Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Jahrelange Jahresabrechnung im Widerspruch zu Gesetz oder Gemeinschaftsordnung als Vereinbarung

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 16.07.1988; Aktenzeichen 1 T 5245/88)

AG München (Entscheidung vom 19.02.1988; Aktenzeichen UR II 1178/87)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 16. Juli 1988 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens im vollen Umfang die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu tragen haben und der Geschäftswert auf 5 000 DM festgesetzt wird.

II. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegner als Gesamtschuldner.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragstellerin beanstandet die Jahresabrechnung 1986.

Sie hat beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 19.3.1987 über die Jahresabrechnung 1986 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat am 19.2.1988 dem Antrag stattgegeben, die Gerichtskosten den Antragsgegnern auferlegt und davon abgesehen, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen; den Geschäftswert hat es auf 5 000 DM festgesetzt. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 16.7.1988 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner und die Anschlußbeschwerde der Antragstellerin, mit der diese die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten erstrebte, zurückgewiesen; von den Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat es 1/10 der Antragstellerin auferlegt und den Rest den Antragsgegnern; die Erstattung außergerichtlicher Kosten hat es nicht angeordnet; den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren hat es auf 5 600 DM festgesetzt. Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Das Rechtsmittel ist in der Hauptsache unbegründet. Es führt jedoch zu einer Änderung der Kostenentscheidung und der Geschäftswertfestsetzung durch das Landgericht.

1. Das Landgericht hat – teilweise durch Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts – ausgeführt:

Aus der Jahresabrechnung sei zwar ersichtlich, welcher Kostenanteil auf die Antragstellerin entfalle. Nicht ersichtlich sei aber, welche Zahlungen sie geleistet habe. Damit sei nicht erkennbar, ob sie eine Nachzahlung zu leisten oder eine Rückzahlung zu bekommen habe. Die Ermittlung der von den einzelnen Wohnungseigentümern geleisteten Vorauszahlungen sei Sache der Jahresabrechnung. Dies gelte besonders im vorliegenden Fall, weil über die Heizkosten und die übrigen Bewirtschaftungskosten getrennt abgerechnet werde. Auch wenn beschlossen worden sei, nicht verbrauchte Wohngelder nicht zurückzuzahlen, sondern im Folgejahr gutzuschreiben, entbinde dies nicht von der Verpflichtung, die Höhe der maßgebenden Beträge in die Jahresabrechnung aufzunehmen.

Die Jahresabrechnung sei auch deshalb nicht ordnungsgemäß, weil sie die wichtigste Einnahmequelle, nämlich die Wohngeldzahlungen, nicht ausweise. Es sei nicht ausreichend, beim Wohngeld Soll-Angaben zu machen und offene Posten als Verbindlichkeiten oder Forderungen auszuweisen. Die Jahresabrechnung müsse das Ergebnis betragsmäßig darstellen.

Die Antragsgegner könnten sich nicht darauf berufen, daß die Abrechnung jahrelang so gehandhabt worden sei. Umstände, die dafür sprechen könnten, daß damit stillschweigend eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden sei, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil habe die Antragstellerin ausweislich der Niederschrift über die Versammlung vom 19.3.1987 stetig Vorwürfe gegen den Verwalter erhoben.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Jahresabrechnung muß eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben in dem betreffenden Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) geben (BayObLGZ 1987, 86/89; KG NJW-RR 1987, 1160/1161). Sie muß für einen Wohnungseigentümer auch ohne Zuziehung eines Buchprüfers oder sonstigen Sachverständigen verständlich sein (BayObLGZ 1975, 369/373; BayObLG WEM 1979, 38). Sie ist keine Gewinn- und Verlustrechnung und keine Bilanz, sondern eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung, die die tatsächlichen Beträge einander gegenüberzustellen hat (BayObLGZ 1987, 86/93; BayObLG NJW-RR 1987, 595/596; OLG Frankfurt OLGZ 1984, 333/334; Weitnauer WEG 6. Aufl. § 28 Rn. 11, 12). Zu einer ordnungsmäßigen Jahresabrechnung gehören auch die Einzelabrechnungen, in denen die Ausgaben unter Mitteilung des jeweils angewendeten Verteilungsschlüssels auf die einzelnen Wohnungseigentümer aufgeteilt werden (BayObLGZ 1987, 86/89 und 96; OLG Frankfurt OLGZ 1984, 333/334; KG NJW-RR 1987, 1160/1161).

b) Diesen Grundsätzen trägt die Jahresabrechnung 1986 nicht Rechnung. Der Eigentümerbeschluß über sie wurde daher zu Recht für ungültig erklärt.

(1) Die Jahresabrechnung als solche enthält im vorliegenden Fall keine...

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