Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter denen Auslagen für einen Sachverständigen im WEG-Verfahren wegen unrichtiger Sachbehandlung niederzuschlagen sind.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 12.07.2004; Aktenzeichen 1 T 15025/00)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 154/00)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I v. 12.7.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Auf dem ungefähr 1.800 m2 großen Grundstück stehen zwei Häuser; die Räume in dem Haus Nr. 1 sind Sondereigentum des Antragstellers und mit einem Miteigentumsanteil von 64/100 verbunden. Die Räume im Haus Nr. 2 sind Sondereigentum des Antragsgegners und mit einem Miteigentumsanteil von 36/100 verbunden. Seit März 2000 versucht der Antragsteller, eine Baumaßnahme im Dachgeschoss und dem darüber liegenden Spitzboden des Anwesens des Antragsgegners zu verhindern. Das AG erließ zunächst eine einstweilige Anordnung i.S.d. Antragstellers, wies aber am 3.8.2000 dessen Anträge, die mittlerweile auch auf Beseitigung der Einbauten gerichtet waren, zurück. Hiergegen erhob der Antragsteller sofortige Beschwerde, die seitdem bei dem LG anhängig ist.

Am 19.2.2001 ordnete das LG Beweiserhebung durch Erholung eines Sachverständigengutachtens an. Das Gutachten des Sachverständigen v. 25.6.2002 kam zu dem Ergebnis, dass die Einbauten hinsichtlich Wärmeschutz und Brandschutz unzureichend seien. Am 10.4.2003 ordnete das LG die Erholung eines weiteren Gutachtens zu Fragen des Brandschutzes an. Das Gutachten wurde vom Sachverständigen am 15.12.2003 erstellt. Das Sachverständige verlangte hierfür 2.182,31 Euro und für eine schriftliche Ergänzung 435,58 Euro, die ihm aus der Staatskasse gezahlt wurden. Den Gesamtbetrag von 2.617,89 Euro forderte diese mit Kostenansatz v. 28.4.2004 = Kostenrechnung v. 10.5.2004 vom Antragsteller ein. Dieser erhob dagegen Beschwerde, die das LG am 12.7.2004 als Erinnerung behandelt und zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

II. Die Beschwerde ist zulässig, § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, §§ 1, 14 Abs. 3 S. 1 KostO, aber unbegründet.

Die an den Sachverständigen nach §§ 3, 8 bis 11 ZSEG zu zahlenden Beträge können vom Antragsteller als Auslagen nach § 137 Nr. 6 KostO a.F. (§ 161 S. 1 KostO) durch Kostenansatz eingefordert werden, weil der Antragsteller als derjenige, der das gesamte Verfahren durch seinen Antrag eingeleitet hat, unbeschadet einer späteren anders lautenden Kostenentscheidung nach § 2 Nr. 1 KostO Kostenschuldner ist und die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs nicht den Abschluss des Beschwerdeverfahrens vor dem LG voraussetzt (§ 7 KostO).

1. Die Kosten durften angesetzt werden, obwohl eine Entscheidung des mit der Hauptsache befassten Gerichts über die Tragung der Gerichtskosten gem. § 47 WEG bisher nicht vorliegt. Die Staatskasse hat nämlich keine rechtliche Möglichkeit, eine solche Kostenentscheidung herbeizuführen (vgl. auch Korintenberg/Lappe, KostO, 15. Aufl., § 3 Rz. 4). Sie muss deshalb bis zum Vorliegen einer Kostenentscheidung die nach § 7 KostO fälligen Kosten von dem jedenfalls auch haftenden Antragsschuldner (§ 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 KostO; Rohs/Wedewer KostO 77. ErgLfg zur 2. Aufl., § 3 Rz. 4) erheben können. Ein solcher Kostenansatz steht jedoch unter dem Vorbehalt der endgültigen Kostenentscheidung nach § 47 WEG (vgl. BayObLG JurBüro 1989, 1581 [1582]; v. 21.6.1994 - 3Z BR 141/94, BayObLGZ 1994, 188 [191] = BayObLGReport 1994, 57; Bärmann/Pick, WEG, 15. Aufl., § 48 Rz. 1; Bub/Wenzel, WEG, § 48 Rz. 4).

2. Der Einwand des Antragstellers, die Einschaltung eines weiteren Sachverständigen sei nicht erforderlich gewesen, dringt nicht durch.

a) Nach § 12 FGG hat das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranlassen und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen. Die Vorschrift gilt auch im WEG-Verfahren. Dies hat zur Folge, dass auch dort die Beteiligten auf den Umfang der Beweisaufnahme keinen entscheidenden Einfluss haben. Insbesondere unterliegt eine gerichtliche Beweisanordnung nicht der Beschwerde (vgl. Keidel/Schmidt, FGG, 15. Aufl., § 15 Rz. 9). Im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens kann das Gericht entsprechend § 412 Abs. 1 ZPO nach Einholung eines Gutachtens eine neue Begutachtung durch denselben oder durch einen anderen Sachverständigen anordnen (Keidel/Schmidt, FGG, 15. Aufl., § 15 Rz. 46, m.w.N.). Das Gericht bewegt sich dabei in einem weiten Rahmen. Gleichwohl ist es denkbar, die Kosten für eine grob fehlerhafte, unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigende Beweiserhebung nach § 16 Abs. 1 S. 1 KostO niederzuschlagen. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne dieser Vorschrift liegt aber nur vor, wenn ein offen zutage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (vgl. Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 15. Aufl., § 16 Rz. 2, m.w.N.).

b) Vorliegend ist kein Ver...

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