Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostensache betreffend Eintragungen im Grundbuch
Leitsatz (amtlich)
1. Die Wertgebühren für Eintragungen im Grundbuch sind mit der Verfassung vereinbar.
2. Die Einschränkungen, die sich aus dem Europarecht bei Handelsregistergebühren ergeben, sind auf sie nicht anzuwenden.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; KostO § 18 Abs. 1; EG-Gesellschaftssteuerrichtlinie vom 17.7.1969 (69/335/EWG)
Verfahrensgang
LG Augsburg (Aktenzeichen 4 T 3489/99) |
AG Landsberg a. Lech (Aktenzeichen 4 T 3489/99) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 7. August 2000 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligte erwarb im Dezember 1998 mehrere Grundstücke. Für die Eintragung der Auflassung im Grundbuch stellte ihr der Kostenbeamte, ausgehend von dem Kaufpreis für die Grundstücke (2.549.602 DM), mit Kostenansatz vom 28.5.1999 eine volle Gebühr in Höhe von 3.950 DM in Rechnung, ferner hieraus 30 % für die Fortführung des Liegenschaftskatasters. Daneben setzte er, wiederum ausgehend vom Kaufpreis, ein Viertel der vollen Gebühr, also 987,50 DM, für die Löschung der Auflassungsvormerkung an.
Hiergegen legte die Beteiligte Erinnerung ein. Die Gebührenhöhe stehe in keinem Verhältnis zum Arbeitsaufwand des Grundbuchamtes in ihrer Sache. Dies widerspreche dem für Gebühren allgemein geltenden Äquivalenzprinzip. Für Kapitalgesellschaften betreffende Eintragungen in das Handelsregister sei auf Grund europarechtlicher Vorgaben entschieden worden, daß die Wertgebühren durch die tatsächlich anfallenden Kosten begrenzt seien. Dies müsse auch für Grundbuchgebühren gelten, da andernfalls der Gleichheitssatz verletzt sei. Das Amtsgericht wies die Erinnerung mit Beschluß vom 26.7.1999 als unbegründet zurück.
Die Beschwerde der Beteiligten gegen diese Entscheidung hat das Landgericht mit Beschluß vom 7.8.2000 zurückgewiesen. Die Vorschriften der Kostenordnung, die dem angefochtenen Kostenansatz zugrunde liegen, verstießen weder gegen europäisches Gemeinschaftsrecht noch gegen das Grundgesetz. Die Gesellschaftssteuerrichtlinie 69/335/EWG sei weder unmittelbar noch entsprechend auf das Recht der Grundbuchgebühren anwendbar. Die Wertgebühren der Kostenordnung genügten den verfassungsrechtlichen Anforderungen sowohl unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz der staatlichen Leistung wie auch dem der Gleichbehandlung von Registergebühren.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte mit der vom Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der sie ihr Anliegen weiterverfolgt.
II.
Das zulässige Rechtsmittel der Beteiligten (§ 14 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 KostO) ist sachlich nicht begründet. Der durch das Landgericht bestätigte Kostenansatz des Amtsgerichts ist aus Rechtsgründen (§ 14 Abs. 3 Satz 3 KostO, § 550 ZPO) nicht zu beanstanden.
1. Das Amtsgericht hat für die Eintragung der Beteiligten als Eigentümerin in das Grundbuch eine volle Gebühr (§ 60 Abs. 1 Satz 1 KostO), für die Übernahme dieser Veränderung in das Liegenschaftskataster 30 % aus dieser Gebühr (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Art. 3 des Gesetzes über Gebühren für die Fortführung des Liegenschaftskatasters, BayRS 2013-1-19-F) und für die Löschung der Auflassungsvormerkung ein Viertel der vollen Gebühr (§ 68 i.V.m. § 66 Satz 1, § 60 Abs. 1 Satz 1 KostO) angesetzt und die Gebühren gemäß § 32 KostO nach dem Kaufpreis als Geschäftswert berechnet (§ 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO; vgl. BayObLGZ 1974, 422/424). Dies entspricht den einschlägigen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften. Auch die Beteiligte bestreitet dies nicht. Sie meint jedoch, die genannten Wertvorschriften seien nicht verbindlich, da die Ermittlung der Gebühren ausschließlich nach einem am Wert des betroffenen Grundstücks orientierten Geschäftswert gegen höherrangiges Recht verstoße. Stattdessen müßten die durch die Eintragung im Grundbuch tatsächlich entstandenen Kosten angesetzt werden oder zumindest eine Begrenzung der Wertgebühren bilden. Dem kann der Senat nicht folgen.
a) Die Berechnung der genannten Gebühren nach dem Kaufpreis des Grundstücks als Geschäftswert verstößt nicht gegen Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere nicht gegen die Gesellschaftssteuerrichtlinie.
aa) Die Gesellschaftssteuerrichtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 17.7.1969 (69/335/EWG i.d.F. der Richtlinie vom 10.6.1985, 85/303/EWG, abgedruckt bei Lutter Europäisches Unternehmens recht 4. Aufl. S. 791) sollte die indirekten Steuern auf Ansammlung von Kapital harmonisieren. Sie ist nur auf Kapitalgesellschaften und vergleichbare Personenvereinigungen anzuwenden (Art. 3). Sie enthält Angaben zu den Vorgängen, die der Gesellschaftssteuer unterliegen, sowie zur Berechnung der Steuer. Schließlich bestimmt Art. 10 Buchst. c, daß, abgesehen von der Gesellschaftssteuer und den Abgaben mit Gebührencharakter für Eintragungen (Art. 12 Abs. 1 Buchst. e), die Mitgliedsstaaten von Kapitalgesellschaften keine anderen Steue...