Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bewertung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks ist ein tatsächlich erzielter Kaufpreis jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn der Veräußerungszeitpunkt fast zwei Jahre nach dem Bewertungsstichtag liegt. Der Preis kann aber zur Begründung etwaiger Abschläge auf einen nach der vereinfachten Sachwertmethode geschätzten Verkehrswert herangezogen werden.
2. Für die Bewertung des Anteils an einer Kommanditgesellschaft ist das der zum Bewertungsstichtag zeitnächsten Bilanz zu entnehmende Aktivvermögen ohne Berücksichtigung von Gesellschaftsschulden maßgebend (vgl. BayObLG JurBüro 1990, 897). Das gilt auch für so genannte Verlustzuweisungsgesellschaften.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 08.12.2003; Aktenzeichen 7 T 2550/02) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 4267/99) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 8.12.2003 wird dahingehend abgeändert, dass der Geschäftswert für die Testamentseröffnung auf 13.610.088 DM (= 6.958.727 Euro) festgesetzt wird.
II. Im Übrigen werden die weiteren Beschwerden zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Erblasser starb am 19.11.1999. Seine Ehefrau wurde mit einem Vermächtnis durch Testament bedacht, aber nicht zur Erbin eingesetzt.
Die Beteiligten zu 2) und 3) wurden zu Testamentsvollstreckern berufen.
Gegen die ihnen erteilte Kostenrechnung legten die Beteiligten zu 2) und 3) Erinnerung ein. Das AG setzte mit Beschluss vom 5.9.2001 den Geschäftswert für die Testamentseröffnung auf 13.894 608 DM fest und wies im Übrigen die Erinnerung zurück.
Hiergegen legten die Beteiligten zu 2) und 3) Beschwerde ein. Auf das Rechtsmittel hat das LG am 8.12.2003 unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses vom 5.9.2001 den Geschäftswert auf 11.517 045,40 DM herabgesetzt und im Übrigen - unter Zulassung der weiteren Beschwerde - die Beschwerde zurückgewiesen.
Hiergegen richten sich die Rechtsmittel der Beteiligten.
Der Beteiligten zu 2) und 3) halten den Geschäftswert nach wie vor für überhöht und rügen die Bewertung zweier Grundstücke, einer Kommanditbeteiligung sowie die Nichtberücksichtigung einer angeblichen Zugewinnausgleichsverpflichtung.
Der Beteiligte zu 1) (Freistaat Bayern, Staatskasse) strebt eine Erhöhung der Geschäftswerte für die Testamentsverwahrungsgebühr auf 12 Mio. DM sowie für die Testamentseröffnungsgebühr auf 13.462.664,85 DM an. Er macht dabei einen Rechenfehler des LG, eine nach seiner Auffassung zu niedrige Bewertung dreier Kapitalbeteiligungen sowie eine zu Unrecht berücksichtigte Verbindlichkeit geltend.
II. 1. Die Rechtsmittel sind zulässig (§ 31 Abs. 3 S. 1, 2. Halbs., § 14 Abs. 3 S. 2 KostO). Das gilt auch für die von den Beteiligten zu 2) und 3) eingelegte weitere Beschwerde.
a) Für die Kosten, die durch die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen entstehen, haften nur die Erben (§ 6 S. 1 KostO). Demnach sind zur Anfechtung einer Geschäftswertfestsetzung für die Testamentseröffnungsgebühr grundsätzlich die Erben berechtigt (§ 102, § 103, § 31 Abs. 1, § 46 Abs. 4, § 31 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1, 2. Halbs., § 14 Abs. 5 S. 5 KostO, § 20 Abs. 1 FGG). Die genannten Kosten sind jedoch als Lasten anzusehen, die auf der Nachlassmasse selbst ruhen (vgl. Rohs/Wedewer, KostO, § 6 Rz. 2). Daher kann, wenn Testamentsvollstreckung angeordnet ist und dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses zusteht, der Testamentsvollstrecker die Geschäftswertfestsetzung jedenfalls dann anfechten, wenn die Kosten, wie hier, von ihm eingefordert wurden (§ 2213 Abs. 1 S. 1 BGB entsprechend).
b) Mehrere Testamentsvollstrecker führen das Amt gemeinschaftlich (§ 2224 Abs. 1 S. 1 BGB). Sie können nur gemeinsam Rechtsmittel einlegen (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 63. Aufl., § 2224 Rz. 1). Hier hat der Beteiligte zu 2) allein Beschwerde eingelegt. Darin kann jedoch ein Rechtsmittel beider Testamentsvollstrecker, vertreten durch den Beteiligten zu 2), gesehen werden. Ein Handeln im Namen des Mittestamentsvollstreckers und entsprechende, von diesem erteilte, Vollmacht kann den Umständen entnommen werden (§ 164 Abs. 1 S. 2, § 167 Abs. 1 BGB, § 13 S. 2 FGG). Der Beteiligte zu 2) hatte von Anfang an überwiegend den wesentlichen Schriftverkehr mit dem Nachlassgericht geführt und sich hierbei auch mehrfach eines Briefbogens bedient, auf welchem auch der andere Testamentsvollstrecker aufgeführt war. Auch dieser hat auf demselben Briefkopf wiederholt Schreiben an das Nachlassgericht gerichtet. Das deutet darauf hin, dass beide Testamentsvollstrecker als gegenseitig bevollmächtigt zu gelten haben, Erklärungen im Nachlassverfahren abzugeben.
Dementsprechend hat auch das Nachlassgericht überwiegend den Beteiligten zu 2) angeschrieben. Seine Bevollmächtigung zur Einlegung der weiteren Beschwerde auch für den Beteiligten zu 3) kann aus den Gesamtumständen geschlossen werden.
2. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist insoweit begründet, als dem LG ein Rechenfehler durch doppelten Ansatz einer kapitalisierten Unterhaltsverpflichtung unterlaufen ist und es ferner ...