Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wohnungseigentümer, der wegen Versagung der Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums gegen die übrigen Wohnungseigentümer Schadensersatzansprüche geltend machen will, hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses über die Versagung der Zustimmung.
2. Ein Beschluss, durch den die Wohnungseigentümer die Zustimmung zur Teilung eines Wohnungseigentums versagen, ist wegen fehlender Beschlusskompetenz unwirksam. Der betroffene Wohnungseigentümer hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit.
Normenkette
WEG §§ 4, 12, 25; ZPO § 256
Verfahrensgang
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 1483/01) |
AG Lindau (Bodensee) (Aktenzeichen UR II 0029/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 30.7.2002 abgeändert.
II. Es wird festgestellt, dass die in der Eigentümerversammlung vom 30.9.2000 zu TOP 5 gefassten Beschlüsse nichtig sind.
III. Die Antragsgegner tragen samtverbindlich die Gerichtskosten aller Rechtszüge. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 40.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Nach § 7 Nr. 1 der Teilungserklärung ist zur Veräußerung eines Wohnungs- und Teileigentums, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, die Zustimmung des Verwalters erforderlich, die nur aus wichtigem Grund versagt werden kann. Die Zustimmung des Verwalters kann durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer ersetzt werden.
Auf dem Grundstück der Wohnungseigentümer befindet sich ein kleines Nebengebäude. Das Wohnungseigentum der Antragstellerin war im Grundbuch als „Sondereigentum an Wohnung und Badehaus” bezeichnet. In der ursprünglichen Teilungserklärung vom 25.8.1988 ist im Zusammenhang mit der Einräumung von Sondernutzungsrechten bei der Bezeichnung des Wohnungseigentums der Antragstellerin das Nebengebäude als „Sommerhaus” bezeichnet.
Das Badehaus gehörte nach der ursprünglichen Teilungserklärung zu der mit Nr. 11 bezeichneten Eigentumswohnung. Die Antragstellerin teilte mit Urkunde vom 20.8.2000 das ihr gehörige Wohnungseigentum Nr. 11 auf in die weiter bestehend bleibende Einheit Nr. 11 und eine neu gebildete Einheit Nr. 18, dessen Sondereigentum das Badehaus bildet.
Mit Kaufvertrag vom 20.8.2000 verkaufte die Antragstellerin die neu gebildete Wohnungseinheit Nr. 18. Der damalige Verwalter wurde aufgefordert, die Zustimmung zur Veräußerung zu erteilen. Er berief daraufhin eine Eigentümerversammlung ein. Im Einladungsschreiben waren als Tagesordnungspunkte (TOP) unter anderen angegeben:
4. Erörterung des Nachtrags zur Teilungserklärung vom 20.8.2000
5. Beschluss über Zustimmung/Verweigerung zum Kaufvertrag über das Badehaus
Unter TOP 5 fassten die Wohnungseigentümer zunächst folgenden Beschluss:
Sämtliche anwesenden Eigentümer und 5 durch entsprechende Vollmachten vertretenen Eigentümer – also 13 Eigentümer – verweigern die Zustimmung des Verwalters zum Kaufvertrag. 3 Gegenstimmen.
Daran anschließend wurde folgender Antrag gestellt:
Es wird beantragt, den Nachtrag zur Teilungserklärung vom 20.8.2000 ebenfalls nicht zu genehmigen und beim Grundbuchamt zu beantragen, auch diesen Antrag zurückzuweisen.
Dieser Antrag wurde angenommen.
Die Antragstellerin hat beim AG folgende Anträge gestellt:
I. Es wird festgestellt, dass die Beschlüsse zu TOP 5
– auf Verweigerung der Verwalterzustimmung zum Kaufvertrag der Antragstellerin vom 20.8.2000,
– auf Nichtgenehmigung des Nachtrages zur Teilungserklärung vom 20.8.2000,
nichtig sind.
Hilfsweise wird beantragt, die beiden Beschlüsse für ungültig zu erklären.
II. Die Antragsgegner werden verurteilt, dem notariellen Kaufvertrag vom 20.8.2000 zuzustimmen, hilfsweise dem Verwalter die Anweisung zu erteilen, zuzustimmen.
Das AG hat die Anträge mit Beschluss vom 30.5.2001 als unbegründet abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Die Käufer haben der Antragstellerin mit Schreiben vom 29.5.2001 eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung zur Herbeiführung der Verwalterzustimmung zum 8.6.2001 gesetzt. Nach Fristablauf haben sie Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass der Erfüllungsanspruch der Beklagten aus dem Kaufvertrag erloschen ist, und haben Schadensersatz geltend gemacht.
Die Antragstellerin hat daraufhin vor dem LG wegen der verlangten Zustimmung zum Kaufvertrag vom 20.8.2000 die Hauptsache für erledigt erklärt und i.Ü. folgende Anträge gestellt:
Es wird festgestellt, dass die Beschlüsse zu TOP 5
– auf Verweigerung der Verwalterzustimmung zum notariellen Kaufvertrag vom 20.8.2000, und
– auf Nichtgenehmigung des Nachtrags zur Teilungserklärung vom 20.8.2000,
nichtig sind, hilfsweise, die Beschlüsse für ungültig zu erklären.
Die Antragsgegner haben der Erledigung der Hauptsache nicht zugestimmt.
Das LG hat mit Beschluss...