Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses über die Entfernung einer Parabolantenne

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 1 T 22156/97)

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 596/97)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 29. Mai 1998 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, deren Verwalterin die weitere Beteiligte ist.

Die Gemeinschaftsordnung lautet auszugsweise wie folgt:

§ 2 Abs. 1:

Die Wohnungen dürfen nur zu Wohnzwecken, nicht zu gewerblichen Zwecken benutzt werden. Nicht gestattet ist zum Beispiel die Einrichtung einer Werkstätte und die gewerbsmäßige Erteilung von Musikunterricht. Ausnahmen bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verwalters.

§ 2 Abs. 3:

Bauliche Änderungen an und in der Wohnung (Um-, An- und Einbauten), soweit dadurch das gemeinschaftliche Eigentum berührt wird, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verwalters. Das gleiche gilt für die Anbringung von Antennen. Bei Beseitigung baulicher Änderungen hat der Wohnungseigentümer auf seine Kosten den alten Zustand wiederherzustellen.

§ 5 Abs. 5:

Die Wohnungseigentümer dürfen an der äußeren Gestalt der Gebäude keine baulichen Änderungen vornehmen. …

§ 5 Abs. 7:

Für bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, gelten die Bestimmungen des § 22 WEG. Jedoch gilt folgende Ausnahme: Alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die bestehenden baulichen Anlagen und Einrichtungen des gemeinschaftlichen Eigentums auf dem modernsten Stand der Technik zu erhalten und zu bringen, gehören in Abweichung von § 22 I WEG zu den Angelegenheiten der ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne von § 21 WEG.

Die Wohnanlage ist an das Breitbandkabelnetz angeschlossen über das etwa 30 Fernsehprogramme empfangen werden können. Der Ehemann der Antragstellerin ist Radio- und Fernsehtechnikermeister; er brachte an der Außenwand der Wohnung der Antragstellerin eine grün gestrichene Parabolantenne und eine Holzverblendung an.

Am 11.6.1997 beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 6, daß die Antragstellerin die Parabolantenne abzubauen habe.

Die Antragstellerin hat beantragt, unter anderem diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag am 18.11.1997 abgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin durch Beschluß vom 29.5.1998 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Antragstellerin sei zur Beseitigung der Parabolantenne verpflichtet, weil sie die nach der Gemeinschaftsordnung für die Anbringung erforderliche Zustimmung des Verwalters nicht habe. Auf die Frage, ob durch die Parabolantenne die Wohnanlage nachteilig optisch verändert werde, komme es nicht mehr an. Der Eigentümerbeschluß greife nicht in unzulässiger Weise in das Grundrecht auf Informationsfreiheit ein. Bei der Abwägung des entgegenstehenden Interesses der übrigen Wohnungseigentümer, Beeinträchtigungen des Miteigentums abzuwehren, sei zu berücksichtigen, daß es sich bei der Anbringung der Parabolantenne um einen nicht nur geringfügigen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum handele. Zudem sei zu berücksichtigen, daß durch den Anschluß an das Breitbandkabel etwa 30 Fernsehprogramme empfangen werden könnten. Damit sei die Informationsfreiheit gewährleistet. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, daß der Ehemann der Antragstellerin ein berufliches Interesse am Empfang ausschließlich über Satellit abgestrahlter Fernseh- und Hörfunksender habe. Das Grundrecht auf Informationsfreiheit schütze nicht die Befriedigung eines ausschließlich auf berufliche und geschäftliche Belange bezogenen Informationsinteresses. Wirtschaftliche Interessen hätten hinter den berechtigten Interessen der übrigen Wohnungseigentümer zurückzutreten.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die von dem Ehemann der Antragstellerin an der Außenseite des Gebäudes angebrachte Parabolantenne stellt eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar, die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgeht. Davon geht das Landgericht zutreffend aus. Dies wird von der Antragstellerin auch nicht in Frage gestellt und entspricht im übrigen der allgemeinen Meinung in der Rechtsprechung (vgl. z.B. BayObLGZ 1991, 296/298; BayObLG WuM 1995, 224/225; OLG ...

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