf das Verhältnis von Prozeßgericht und Wohnungseigentumsgericht die Bestimmungen der §§ 17a, 17b GVG entsprechend anzuwenden sind (BGHZ 130, 159/163; BayObLGZ 1991, 186 ff.; 1998, Nr. 30; KG NJW-RR 1994, 208). Der Beschluß des Landgerichts hätte nach § 329 Abs. 3 ZPO den Parteien förmlich zugestellt werden müssen; die formlose Mitteilung des Beschlusses hat die Frist für die sofortige Beschwerde nach § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht in Gang gesetzt.

Bei einem nicht verkündeten Beschluß, der nach § 329 Abs. 3 ZPO zugestellt werden müßte, aber den Parteien nur formlos mitgeteilt wurde, beginnt in entsprechender Anwendung von § 516 ZPO die Frist für die sofortige Beschwerde fünf Monate nach formloser Bekanntgabe (BayObLG NJW-RR 1992, 597; 1994, 856). Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.

3. Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

a) Der Abgabebeschluß des Landgerichts vom 12.5.1998 hat mangels formeller Rechtskraft nicht zur Anhängigkeit des Verfahrens beim Amtsgericht/Wohnungseigentumsgericht geführt (§ 17b Abs. 1 Satz 1 GVG); er ist für dieses Gericht damit auch entgegen § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG, § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG nicht bindend (vgl. Thomas/Putzo ZPO 21. Aufl. Rn. 12, Zöller/Gummer ZPO 20. Aufl. Rn. 12, jeweils zu § 17a GVG). Damit konnte der Beschluß des Amtsgerichts vom 25.5.1998 keine Wirkung entfalten. Es kann dahingestellt bleiben, ob er auch wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) für das Landgericht nicht bindend geworden wäre (vgl. BayObLGZ 1986, 285/287 m.w.N.).

b) Zuständig zur Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche ist, wenn die Angaben des Amtsgerichts über die Zwangsversteigerung des Teileigentums der Antragsgegnerin am 28.2.1997 und über deren Eigentumsverlust zutreffen, das Landgericht als Prozeßgericht. Denn dann ist die Antragsgegnerin vor der Rechtshängigkeit der Wohngeldansprüche beim Wohnungseigentumsgericht aus der Gemeinschaft ausgeschieden. Bei diesem sind die Ansprüche bis ...

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