Leitsatz (amtlich)

Ein Sachverständiger muss auch in einem gerichtlichen Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz jedenfalls dann das Gericht rechtzeitig darauf hinweisen, dass er eine fachkundige Hilfskraft zuziehen will, wenn er für die Hilfskraft gesonderte Aufwendungen in Rechnung stellen will und seine voraussichtliche Entschädigung durch diese Aufwendungen den Wert des Verfahrensgegenstands übersteigt.

 

Normenkette

KostO § 137 Nr. 6; ZSEG § 3 Abs. 1; ZPO § 407a Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Aktenzeichen 23 T 331/00)

AG Bad Kissingen (Aktenzeichen UR II 1/00)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Schweinfurt vom 26.3.2002 wird dahin abgeändert, dass der Kostenansatz des LG Schweinfurt vom 15.10.2001, Rechnungsdatum 7.11.2001, auf 4.374,40 DM berichtigt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin war ehemals Verwalterin des Wohnungseigentums der antragstellenden Gemeinschaft. Das AG verurteilte sie am 29.9.2000 antragsgemäß zur Zahlung eines Vorschusses von rd. 4.600 DM zum Einbau einer neuen Schließanlage, weil die Antragsgegnerin nicht alle vorhandenen Hauptschlüssel der neuen Verwalterin übergeben habe. Hiergegen legte die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde ein.

Das LG erhob gem. Beschluss vom 4.1.2001 Beweis zur Frage der Lebensdauer und des Zeitwerts der vorhandenen Schließanlage durch Erholung eines Sachverständigengutachtens. In dem gerichtlichen Anschreiben an den Sachverständigen vom 16.1.2001 heißt es u.a.:

„Ich bitte das Gericht zu informieren und seinen Bescheid abzuwarten, wenn für die Begutachtung Kosten von mehr als … DM zu erwarten sind.”

Ein Betrag war nicht eingesetzt.

Am 8.2.2001 teilte der Sachverständige dem Gericht mit, dass er am 8.3.2001 eine Objektbesichtigung vorhabe, möglicherweise noch Laboruntersuchungen erforderlich seien und er einen Stundensatz von 120 DM zzgl. Mehrwertsteuer beanspruche. Der Vorsitzende der Beschwerdekammer antwortete am 5.3.2001, dass die Staatskasse bei einem Stundensatz von 80 DM erfahrungsgemäß keine Einwendungen erhebe, i.Ü. keine Zusage insoweit gemacht werden könne.

Mit Schreiben vom 12.4.2001 übersandte der Sachverständige das Gutachten und eine Rechnung über 5.277,33 DM. Am 25.4.2001 wurde die Auszahlung dieses Betrages angeordnet. Da das Gericht am 1.6.2001 einen (dann mehrmals verlegten und letztlich nicht abgehaltenen) Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumte, zu dem auch der Sachverständige geladen wurde, reichte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin am 15.8.2001 einen Schriftsatz ein, in dem es u.a. heißt:

„In Anbetracht dessen, dass der Gutachter für eine Fahrt nach Schweinfurt zum Termin noch einmal ca. 2.000 DM kosten dürfte, und wohl auch schon jetzt ca. 4.000 bis 5.000 DM gekostet haben könnte, während die Parteien nur um 4.821,25 DM streiten, bittet Unterfertigter, solange auch Herr B.E. noch nicht in Urlaub ist, um einen gerichtlichen Hinweis bezüglich der Erfolgsaussichten des Verfahrens, da vermieden werden soll, dass unnötige Kosten produziert werden.”

Mit Schriftsatz vom 4.10.2001 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit, dass sich die Parteien bei Kostenaufhebung außergerichtlich verglichen hätten und er die sofortige Beschwerde zurücknehme. Mit Kostenrechnung vom 7.11.2001 wurde von der Antragsgegnerin die Zahlung von Gerichtskosten i.H.v. 25 DM sowie die Erstattung der an den Sachverständigen ausgezahlten Entschädigung eingefordert.

Mit Schriftsatz vom 17.11.2001 machte die Antragsgegnerin die Unverhältnismäßigkeit der Sachverständigenkosten geltend und beantragte deren Überprüfung und Kürzung.

Mit Schriftsatz vom 21.1.2002 legte sie gegen den Kostenansatz Erinnerung ein, die das LG am 26.3.2002 zurückgewiesen hat.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.

II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 14 Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 KostO) und zum Teil begründet.

1. Die Kosten durften angesetzt werden, obwohl eine Entscheidung des mit der Hauptsache befassten Gerichts über die Tragung der Gerichtskosten gem. § 47 WEG bisher nicht vorliegt. Die Staatskasse hat nämlich keine rechtliche Möglichkeit, eine solche Kostenentscheidung herbeizuführen (vgl. auch Korintenberg/Lappe, 15. Aufl., § 3 KostO Rz. 4). Sie muss deshalb bis zum Vorliegen einer Kostenentscheidung die Kosten von dem jedenfalls auch haftenden Antragsschuldner (§ 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 KostO; Rohs/Wedewer, 77. ErgLfg. zur 2., Aufl. § 3 KostO Rz. 4) erheben können. Ein solcher Kostenansatz steht jedoch unter dem Vorbehalt der endgültigen Kostenentscheidung nach § 47 WEG (vgl. BayObLG JurBüro 1989, 1581 [1582]; v. 21.6.1994 – 3Z BR 141/94, BayObLGZ 1994, 188 [191] = BayObLGReport 1994, 57).

2. Die erste Position des Kostenansatzes des LG vom 7.11.2001 besteht zu Recht. Die halbe Gebühr i.H.v. 25 DM nach Rücknahme des Rechtsmittels beruht auf § 48 Abs. 1 S. 3 und Abs. 4 WEG und der allgemeinen Gebührentabelle (§ 43 Abs. 1 WEG; §§ 1, 32 KostO a.F.). Gegen sie wurde auch nichts vorg...

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