Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Anbringung einer Parabolantenne auf dem Balkon einer Eigentumswohnung als zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums.

2. Verfügt eine Wohnanlage über eine Gemeinschaftsempfangsanlage (Satellitenempfangsanlage), über die 17 Fernsehprogramme störungsfrei oder so gut wie störungsfrei sowie die über Ultrakurzwelle ausgestrahlten Rundfunkprogramme empfangen werden können, so gibt auch das Grundrecht der Informationsfreiheit einem Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht das Recht, ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer auf seinem Balkon eine Parabolantenne anzubringen. Dies gilt auch dann, wenn er sein Verlangen damit begründet, er lege Wert auf den störungsfreien Empfang aller (auch weiterer) Fernsehprogramme sowie der über Lang-, Mittel und Kurzwelle ausgestrahlten Rundfunkprogramme.

 

Normenkette

GG Art. 5 Abs. 1 S. 1, Art. 14 Abs. 1; WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 1, § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 05.08.1998; Aktenzeichen 1 T 1353/97)

AG München (Aktenzeichen UR II 801/96)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 5. August 1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus einem siebenstöckigen Haus bestehenden Wohnanlage; die weitere Beteiligte ist Verwalterin. Die Antragstellerin ließ auf dem Balkon ihrer im obersten Stockwerk gelegenen Wohnung eine Parabolantenne von 80 cm Durchmesser anbringen, die über die Brüstung des Balkons hinausragt. Die Wohnanlage verfügt über eine Gemeinschaftsantenne mit Satellitenempfang, über die 22 Fernsehprogramme und die UKW-Programme des Hörfunks empfangen werden können.

In der Eigentümerversammlung vom 23.7.1996 faßten die Eigentümer zu Tagesordnungspunkt 6: „Entfernung der Einzel-Satellitenschüsseln und Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Klageeinreichung bei Nichtbeseitigung” mit Stimmenmehrheit folgenden Beschluß:

Die Eigentümer, die ohne Genehmigung der Gemeinschaft Einzel-Satellitenschüsseln auf ihren Balkonen angebracht haben, sollen von der Verwaltung zur Beseitigung aufgefordert werden. Die Gemeinschaft beschließt, sollten die Satellitenschüsseln nicht beseitigt werden, die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Klageeinreichung auf Beseitigung der Satellitenschüsseln.

Die Antragstellerin hat beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Die Beseitigung der Satellitenschüssel (Parabolantenne) sei selbst wenn eine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung unterstellt werde – mit dem Grundrecht der Antragstellerin auf Informationsfreiheit nicht vereinbar, da sie ohne diese zahlreiche Fernsehprogramme gar nicht und im Hörfunk nur die UKW-Programme empfangen könne und die Qualität des Fernsehbildes im übrigen nicht hinnehmbar sei.

Die Antragsgegner haben Abweisung des Begehrens beantragt; sie haben Gegenantrag erhoben, daß die Antragstellerin verpflichtet werden soll, die auf dem Balkon ihrer Wohnung angebrachte Satellitenschüssel zu entfernen.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragstellerin mit Beschluß vom 27.12.1996 abgewiesen und die Antragstellerin antragsgemäß verpflichtet, die Satellitenschüssel zu entfernen. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde nach Erhebung von Sachverständigenbeweis über die Qualität des Gemeinschaftsempfangs mit Beschluß vom 5.8.1998 zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Eigentümerbeschluß vom 23.7.1996 entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, da die Antragstellerin mit der Anbringung der Satellitenschüssel eine unzulässige bauliche Veränderung vorgenommen habe. Zu Recht habe das Amtsgericht deshalb auch dem Gegenantrag stattgegeben und die Antragstellerin zur Beseitigung der Parabolantenne verpflichtet.

Bei dieser handle es sich im Hinblick auf die feste und dauerhafte Verbindung mit der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Balkonabmauerung um eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehe. Die Anbringung sei daher nur dann ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zulässig, wenn keinem von ihnen dadurch ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwachse. Nachteil in diesem Sinne sei auch eine nachteilige Veränderung des ästhetischen Gesamteindrucks der Anlage.

Die Kammer gelange aufgrund der vorgelegten Lichtbilder ebenso wie das Amtsgericht zu der Ansicht, daß die Parabolantenne der Antragstellerin eine solche Beeinträchtigung...

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