Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung
Leitsatz (amtlich)
Erweisen sich die in einem Wohnraummietvertrag vereinbarten monatlichen Vorauszahlungen für Heizungs- und Warmwasserkosten erst im späteren Verlauf des Mietverhältnisses als unangemessen hoch, so kann der Mieter vom Vermieter die Herabsetzung der Vorauszahlungen verlangen, auch wenn der Mietvertrag keine entsprechende Regelung enthält. Zur einseitigen Herabsetzung der vereinbarten monatlichen Vorauszahlungen ist der Mieter jedoch nicht berechtigt. Zur Durchsetzung des Herabsetzungsanspruchs kann ein Zurückbehaltungsrechts des Mieters in Betracht kommen.
Normenkette
MHG § 4 Abs. 1, § 10 Abs. 1; BGB § 273
Verfahrensgang
Tatbestand
I.
Der Beklagte ist aufgrund Mietvertrags vom 22.3.1982 Mieter einer Wohnung des Klägers, die aus einem Zimmer mit Kochnische und Bad besteht. Das Mietverhältnis begann am 16.3.1982. Der monatliche Mietzins betrug 510 DM. Gemäß § 4 Abs. 2 des Mietvertrags waren darin die Betriebskosten für Sammelheizung und Warmwasserversorgung (für deren Art und Umfang die Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der 2. Berechnungsverordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung maßgebend sein sollte) nicht inbegriffen. Hierfür sollte der Mieter zusammen mit dem Mietzins je Monat 70 DM als Abschlagszahlung entrichten. Die monatlichen Abschlagszahlungen sollten am Ende des jährlichen Abrechnungszeitraums entsprechend dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet und ausgeglichen werden. Der Mieter verpflichtete sich, einer Erhöhung der monatlichen Abschlagszahlungen für Sammelheizung und Warmwasserversorgung im Rahmen des § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe vom 18.12.1974 zuzustimmen. Die “Bruttomiete” war mit monatlich 580 DM angegeben.
In einem Mieterhöhungsrechtsstreit wurde der Beklagte am 21.12.1992 vom Amtsgericht verurteilt, ab 1.12.1991 einer Mieterhöhung von 510 DM auf 579,97 DM zuzustimmen. Zusammen mit der Heizungs- und Warmwasserkostenvorauszahlung von – wie bisher – 70 DM ergab sich damit eine Bruttomiete von 649,97 DM. Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 28.1.1993 auf, den aus seiner Verurteilung herrührenden Mietzinsrückstand in Höhe von 979,58 DM zu zahlen. Zugleich verwahrte er sich gegen die angekündigte Kürzung der “Heizkostenpauschale”. Der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten erklärte mit Schreiben vom 1.2.1993, sein Mandant werde gegen das Urteil des Amtsgerichts keine Berufung einlegen. Zugleich erklärte er, die derzeitige Heizkostenvorauszahlung von 70 DM dürfte erheblich zu hoch sein, daher werde sie der Beklagte ab 1.2.1993 auf monatlich 40 DM herabsetzen. Dementsprechend zahlte der Beklagte ab Februar 1993 monatlich insgesamt 620 DM an Mietzins und Heizkostenvorauszahlung. Den aus dem Mieterhöhungsurteil herrührenden Rückstand bezahlte er nicht. Der Kläger rechnete die Heizungs- und Warmwasserkosten für 1991/1992 am 15.11.1993 ab. Es ergab sich ein Guthaben des Beklagten, das ihm ausgezahlt wurde.
Mit Schreiben vom 15.12.1993 kündigte der Kläger das Mietverhältnis fristlos wegen eines Mietzinsrückstands von mehr als zwei Monatsmieten, den er aus der nicht geleisteten Mietzinsnachzahlung von 979,58 DM sowie den gekürzten Heizungs- und Warmwasserkostenvorauszahlungen errechnete. Der Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Zahlung der vorgenannten Mietzinsrückstände gab das Amtsgericht statt. Der Beklagte legte Berufung ein. Das Landgericht beschloß am 7.12.1994, einen Rechtsentscheid zu folgender Frage einzuholen:
Ist der Mieter zur einseitigen Herabsetzung der Heizkostenvorauszahlung berechtigt oder hat er insoweit ein Zurückbehaltungsrecht, wenn die im Mietvertrag vereinbarte monatliche Heizkostenvorauszahlung sich in den vergangenen Heizperioden (hier: drei Heizperioden) als zu hoch erwiesen hat und zu Rückforderungsansprüchen des Mieters in Höhe von jeweils mehrfachen Monatsvorauszahlungsbeträgen geführt hat, wobei im Mietvertrag nur die Erhöhung der Vorauszahlungen geregelt ist?
Das Landgericht führt aus, die Rechtsfrage sei entscheidungserheblich. Der Beklagte habe in drei Abrechnungsperioden jeweils zuviel bezahlten Heizkostenvorschuß zurückerhalten, nämlich für 1990 485,83 DM, für 1991 305,35 DM und für 1992 485,07 DM. Das amtsgerichtliche Urteil sei zu bestätigen, wenn die einseitige Herabsetzung der Heizkostenvorauszahlung oder die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts unberechtigt sei. Eine möglicherweise unrichtige Rechtsberatung müsse sich der Beklagte wie eigenes Verschulden anrechnen lassen. Sei der Beklagte hingegen berechtigt gewesen, die Heizkostenvorauszahlungen einseitig herabzusetzen oder insoweit ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen, so sei ein zur fristlosen Kündigung berechtigender Mietzinsrückstand nicht erreicht. In diesem Fall sei die Räumungsklage abzuweisen und die Zahlungsklage teilweise unbegründet.
Entscheidungsgründe
II.