Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 19.10.1998; Aktenzeichen 4 T 714/96) |
AG Ansbach (Aktenzeichen X 31/95) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Ansbach vom 19. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat den Beteiligten zu 2 und 3 die ihnen im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.
IV. Dem Beteiligten zu 1 wird Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt R. beigeordnet.
Tatbestand
I.
Die jetzt 10-jährige M. verlor im Alter von 3 Monaten ihre Mutter. Ihr Vater war (und ist) berufstätig; er konnte daher M. und ihre drei Geschwister, die damals eineinhalb, drei und fast sechs Jahre alt waren, auch mit Hilfe seiner Schwiegermutter nicht selbst betreuen. Am 13.9.1989 kamen die vier Kinder daher in die Pflege der Beteiligten zu 2 und 3, M. in Vollzeitpflege, ihre Geschwister in Tages- bzw. in Wochenpflege.
Am 3.6.1994 hat der Beteiligte zu 1 wieder geheiratet. Schon nachdem er seine jetzige Ehefrau kennengelernt hatte, etwa im März/April 1994, teilte er dem Jugendamt und den Beteiligten zu 2 und 3 mit, daß er seine Kinder wieder zu sich nehmen wolle. Mit Hilfe des Jugendamts einigten sich die Beteiligten darauf, die Rückführung von M. mit regelmäßigen Besuchen im väterlichen Haushalt vorzubereiten, die im Mai/Juni 1994 begannen. Die drei Geschwister von M. kehrten am 21.5.1994 in den väterlichen Haushalt zurück.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 25.1.1995 beantragte der Beteiligte zu 1 beim Vormundschaftsgericht, die Beteiligten zu 2 und 3 zur Herausgabe von M. an ihn zu verpflichten. Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragten dagegen den Erlaß einer Verbleibensanordnung. Nach Anhörung der Beteiligten, des Kindes und des Jugendamts sowie nach Erholung eines psychologischen Gutachtens, zu dem der Gutachter auch mündlich gehört wurde, gab das Vormundschaftsgericht mit Beschluß vom 25.6.1996 dem Antrag des Beteiligten zu 1 statt, wies den Antrag der Beteiligten zu 2 und 3 zurück und traf eine Regelung für den Umgang der Beteiligten zu 2 und 3 mit dem Kind.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 hin holte das Landgericht ein weiteres Gutachten ein und hörte die Beteiligten, das Kind, das Jugendamt und den Sachverständigen erneut an. Mit Beschluß vom 10.4.1997 wies es den Herausgabeantrag zurück und ordnete an, daß M. vorerst bei den Beteiligten zu 2 und 3 verbleibe; ferner traf es eine Umgangsregelung für den Beteiligten zu 1.
Diesen Beschluß hob der Senat auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 hin mit seinem Beschluß vom 23.9.1997 auf und verwies die Sache an das Landgericht zu weiteren, für die Abwägung zwischen Kindeswohl und Elternrecht erforderlichen Ermittlungen zurück.
Das Landgericht erholte ein weiteres Ergänzungsgutachen des psychologischen Sachverständigen und wies nach erneuter Anhörung der Beteiligten, des Kindes und des Jugendamts durch Beschluß vom 19.10.1998 den Herausgabeantrag des Beteiligten zu 1 wiederum zurück, ordnete das Verbleiben des Kindes bei den Beteiligten zu 2 und 3 an und traf dieselbe Umgangsregelung wie in seinem früheren Beschluß.
Dagegen richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 27 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, § 20 Abs. 1 FGG), aber nicht begründet; die angefochtene Entscheidung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1, §§ 550, 561, 563 ZPO) stand.
1. Die Vorschriften des § 1632 BGB sind durch das Kindschaftsreformgesetz geändert worden; die Neufassung ist am 1.7.1998 in Kraft getreten. Für die Entscheidung über Streitigkeiten, die einen Herausgabeanspruch der Eltern oder eines Elternteils betreffen, ist nunmehr ebenso wie für eine Anordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB einheitlich das Familiengericht zuständig (vgl. § 621 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Für die Rechtsmittelzulässigkeit und -zuständigkeit im vorliegenden Fall gelten jedoch nach Art. 15 § 1 Abs. 2 Satz 1 KindRG die bis zum 1.7.1998 maßgeblichen Vorschriften, da die erstinstanzliche Entscheidung vor dem 1.7.1998 zugestellt wurde.
2. Das Landgericht ist zwar noch von der bis 1.7.1998 gültigen Fassung der Vorschrift des § 1632 Abs. 4 BGB ausgegangen, die auf die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. verwies. Es hat diese aber im Sinn der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 17.10.1984 (BVerfGE 68, 176 = FamRZ 1985, 39) und vom 14.4.1987 (BVerfGE 75, 201 = FamRZ 1987, 786) verstanden, nach denen es im Rahmen der gegen das Elternrecht abzuwägenden Interessen des Kindes nur auf den Grad der Gefährdung des Kindeswohls ankam, nicht auch auf die übrigen Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Neufassung wollte lediglich den Wortlaut der Vorschrift an diese Rechtsprechung anpassen (FamRefK/Rogner § 1632 BGB Rn. 2). Auch § 1632 Abs. 4 BGB...