Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostensache betreffend eine Eintragung im Grundbuch
Leitsatz (amtlich)
Die Erhebung der auf den Grundstückswert bezogenen Grundbuchgebühren, die bei der Einbringung eines Grundstücks als Einlage in eine Gesellschaft im Sinne von Art. 3 der Gesellschaftssteuerrichtlinie anfallen, verstößt weder gegen die Gesellschaftssteuerrichtlinie noch gegen deutsches Verfassungsrecht.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EG-Gesellschaftssteuerrichtlinie vom 17.7.1969 (69/335/EWG) Art. 10; EG-Gesellschaftssteuerrichtlinie vom 17.7.1969 (69/335/EWG) Art. 12; KostO §§ 60, 18 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Augsburg (Aktenzeichen 4 T 4333/99) |
AG Augsburg |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 4. August 2000 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 8.9.1998 wurde die Beteiligte, eine GmbH & Co. KG, gegründet und die Einbringung bebauter Grundstücke, die bis dahin im Eigentum einer aus den Kommanditisten der Beteiligten bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts standen, in die neue Gesellschaft als Sacheinlage vereinbart. Für die Eintragung als neuer Eigentümerin stellte das Grundbuchamt der Beteiligten auf der Grundlage eines Grundstückswertes von 6.682.946 DM Gebühren in Höhe von 13.208 DM in Rechnung. Die von der Beteiligten erhobene Erinnerung hiergegen wies das Amtsgericht am 18.5.1999 zurück.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten ist gemäß Beschluß des Landgerichts vom 4.8.2000 ohne Erfolg geblieben.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer weiteren Beschwerde vom 26.7.2001. Sie meint, die Erhebung einer am Grundstückswert orientierten Grundbuchgebühr verstoße sowohl gegen die EG-Gesellschaftssteuerrichtlinie vom 17.7.1969 (69/335/EWG) als auch gegen deutsches Verfassungsrecht. Zulässig sei lediglich eine am Aufwand des Grundbuchamtes orientierte, erheblich niedrigere Gebühr.
II.
Die weitere Beschwerde wurde vom Landgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen (§ 14 Abs. 3 Satz 2 KostO). Sie ist auch im übrigen zulässig. Da ihre Einlegung keiner Frist unterliegt, ist es nicht zu beanstanden, daß sie erst fast ein Jahr nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung erhoben wurde. Das Beschwerderecht ist nicht verwirkt (vgl. BayObLGZ 1992, 171/172 f.).
Das Rechtsmittel der Beteiligten ist jedoch in der Sache nicht begründet. Der durch das Landgericht bestätigte Kostenansatz des Amtsgerichts ist aus Rechtsgründen (§ 14 Abs. 3 Satz 3 KostO, § 550 ZPO) nicht zu beanstanden.
1. Das Amtsgericht hat für die Eintragung der Beteiligten als Eigentümerin in das Grundbuch eine volle Gebühr (§ 60 Abs. 1 Satz 1 KostO) und für die Übernahme dieser Veränderung in das Liegenschaftskataster 30 % aus dieser Gebühr (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Art. 3 des Gesetzes über Gebühren für die Fortführung des Liegenschaftskatasters, BayRS 2013-1-19-F) angesetzt und die Gebühren gemäß § 32 KostO nach dem Wert der bebauten Grundstücke als Geschäftswert berechnet (§ 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KostO; vgl. BayObLGZ 1972, 297/300 ff.). Dies entspricht den einschlägigen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften. Auch die Beteiligte stellt dies nicht in Frage. Ihrer Argumentation, die genannten Wertvorschriften seien vorliegend wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nicht verbindlich, kann der Senat nicht folgen.
a) Die Berechnung der genannten Gebühren nach dem Wert des bebauten Grundstücks als Geschäftswert verstößt nicht gegen Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere nicht gegen die Gesellschaftssteuerrichtlinie.
aa) Die Gesellschaftssteuerrichtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 17.7.1969 (69/335/EWG) i.d.F. der Richtlinie vom 10.6.1985 (85/303/EWG; im folgenden „RL”) soll die indirekten Steuern auf Ansammlung von Kapital harmonisieren. Sie ist nur auf Kapitalgesellschaften und vergleichbare Personenvereinigungen anzuwenden (Art. 3). Sie enthält Angaben zu den Vorgängen, die der Gesellschaftssteuer unterliegen (Art. 4) und zur Erhebung der Steuer (Art. 5 bis 9). Schließlich bestimmt Art. 10, daß neben der Gesellschaftssteuer grundsätzlich keine weiteren Steuern oder Abgaben aufgrund des steuerbaren Sachverhalts (Buchst. a), der Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen dieses Sachverhalts (Buchst. b) oder der der Ausübung einer Tätigkeit vorangehenden Eintragung oder sonstigen Formalität, der die Gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann (Buchst. c), erhoben werden dürfen, es sei denn, es liegt eine der in Art. 12 genannten Ausnahmen vor.
Das Verbot des Art. 10 RL ist hinreichend genau und unbedingt abgefaßt. Es begründet daher für die Beteiligte Rechte, auf die sie sich auch vor den deutschen Gerichten berufen kann. Sie kann insbesondere geltend machen, daß die Richtlinie insoweit nicht oder unrichtig in deutsches Recht umgesetzt worden sei, und daß die deutschen Gesetze (hier: die Bestimmungen der Kostenordnung) g...