Leitsatz (amtlich)

1. Der Betreute ist nicht mittellos, wenn ein von ihm bewohntes Hausgrundstück als verwertbares Vermögen anzusehen ist.

2. Für die Frage, ob ein Hausgrundstück zum verwertbaren Vermögen zu rechnen ist, kommt es auch darauf an, ob die Verwertung für den Betreuten und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine besondere Härte bedeutet.

3. Die Verwertung eines Hausgrundstücks eines Betreuten ohne unterhaltsberechtigte Angehörige, bedeutet für diesen dann keine besondere Härte, wenn sichergestellt werden kann, daß er weiterhin im Haus wohnen bleiben kann.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 2; BSHG § 88 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 31.01.1995; Aktenzeichen 13 T 4617/93)

AG München (Aktenzeichen 703 XVII 1293/92)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 31. Januar 1995 wird zurückgewiesen.

II. Die Betroffene hat dem Beteiligten die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Für die Betroffene wurde mit Beschluß des Amtsgerichts vom 27.1.1988 Pflegschaft mit den Wirkungskreisen Aufenthaltsbestimmung und Zuführung zur ärztlichen Behandlung angeordnet. Am 28.1.1988 wurde der Beteiligte, Rechtsanwalt G., zum Pfleger bestellt. Mit Beschluß des Amtsgerichts vom 23.3.1989 wurde der Wirkungskreis des Pflegers auf Vermögensverwaltung erweitert; auch für den erweiterten Wirkungskreis wurde Rechtsanwalt G. bestellt.

Das Amtsgericht bewilligte ihm für die Zeit vom 28.1.1988 bis 31.12.1989 mit Beschluß vom 2.8.1990 eine Vergütung von 15 960 DM, für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.1990 mit Beschluß vom 14.6.1991 eine Vergütung von 14 820 DM und mit Beschluß vom 7.4.1992 für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.12.1991 eine Vergütung von 18 240 DM, jeweils einschließlich Mehrwertsteuer.

Mit Beschluß vom 22.1.1993 bestellte das Amtsgericht den jetzigen Betreuer als Vereinsbetreuer; gleichzeitig entließ es Rechtsanwalt G. als Betreuer. Der neue Betreuer legte gegen die Vergütungsbeschlüsse des Amtsgerichts vom 2.8.1990, 14.6.1991 und 7.4.1992 Erinnerungen ein, welchen Rechtspfleger und Richter nicht abhalfen. Das Landgericht wies mit Beschluß vom 25.11.1993 die Rechtsmittel als unbegründet zurück.

Auf die weitere Beschwerde des Betreuers hob der Senat diesen Beschluß auf und verwies die Sache zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Landgericht zurück. Die Annahme des Landgerichts, die Betroffene besitze Vermögen von über 1,3 Millionen DM, sie könne daher nicht als mittellos angesehen werden, werde durch die bisher getroffenen Feststellungen nicht getragen; das Landgericht habe nicht ausreichend festgestellt, ob das Anwesen der Betroffenen von der Regelung des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG erfaßt werde. Durch Beschluß vom 31.1.1995 wies das Landgericht erneut die Beschwerden des jetzigen Betreuers gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 2.8.1990, 14.6.1991 und 7.4.1992 zurück. Hiergegen wendet sich die weitere Beschwerde des Betreuers, mit der er geltend macht, für die Frage der Vergütung hätten alle Änderungen nach Beendigung der Tätigkeit des Betreuers unbeachtet zu bleiben, die Betroffene sei mittellos, die vom Amtsgericht bewilligten Vergütungen seien sittenwidrig.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, der Betreuer konnte sie gemäß § 69g Abs. 2 FGG für die Betreute einlegen, da er auch für den Aufgabenkreis Vermögensverwaltung bestellt ist.

Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, auch unter Beachtung der Darlegungen des Senats und unter Berücksichtigung des neuerlichen Sachvortrags sei nicht von einer Mittellosigkeit der Betroffenen auszugehen. Das Beschwerdegericht entscheide nach Maßgabe des Sachverhalts, wie er sich zur Zeit seiner Entscheidung darstelle; über die Vergütungsanträge des früheren Betreuers sei deshalb aufgrund der jetzigen Vermögensverhältnisse der Betroffenen zu entscheiden. Neben einem Rentenanspruch in Höhe von voraussichtlich 1 924,81 DM komme als einziges Vermögen der Betroffenen deren Grundstück im Werte von rund 1,3 Millionen DM in Betracht. Dessen Verwertbarkeit werde nicht nach § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG ausgeschlossen.

Es sei bereits fraglich, ob noch von einem Bewohnen ihres Anwesens durch die Betroffene ausgegangen werden könne; diese sei auch nach dem Tod ihres Ehemannes im August 1994 im Pflegeheim geblieben und seither nicht in ihr Haus zurückgekehrt; nach Angaben des Betreuers könne sich die Betroffene noch nicht entscheiden, ob sie endgültig in ein Pflegeheim gehen wolle.

Die Verwertung des Anwesens sei aber auch nicht ausgeschlossen, wenn unterstellt werde, die Betroffene bewohne es nur vorübergehend nicht. Es handle sich nicht um ein angemessenes Hausgrundstück, weil das Anwesen der Betroffenen ein Zweifamilienhaus auf einem Grundstück mit der Fläche von 1 006 qm sei; dies ergebe sich aus dem Einheitswertbescheid zum 1.1.1994 und der Tatsache, daß die Räume im ersten Stock (Wohnraum, Küche, Kammer, Bad und WC), die getrennt...

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