Leitsatz (amtlich)
Wird das Kindeswohl allein dadurch gefährdet, daß die sorgeberechtigte Mutter das Kind aus der Pflegestelle herausnehmen will, genügt eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB.
Normenkette
BGB § 1632 Abs. 4, § 1666 Abs. 1, § 1684 Abs. 1; FGG § 50
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Gerichtsbescheid vom 10.05.1999; Aktenzeichen 42 T 102/98) |
AG Bad Neustadt a.d. Saale (Gerichtsbescheid vom 07.04.1998; Aktenzeichen VIII 2035) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 werden der Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 10. Mai 1999 und der Beschluß des Amtsgerichts Bad Neustadt a. d. Saale vom 7. April 1998 insoweit abgeändert, als der Beschluß des Amtsgerichts Bad Neustadt a. d. Saale Nr. 1 folgende Fassung erhält:
Die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder A und B gemäß Beschluß vom 25.6.1997 bleibt aufrechterhalten.
Die Entziehung des Aufenthaltbestimmungsrechts für das Kind … (= Beteiligter zu 1) gemäß Beschluß vom 25.6.1997 wird aufgehoben.
Es wird angeordnet, daß das Kind … (= Beteiligter zu 1) bei den Pflegeeltern … (= Beteiligte zu 3 und 4) verbleibt.
II. Im übrigen wird die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 1 ist der 1988 geborene Sohn der Beteiligten zu 2. Der mit der Beteiligten zu 2 nicht verheiratete Vater war Sergeant der US Armee. Der Beteiligte zu 1 wuchs zunächst bei seiner Mutter und deren Mutter auf. Am 6.10.1989 heiratete die Beteiligte zu 2 einen amerikanischen Staatsangehörigen, den Vater der 1990 geborenen A. Diese wurde mit eineinhalb Monaten in den Haushalt ihrer Großmutter mütterlicherseits aufgenommen. Der Beteiligte zu 1 kam mit dem Einverständnis der Beteiligten zu 2 am 10.11.1990 zu Pflegeeltern. Grund dafür waren persönliche und gesundheitliche Probleme der Beteiligten zu 2 sowie erzieherische Schwierigkeiten.
Die erklärte Absicht der Mutter, im Juni 1991 mit ihrem Mann in die USA zu ziehen und dabei die Tochter A und den Beteiligten zu 1 mitzunehmen, war Anlaß für eine vorläufige Anordnung des Vormundschaftsgerichts vom 15.5.1991, mit welcher der Beteiligten zu 2 und deren Ehemann das Aufenthaltsbestimmungsrecht über ihr Kind A und der Beteiligten zu 2 das Aufenthaltsbestimmungsrecht über den Beteiligten zu 1 auf Antrag des Jugendamts entzogen wurde. Nach Anhörung der Eltern, der Großmutter und der Pflegemutter des Beteiligten zu 1 wurden die Kinder auf Vorschlag des Vormundschaftsrichters ab Mitte Juni 1991 probeweise in die Familie der Mutter gegeben. Gemäß der Empfehlung eines in dieser Zeit erstellten psychologischen Gutachtens hob das Vormundschaftsgericht mit Beschluß vom 19.8.1991 die vorläufige Anordnung vom 15.5.1991 wieder auf und wies die Anträge des Jugendamts, den Eltern von A bzw. der Mutter des Beteiligten zu 1 das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen, zurück.
Im September 1991 reiste die Beteiligte zu 2 mit ihrem Ehemann, der gemeinsamen Tochter A und dem Beteiligten zu 1 in die USA. Am 7.2.1992 wurde ihr dort die von ihrem Ehemann erhobene Scheidungsklage zugestellt. Am 8.2.1992 kehrte sie mit den beiden Kindern nach Deutschland zu ihrer Mutter zurück. Die Ehe wurde mit Urteil des Bezirksgerichts für den 13. Gerichtsbezirk des Staates Florida vom 16.10.1992 geschieden; die geschiedenen Eitern erhielten nach diesem Urteil das gemeinsame Sorgerecht für A mit der Maßgabe, daß sich der erste Wohnsitz des Kindes bei der Mutter befindet. Die Anerkennung dieses Urteils in der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht beantragt.
Anfang August 1992 bezog die Beteiligte zu 2 eine eigene Wohnung; die Kinder blieben im Haushalt der Großmutter zurück.
Im Februar 1992 hatte die Beteiligte zu 2 beim Familiengericht den Antrag gestellt, ihr die elterliche Sorge für A zu übertragen. Die daraufhin eingegangenen Berichte des Staatlichen Gesundheitsamts führten dazu, daß das Familiengericht nach Rücknahme des Antrags von Amts wegen ein Verfahren wegen Regelung der elterlichen Sorge bei Getrenntleben der Eltern (F 122/93) einleitete. Davon machte es dem Vormundschaftsgericht Mitteilung, das parallel ein Verfahren wegen vormundschaftsgerichtlicher Maßnahmen betreffend den Beteiligten zu 1 führte (VIII 1219).
Während dieser Verfahren kamen der Beteiligte zu 1 und seine Halbschwester A 1.9.1993 mit Einverständnis der Beteiligten zu 2 zu den Beteiligten zu 3 und 4 in Familienpflege. Der Anstoß war von der Mutter der Beteiligten zu 2 ausgegangen, die sich mit der Erziehung der beiden Kinder überfordert fühlte.
Mit Beschluß des Vormundschaftsgerichts vom 15.10.1993 wurde für die Beteiligte zu 2 eine Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellt, weil sie zur Besorgung ihrer Vermögensangelegenheiten infolge einer geistig-seelischen Behinderung nicht selbst in der Lage sei. Das Betreuungsverfahren war von der Mutter der Beteiligten zu 2 angeregt worden, die angab, daß die Beteiligte zu 2 keinen Bezug zu Geld habe und die Sozialhilfe, von der sie und ihre Kinder leben müßten, für unnützes...